Italiens neue Premierministerin Giorgia Meloni macht ihren Antrittsbesuch in Brüssel. Dabei wird vor allem über Geld geredet. Foto: AFP/FILIPPO MONTEFORTE

Die erste Auslandsreise führt die neue Premierministerin Giorgia Meloni nach Brüssel. Dort geht es vor allem ums Geld.

Giorgia Meloni will ein Zeichen setzen. Die erste offizielle Auslandsreise führte die neue italienische Regierungschefin am Donnerstag nach Brüssel. Einen warmherzigen Empfang konnte die Frau, die im Wahlkampf immer wieder auf die „europäischen Bürokraten“ spottete, allerdings kaum erwarten. Mehr Sorge als diese verbalen Ausfälle bereitet in der EU allerdings, dass sich Rom unter der Führung der Parteichefin der ultrarechten Fratelli d’Italia in den kommenden Jahren von den Werten der Union entfernen könnte.

Italien ist finanziell von Brüssel abhängig

Der Antrittsbesuch aufseiten Giorgia Melonis war aber weniger von Sympathie getrieben, sondern von der Einsicht, dass Italien von Brüssel im Moment abhängig ist. Die drittgrößte Volkswirtschaft der EU braucht zum Beispiel dringend die Milliarden aus dem Corona-Fonds. Für Italien ist aus dem EU-Topf für den Wiederaufbau nach der Pandemie der größte Betrag vorgesehen.

Wohl aus diesem Grund versuchte die neue Premierministerin schon im Vorfeld die Brüsseler Bedenken zu zerstreuen und erklärte jüngst in einer Rede im italienischen Parlament: „Italien ist voll und ganz Teil des Westens, seines Bündnissystems, Gründungsstaat der Europäischen Union, der Eurozone und der Atlantischen Allianz.“

Meloni will die Spielräume ausloten

Das Timing des Besuches bei der EU erklärt sich auch damit, dass die neue Regierung in den nächsten Wochen den Haushalt für das Jahr 2023 im Parlament einbringen muss. Darin sind nicht nur die Milliarden aus Brüssel wahrscheinlich schon fest eingeplant. Ziel der Reise nach Brüssel war wohl auch, die finanzpolitischen Spielräume auszuloten. Um die gestiegenen Energiepreise für die Bevölkerung abzufedern muss das hoch verschuldete Italien neue Schulden aufnehmen, was angesichts der EU-Stabilitätskriterien allerdings ein Problem werden könnte.

Giorgia Meloni konnte mit ihrer ersten Charmeoffensive die großen Zweifel in Brüssel allerdings nicht ausräumen. „Wer europäische Solidarität in ökonomischen Fragen erwartet, kann bei Rechtsstaatlichkeit, einer gemeinsamen Migrationspolitik und Minderheitenrechte nicht auf der Bremse stehen“, erklärte Rasmus Andresen, Sprecher der deutschen Grünen im Europäischen Parlament.

Hetze in Italien gegen Migranten

Der Abgeordnete erinnert damit daran, dass Italiens Regierung sich seit Tagen weigert, gerettete Bootsmigranten von drei zivilen Seenotretter-Schiffen aufzunehmen. „Wir können uns nicht der Migranten annehmen, die auf dem Meer von ausländischen Schiffen aufgenommen werden, die systematisch ohne jegliche geplante Koordinierung von den Behörden operieren“, sagte Innenminister Matteo Piantedosi. Er fordert, dass sich andere Länder bereit erklären, die Menschen bei sich unterzubringen. Derzeit warten fast 1000 gerettete Bootsmigranten auf verschiedenen Schiffen vor der Küste Italiens auf einen sicheren Hafen, wo sie an Land gehen können.

Für Unruhe sorgte zuletzt auch, dass mehrere neue Staatssekretäre der italienischen Regierung noch vor der Vereidigung von ihrer politischen Vergangenheit eingeholt wurden. Italienische Medien veröffentlichten frühere Fotos und Aussagen einiger der Politiker, die auf eine Nähe zum Faschismus hindeuten. Zu ihnen zählt die neue Staatssekretärin im Forschungsministerium, Augusta Montaruli. Sie geriet wegen eines Fotos unter Druck, das zeigt, wie sie während einer Pilgerfahrt in Mussolinis Geburtsstadt Predappio den Arm zum „römischen Gruß“, einer bei Faschisten üblichen Geste, ausstreckt.

Den Arm zum „römischen Gruß“ erhoben

Italienische Medien berichteten außerdem über einen Facebook-Kommentar des neuen Staatssekretärs im Justizministerium, Andrea Delmastro Delle Vedove, in dem er 2010 den belgischen Nazi-Kollaborateur und SS-Offizier Léon Degrelle zitierte. Giorgia Meloni selbst hatte sich in ihrer ersten Rede als Ministerpräsidentin vor einigen Tagen vom Faschismus distanziert.

Die Politikerin hat auf die von vielen geäußerten Bedenken in der EU reagiert und auch einen Mann ins Rennen geschickt, der als erklärter Pro-Europäer gilt. Neuer Außenminister ist Antonio Tajani, ehemaliger Präsident des Europaparlaments. Er soll das zweifelnde Brüssel offensichtlich von der Treue Italiens zu Europa überzeugen.