Die vielen Teilnehmer diskutierten eifrig auch beim Abschlussworkshop in Oberreichenbach.  Foto: Buck

Als eine von sechs Pilotkommunen in Baden-Württemberg nahm Oberreichenbach am Projekt "Mein ländlicher Raum für Zukunft" teil. Jetzt ist der Prozess beendet – ein neuer mit vielen Ideen fängt jetzt erst an.

Oberreichenbach - "Es hat sich gelohnt", zog Oberreichenbachs Bürgermeister Karlheinz Kistner ein positives Fazit. Man sei "Weltspitze", so der Rathauschef – gemeint war dabei der ländliche Raum in Deutschland allgemein, der im Vergleich zum Rest der Welt top aufgestellt sei, meinte Kistner.

Vier Workshops und eine Auftaktveranstaltung waren für den ganzen Prozess vorgesehen. Und bei allen waren die Oberreichenbacher in großer Zahl digital dabei. Viele Ideen und Gedanken wurden ausgetauscht. Folgende Themenblöcke kristallisierten sich jetzt bei der Abschlussveranstaltung heraus: Erlebnispfad für Kinder, Wanderwege vernetzen und ausbauen, Erlebnis-Kleeblattpfad, Begegnungsort mit Werkstattcharakter/Repaircafé, Tourismus-Hostel, Dorfplatz am Würzbach, Gemeinsame Plattform zur Zusammenarbeit, Leben und Wohnen für Jedermann noch attraktiver gestalten, Teens in der Gemeinde Oberreichenbach sowie die JIW-Jugendinitiative Würzbach.

Und zu allen Punkten hattten die fleißigen Bürger viele Details ausgearbeitet. Auf einer 28-seitigen Präsentation hatte Sandra Holzherr vom Bündnis Ländlicher Raum, die Ergebnisse des Projekts "Mein ländlicher Raum für Zukunft", zusammengefasst.

Doch eines war stets festzustellen: Das alte Rathaus im Ortsteil Würzbach kam immer wieder vor. Egal ob als mögliches Hostel, als Repaircafé oder auch als Wohnraum. Dieses Thema wird man in Zukunft noch weiter verfolgen, möglicherweise nicht nur im Gemeinderat sondern auch in weiteren Gesprächsrunden mit den Bürgern, um alle möglichen Neunutzungen oder Szenarien auf Machbarkeit abzuklopfen.

Denn, das sei ja die Stärke eines solchen Formats, "2900 Oberreichenbacher wissen mehr als ein Kistner", erklärte der Bürgermeister. Und es sei ja völlig normal, dass in solch einem Kreativprozess auch einmal "Hirngespinste" herauskämen, dann aber wieder "super Sachen".

Wanderwege im Fokus

Eine solche Sache war beispielsweise die Idee der Wanderwegvernetzung, bei der auch das Neuanlegen eines Lehrpfades für Kinder diskutiert wurde. "Erlebnis-Kleeblattpfad" lautet hier der Arbeitstitel. Und gearbeitet wird schon ganz konkret, denn Jürgen Rust vom Schwarzwaldverein hatte die Arbeitsgruppe ins Boot geholt. Das Ziel: Im Frühjahr soll eine kleine Wandertour mit Rust und den Initiatoren stattfinden, um mögliche neue Routen in den Oberreichenbacher Wäldern ausfindig zu machen.

Ein weiterer breit debattierter Punkt war der Dorfplatz am Würzbach. Auch hier geht es zunächst um die Grundsatzfrage, ob das alte Rathaus denn abgerissen werden soll oder nicht. Denn der bei Abriss frei werdende Raum könnte eben für einen neuen Dorfmittelpunkt genutzt werden.

Ein Ziel wäre es, dort einen Treffpunkt für Jung und Alt zu errichten. Auch hier steht und fällt vieles mit der noch ungewissen Zukunft des alten Rathauses.

Von alt zu jung: Auch die Jugend war beim Abschlussworkshop dabei, hatte das Thema "Teens in der Gemeinde" mitgebracht. Man sucht nach einem neuen Standort für die Jugendinitiative Würzbach (JIW). Die 40-jährige Tradition dürfe nicht verloren gehen, warnten die jungen Oberreichenbacher und hatten sich auch schon diverse neue Standorte angeschaut. Ein Standort im Kindergartengebäude, nicht dem Holzneubau wohlgemerkt, sei ungut, da dort Schimmel laure. Zudem sei das mitten im Wohngebiet und könnte bei Lärm zu Scherereien mit Anwohnern führen.

Kläranlage zu weit weg

Die Kläranlage sei zwar weit ab vom Schuss, was gut sei für die Lärmthematik, allerdings wieder ungut, falls Jugendliche alleine nach Hause laufen müssten. Ein Standort beim Sportplatz wäre besser – zumal dort unlängst ohnehin das Gebäude an das Abwassernetz angeschlossen wurde. Darüber hinaus tüftelt man derzeit an einer Befragung der Jugendlichen per App oder QR-Code – jedenfalls strebt man eine digitale Lösung an.

Auch Wohnraum werde dringend gebraucht für die jungen Erwachsenen. Hier sprach sich die Gruppe rund um die Wohnthemen dafür aus, bei künftigen Baugebietserschließungen auch vermehrt auf den Wohnungsbau zu achten, damit jungen Menschen "in der Gemeinde bleiben können".

Zunächst könnte man dafür ja Bestandsobjekte nutzen, so die Idee der Arbeitsgruppe. Oder auch Anreize für Häuslebauer schaffen, damit die vermehrt Einliegerwohnungen in ihren Bauten zur Verfügung stellen. Nur eine von vielen Ideen und Anregungen an diesem Abend.

Die ganzen Ideen wurden schlussendlich allesamt zusammengetragen und auf der Homepage der Gemeinde veröffentlicht, um noch mehr Transparenz zu schaffen – und natürlich die Beteiligungsbereitschaft weiter zu steigern. Doch jetzt, so formulierte es Kabarettistin Dietlinde Elsässer, die zugeschaltet war, müsse man alles Gehörte zunächst "im Köpfle verschaffa". Und die Komikerin hatte noch einen Ratschlag im Gepäck mit Blick auf die jetzt anstehende Umsetzung der Ideen: "Das Gras wächst nicht schneller, wenn man dran zieht." Geduld ist jetzt also gefragt in Oberreichenbach – die Grundlagen für gute Projekte wurden ja jetzt von vielen engagierten Bürgern schon gelegt. "Das Wir ist die Stärke in Oberreichenbach", hatte Kistner ein positives Fazit als Schlusssatz dabei.