Screenshot aus dem Youtube-Video Foto: Screenshot

SLK-Video vor Markteinführung zu sehen - Experte schließt gezieltes Marketing nicht aus.

Stuttgart - Es ist Nacht, Vollmond. Der Wind fährt durch die Bäume. Aus dem Off haucht eine Frauenstimme auf Französisch: "Komm! Komm näher!" Ein Beau mit Dreitagebart steigt in einen Wagen und braust durch Wald und Wüste. Er findet immer mehr Gefallen an Klappdach, Tempo und die das Sonnenlicht reflektierenden Ledersitze. "Der neue SLK - Ihre engste Beziehung zur Straße", heißt es kurz vor Schluss des Zehn-Minüters, der unter anderem auf der Internet-Plattform You Tube zu finden ist. Das Problem: Der Film, eine Art Roadmovie mit dem Sound eines französischen Soft-Pornos, sollte dort eigentlich nicht zu finden sein. Denn die Markteinführung für den neuen Mercedes SLK Roadster ist für das erste Quartal 2011 geplant.

Bis gestern Abend wurde das Video auf You Tube fast 100.000-mal angeklickt - doch wer hat es eingestellt? Und wer steckt hinter dem Mini-Wikileaks?

Daimler: Werkschutz ermittelt

Das wisse man nicht, heißt es bei Mercedes. Man ermittle zurzeit intern nach dem Leck, der Werkschutz sei eingeschaltet. Dass es sich um eine verdeckte Marketing-Aktion handeln könnte, um das Interesse für den neuen Wagen zu befördern, weist das Unternehmen entschieden zurück. "Das ist eine Panne. Wir ärgern uns sehr", sagt Pressesprecher Michael Allner. Zum Glück seien Pannen dieser Größenordnung selten. Zum Auto selbst will er nichts sagen, die Markteinführung stehe schließlich erst bevor.

Doch an der Version von Mercedes gibt es auch Zweifel. Immer öfter nutzen Unternehmen das Internet als Marketing-Maschine, indem sie vermeintlich Geheimes preisgeben oder selbst initiieren. Im Idealfall verbreiten sich die inszenierten Neuigkeiten blitzschnell als Mundpropaganda - auch virales Marketing genannt. "Derzeit experimentiert Daimler viel mit dem Internet. Ich halte es nicht für abwegig, dass es ein absichtliches Leck ist", sagt Christoph Bornschein, Geschäftsführer von Torben, Lucie und die gelbe Gefahr - einer Agentur, die sich auf Werbung im Internet spezialisiert. Dass das Video für die auf Bildschnipsel getrimmten Netznutzer ungewöhnlich lang sei und viele Produktinfos biete, spricht für Bornschein nicht gegen diese Version. "So wirkt es auf jeden Fall authentisch. Deshalb bin ich mir ja auch nicht sicher, ob es gezielt platziert wurde. Aber das macht gutes virales Marketing ja aus."

Panne oder virales Marketing?

Was heißt: Selbst wenn das Video Teil einer Werbeaktion sein sollte, würde man nichts davon erfahren. Weshalb auch die Werbeagentur Jung von Matt, die durch ihre Kampagnen das Image von Mercedes-Benz mit prägt, keine Auskunft geben möchte. Jung von Matt hat auch bei der Internet-Seite Tramp-a-benz.com die Hände im Spiel. Dort schildert ein Mann, der sich als Straßenfotograf beschreibt, wie er per Anhalter in den Süden fährt - und sich dabei nur von Mercedes-Fahrern mitnehmen lässt. Wie das Marketing-Portal Horizont.net berichtet, waren Werbeagentur und Marketing hinter der Aktion aber nicht ersichtlich - dies habe erst die Überprüfung der Internet-Domain gezeigt. Bei Mercedes heißt es, die Aktion sei von dem Fotografen ausgegangen. Man habe nichts dafür bezahlt.

Wer auch immer das Kundenvideo mit dem neuen SLK ins Netz gestellt hat - zumindest die Botschaft für den Fahrer am Ende des Films ist klar: "Komm bald zurück", haucht die Frauenstimme.