Kanzlerin Angela Merkel und die polnische Premieministerin Beata Szydlo eröffnen die Messe. Foto: AFP

Industrie 4.0, Elektromobilität und Energieeffizienz sind Themen auf der Industriemesse. Und es sind Entwicklungen, die die deutsche Industrie mitprägen wollen. Kanzlerin Angela Merkel betont die Bedeutung des Freihandels bei der Eröffnung.

Hannover - Dass mehr für Forschung und Entwicklung in Deutschland getan werden muss, darüber waren sich die Diskutanten des BDI-Wirtschaftsforums in Hannover einig. Traditionell wird das Forum unmittelbar vor Eröffnung der Hannovermesse veranstaltet. Auch die zu treffenden Maßnahmen zur Forschungsförderung waren weitgehend unstrittig: Für zehn Prozent der gesamten Personalaufwendungen, die in Forschung und Entwicklung fließen, sollte es eine Steuergutschrift geben. Nur Bundeskanzlerin Angela Merkel ging beider Eröffnung der Messe nicht auf das Thema ein.

Doch Stephan Weil, der niedersächsische Ministerpräsident, ist dafür. Dieter Kempf, Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI), und Michael Ziesemer, Präsident des Zentralverbands Elektrotechnik- und Elektronikindustrie sind dafür. Schön daran sei auch, dass die Steuergutschrift auch mit EU-Recht vereinbar sei, fügte Kempf hinzu. Carl Martin Welcker, der oberste deutsche Maschinenbauer, würde befürworten, wenn nicht nur die Personalaufwendungen, sondern alle Forschungsaufwendungen in der genannten Größenordnung steuerlich berücksichtigt würden. Und auch Matthias Machning, Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium spricht sich für eine steuerliche Förderung aus, um den Anteil der Forschungsausgaben am Bruttoinlandsprodukt zu erhöhen. Spätestens 2025 sollen 3,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) in die Forschung fließen. Alle sind also dafür, nur geschehen ist bisher nichts. „Wir haben kein Erkenntnis- sondern ein Handlungsproblem“, analysiert Machnig sicherlich zutreffend. Er weiß auch, wem er den schwarzen Peter zuschieben kann: der Finanzminister stemme sich gegen entsprechende Lösungen, weil er Mitnahmeeffekte befürchte, sagt er. In der Industrie glaubt auch nicht mehr daran, dass vor der Bundestagswahl im September noch Entscheidungen in Sachen Forschungsförderung fallen werden. Machning macht Mut: „Mal schauen, ob wir das vor der Bundestagswahl hingekommen“, ruft Machnig den Unternehmern und Verbandsvertretern des BDI-Forums entgegen. „Etwas vernünftiges Tun, überzeugt die Wähler“, fügt er hinzu.

Merkel für Freihandel

Deutschland steht derzeit wirtschaftlich gut da, Zweifel daran gab es in dieser Diskussionsrunde eigentlich nicht. Dies sei nicht zuletzt der Industrie zu verdanken. Rund 30 Prozent des BIP entfallen auf Industriegüter, in den USA liegt dieser Anteil nur bei zehn Prozent. Der Handelsbilanzüberschuss, der von IWF-Chefin Lagarde und US-Präsident Donald Trump kritisiert wird, liege auch daran, so Machnig. Merkel verwies darauf, dass in vielen deutschen Exportprodukten Vorleistungen aus anderen Ländern steckten. Thema auf der Messe war auch der Freihandel. Merkel betonte die Bedeutung der Abkommen. Ihr Besuch in den USA habe sie ermutigt, das Thema wieder ins Auge zu fassen.

In Hannover geht es aber vor allem um die technologische Zukunft. Zwei grundlegende Veränderungen treiben den niedersächsischen Ministerpräsidenten um – die Digitalisierung und die Demografie. Mit der Forschungsförderung, die es in fast allen EU-Ländern bereits gibt, sollen vor allem kleinen und mittleren Unternehmen, die zuletzt in ihrer Investitionstätigkeit nachgelassen haben, einen Schub bekommen. Bei Themen wie Industrie 4.0 oder Elektromobilität wollen sich die deutschen Unternehmen in Position bringen. Die Chancen scheinen nicht schlecht. Die Amerikaner hätten zwar Erfahrung mit dem Internet, die Deutschen seien dagegen bei den Dingen vorne, nicht zuletzt bei den Maschinen und Anlagen. Kempf: „IT steckt auch in einer CNC-Maschine“. Mindestens so herausfordernd sei die Konkurrenz der Chinesen in der Elektromobilität. „China könnte uns überholen ohne einzuholen“, meinte einer süffisant. Er verwies dabei auf die Verbrennungsmotoren, wo Deutschland weit führend ist. Aber auch die Bildung und Qualifizierung treibt die Industrie um. Wirtschaftsvertretern fordern eine Perspektivänderung: dass man sich weniger um ältere Mitarbeiter sorgt, sondern vielmehr den Jüngeren zuwenden sollte – nicht zuletzt die ohne Schulausbildung.