Die Spitze des Storchenturms hat neuerdings wieder Bewohner. Foto: Schabel

Mit der Android-App "Animal Tracker" kann man die Flugroute von besenderten Störchen live mitverfolgen. Wie beispielsweise der Storch "Angela", der von Gibraltar bis Riegel am Kaiserstuhl unterwegs ist.

Lahr - Am Storchenturm ist seit Neuestem ein munteres Geklapper zu hören. Seit vergangenen Samstag ist das Nest dort wieder belegt. Wolfgang Hoffmann, Storchenbetreuer vom BUND-Ortsverband Ettenheim und Umland, ist den Bewohnern auf der Spur.

Herr Hoffmann, haben Sie das neue Storchenpaar schon gesehen?

Am Sonntag hatte ich mich aufgemacht, die Störche am Storchenturm zu identifizieren, aber das Nest war gerade nicht besetzt. Oft sind sie morgens nur bis zehn Uhr da. Um diese Zeit erwische ich sie am ehesten, aber ich war wohl zu spät dran. Gerne mache ich Fahrradtouren zu den einzelnen Storchengemeinden, um die Ringe der Störche mit dem Spektiv oder Teleobjektiv abzulesen. Meine Strecke führte mich letzten Sonntag von Ettenheim nach Lahr, Nonnenweier, Wittenweier, Kappel-Grafenhausen und Orschweier.

Glauben Sie, dass es sich in Lahr um dasselbe Storchenpaar wie im vergangenen Jahr handelt?

Das kann gut möglich sein. Ich kann es aber erst mit Gewissheit sagen, wenn ich die Ringe ablesen kann. Störche sind eher an das Nest gebunden als an den Partner. So finden auch die Paare am Nest wieder zusammen. Wenn ein Partner ausbleibt, muss ein neuer Partner her, denn die Fortpflanzung ist am wichtigsten. Ich habe ein Handyfoto von dem Lahrer Storchenpaar zugeschickt bekommen. Es sieht so aus, als ob mindestens einer der beiden einen schwarzen Kunststoffring trägt. Bei dem Paar im letzten Jahr hatten beide schwarze Kunststoffringe. Das Verhalten der Tiere ist ähnlich. Letztes Jahr hatte das Männchen lange mit dem Nestbau gewartet. Erst als das Weibchen da war, hat er mit dem Nestbau begonnen. In Ettenheim dagegen hatte das Männchen sofort gebaut und seinem Weibchen das fast fertige Nest präsentiert.

Können die Störche nicht ihr altes Nest benutzen?

Doch, das tun sie, aber sie bauen immer wieder eines oben drauf. Auch fast alle anderen Vögel bauen neu und wenn sich darunter eines befindet, kommt ein neues obendrauf. Hin und wieder müssen alte Storchennester entlastet oder sogar entfernt werden. Das Nest könnte herunterfallen und Schaden anrichten. Auf einem Kamin in Herbolzheim kam vor vielen Jahren einmal fast eine Tonne Storchennest zusammen. Aus diesem Grund sollten die Storchennester möglichst jährlich überprüft und gesäubert werden.

Dürfen Storchennester entfernt werden?

Die Niststätten von Vögeln, besonders von Vögeln mit besonderem staatlichen Schutz, wie den Störchen, dürfen nicht beschädigt oder entfernt werden. Ein Mast mit einem Storchennest darf nicht ohne Genehmigung der Naturschutzbehörde entfernt werden. Das Reisignest innerhalb der Unterkonstruktion darf außerhalb der Brutsaison, also wenn die Störche ausgeflogen sind, gereinigt werden. Das kompostierte Material aus verrotteten Ästen und der Einstreu, die von den Störchen zur Polsterung eingetragen wurde, ist verdichtet und lässt Regen nicht mehr abfließen. Dieses Material sollte entfernt werden, um zu verhindern, dass Regenabläufe verstopfen. Wenn das Wasser in der Brutsaison bei Starkregen abfließen kann, ist aber auch die Chance größer, dass die kleinen Jungstörche nicht im Nest ertrinken oder an Nässe und Kälte eingehen. Dies ist so auch am Storchenturm der Fall. Wenn Störche auf einer Kirche gebaut haben, beispielsweise auf einem Sockel, bin ich der Meinung, dass man solch ein Nest außerhalb der Saison entfernen darf, denn die Unterlage bleibt erhalten. Darüber gehen die Meinungen zur Gesetzesauslegung auch bei Fachleuten auseinander.

Warum musste das Männchen auf das Weibchen warten? Fliegen diese nicht zusammen in das Winterquartier?

Sie fliegen nicht als Paar. Meistens sind auch die Männchen vor den Weibchen wieder am alten Nest. Die meisten Störche sind Zugstörche, das heißt, sie fliegen nach der Brutsaison Richtung Afrika. Immer mehr Störche bleiben über Winter auch da. Ein Paar kann aus einem Winterstorch und einem Zugstorch bestehen. Die Zugstörche haben zwei unterschiedliche Flugrouten. Einige nehmen die östliche Flugroute, das heißt, sie überqueren die Meeresenge über den Bosporus. Die anderen bevorzugen die westliche Flugroute über Gibraltar. Da Störche Thermiksegler sind, können sie keine großen Strecken über das offene Meer fliegen. Die Altvögel und die Jungen bleiben nicht im Familienverbund, sondern schließen sich Richtung Süden in immer größere Gruppen zusammen, die dann vor den Meerengen in riesigen Schwärmen zusammenkommen und bei geeignetem Wetter das Wasser in Richtung Afrika überfliegen.

Seit wann ist das Storchenpaar da?

Sie sind nach Auskunft eines Anrufers seit dem 12. Februar hier. An diesem Tag sind viele Störche aus dem Süden gekommen. Ich stelle fest, dass sie jedes Jahr um ein bis zwei Tage früher kommen. Der Klimawandel könnte die Ursache sein. 

Das Gespräch führte Alessandra Hamsch