Melody Gardot Foto: Promo

Die US-Sängerin Melody Gardot singt am 7. Juli beim Festival Jazz Open auf dem Schlossplatz.

Mit 19 wurde Melody Gardot von einem achtlosen Autofahrer überrollt, doch sie kämpfte sich zurück ins Leben und auf die Bühne – und zählt heute zu den ausdrucksstärksten Jazz-Sängerinnen.

 

Miss Gardot, Ihre Eltern haben Ihnen schöne Vornamen gegeben . . .
Als meine Mutter schwanger war, habe ich in ihrem Bauch wohl spürbar auf Musik reagiert, deshalb gab sie mir den Namen Melody. Mein zweiter Vorname Joy – Freude – ist wie ein Lebensmotto.

Aber Musik reflektiert nicht bloß Momente der Freude.
Ja, in der Musik kann Trauer und Schmerz sein, Schönheit und Kraft. Musik kann alles verändern. Sie ist der Soundtrack unseres Lebens. Ein Fest für Seele und Körper.

Wie reagieren Sie auf die ständigen Fragen nach Ihrem schrecklichen Unfall vor acht Jahren, der Sie so lange ans Bett gefesselt hat?
Ich antworte, dass durch den Unfall mein Gedächtnis gelitten hat, so dass mir diese Fragerei gar nichts ausmacht. (Lacht)

Sie sind an einem Programm für Musiktherapie und Schmerzmanagement beteiligt.
Was ich erfahren durfte, sollen andere Menschen in solch schwerer Lage auch bekommen: Musik als Therapie für das Gehirn, den Körper und die Seele. Klinisch regt Musik nachweislich Gehirnfunktionen an, physikalisch werden Muskeln gestärkt, und spirituell ist sie gut für die Seele, Musik kann heilen. Ich unterstütze ein Forschungsprojekt, das Chateaux Gardot Music Therapy Program. Es wird einmal hoffentlich Patienten auf der ganzen Welt helfen; die traditionelle Medizin muss sich nur noch weiter öffnen.

Was bedeutet Ihnen Deutschland?
In erster Linie gute Freunde. Mich faszinieren vor allem die Kreativität von Künstlern in Berlin und die Dynamik der Stadt. Es gibt so schöne deutsche Orte, in denen sich das Grün der Natur und ein alter Stadtkern begegnen. Ich habe mich in Hamburg verliebt, und ich komme gern nach Stuttgart mit seinen schönen alten Parkanlagen. In den USA gibt es Großstädte und Landschaften, aber nicht so dicht beieinander wie hier.

Erinnern Sie sich an Ihren Auftritt im Bix vor drei Jahren?
Ja, klar! Roy Hargrove kam nach seinem Jazz-Open-Konzert noch zu uns auf die Bühne. Das hat richtig Spaß gemacht!

Am 7. Juli treten Sie nun nicht vor 250, sondern vor 5000 Menschen auf. Wie fühlt es sich an, ein Star zu sein?
Wow! Hoffentlich funktionieren auf dem Schlossplatz die Mikrofone! (Lacht)

Ihr neues Album heißt „The Absence“ – die Abwesenheit. Warum?
Abwesenheit und Gegenwart sind zwei Seiten einer Medaille. Wie Dunkelheit und Licht. Ich war mehr als ein Jahr auf Reisen und habe überall die tiefe Verbundenheit der Menschen durch Musik erfahren. Ganz unabhängig von der Sprache. Mein Deutsch reicht aus, um durchzukommen, aber mit Musik können wir unsere Seelen sprechen lassen. Ich fühle mich wie eine musikalische Weltbürgerin.

Was bedeutet Ihnen das Reisen?
Das Vergnügen und die Verantwortung, ein Gast zu sein, der seine Kultur mitbringt und eine andere entdeckt. Da eröffnen sich Möglichkeiten, Vorurteile abzubauen.

Sie waren auch in Portugal und haben die Melancholie von Fado und Saudade kennengelernt.
Ja, in Portugal habe ich ein tieferes Verständnis von mir selbst und von der Musik bekommen. Seit langem trage ich auch brasilianische Klänge in mir, die ich einmal durch Stan Getz entdeckt habe, aber erst durch meine Reise nach Brasilien war ich bereit, selbst brasilianische Musik zu machen.

Ihr Auftritt im Bix war ziemlich sexy. Verführen Sie gern?
Ich bin ein sinnlicher Mensch, das ist ganz natürlich. Wie Liebe zu machen und dabei zu atmen.

Sie sind Buddhistin, essen makrobiotisch.
Ja. Aber das ist nicht der einzige Weg zu Wahrheit und Glück. Ich habe gelernt: Wenn man anderen dient, dient man sich selbst. Ich denke, in einer materialistisch orientierten Gesellschaft ist das wichtig.