Schatten auf einem Streifenwagen der Polizei Baden-Württembergs: Ihr Inspekteur soll eine Hauptkommissarin sexuell belästigt haben Foto: dpa/Franziska Kraufmann

Eine Polizistin wirft dem Inspekteur der Polizei Baden-Württembergs vor, er habe sie sexuell belästigt. Der Fall wird auf der obersten Führungsebene zu einer Nagelprobe für die Fehlerkultur in der Polizei, kommentiert Franz Feyder.

Stuttgart - Das Wichtigste zuerst: Die Frau, die den Mut aufbrachte, die sexuelle Belästigung durch den Inspekteur der Polizei öffentlich zu machen und anzuzeigen, verdient höchsten Respekt, Applaus und Verneigung. Gerade in einer hierarchischen Organisation wie der Polizei geht sie damit das hohe Risiko ein, statt jetzt vom gehobenen in den höheren Dienst zu wechseln das Ende ihrer Karriere erreicht zu haben.

Und dann: Kaum jemand ist von dem Vorwurf überrascht, eigentlich nur vom Zeitpunkt, an dem er an die Öffentlichkeit kommt. Lange schon wabert mal konkreter, mal abstrakter das Gerücht durch die Polizei, der Inspekteur respektiere das Nein einer Frau nicht. Landespolizeipräsidentin Stefanie Hinz selbst teilte den Polizeichefs mit, es bestehe der Verdacht, weitere Frauen könnten sexuelle Übergriffe des obersten Polizisten melden.

Der Fall erinnert an den Hollywoodproduzenten Harvey Weinstein: Frauen bekamen dann Filmrollen, wenn sie mit dem Filmmogul Sex hatten; in Baden-Württembergs Polizei scheint es so, als wäre ihnen dafür Karriere versprochen worden. Das der Staatsanwaltschaft Stuttgart übergebene Material belastet stark. Deshalb hört die Aufklärung nicht beim Beschuldigten und Fall auf. Es ist die Frage zu klären: Wer wusste und ahnte wann was? Wer schaute weg? Das gehört fundamental zu dem, was Hinz und Inspekteur Renner seit Jahresfrist von den Polizisten des Landes fordern: Fehlerkultur!