In einigen Einrichtungen soll das Spielen mit der Erzieherin – wie hier in der Tageseinrichtung für Kinder in Stuttgart-Weilimdorf – künftig länger als bisher möglich sein. Foto: dpa

Den Ausbau der Kinderbetreuung lässt sich die Stadt in den kommenden zwei Jahren mehr als 130 Millionen Euro kosten. Damit die nötigen zusätzlichen Erzieherinnenstellen besetzt werden können, wollen Finanz- und Verwaltungsreferat mit einer 100-Euro-Zulage Personal in die Stadt locken.

Stuttgart - Um eine Großstadtzulage wird schon lange erbittert gestritten, weil Erzieherinnen von ihrem Monatsgehalt kaum die hohen Lebenshaltungskosten in der Landeshauptstadt bestreiten können. Einen ersten Schritt machte die Stadt im September 2012: Seitdem erhalten Springerinnen zwischen 64 und 275 Euro pro Monat mehr. Jetzt sollen auch Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen der Tarifgruppen S 3 bis S 8 eine Zulage bekommen, wenn sie zum 1. Januar 2014 in einem Arbeitsverhältnis mit der Stadt stehen oder bis zum 31.12.2016 in ein Arbeitsverhältnis eintreten. „Wir schlagen eine tarifkonforme Erhöhung der Monatsgehälter um 100 Euro vor“, sagt Finanzbürgermeister Michael Föll.

Eine Höhergruppierung aller städtischen Erzieherinnen (1109 Stellen) nach S 8 würde rund 4,1 Millionen Euro kosten. Da die Stadt die Personalkosten der freien Träger mit 90 Prozent bezuschusst, wären insgesamt fast acht Millionen Euro mehr zu zahlen. Der jetzige Vorschlag kostet jährlich 2,8 Millionen Euro für die städtischen Erzieherinnen, nahezu das Doppelte, wenn auch die Erzieherinnen der freien Träger die Zulage finanziert bekämen. Die Zulage soll drei Jahre lang in voller Höhe bestehen, danach jährlich um 25 Euro abgeschmolzen werden.

Die Stadt hat gute Gründe, bei der Personalgewinnung alle Joker zu ziehen. Im Jugendhilfeausschuss hatte Sozialbürgermeisterin Isabel Fezer am Montagnachmittag ihre Ausbaupläne für die städtischen Kitas und die Anträge auf Ausbau der freien Träger vorgelegt. Darunter sind etliche Neubauten und Ausbauten, für die in den nächsten zwei Jahren rund 87 Millionen Euro bereitgestellt werden müssen. Außerdem zieht der Platzausbau laut Fezer zusätzlich 40 Millionen Euro Betriebskosten nach sich.

Auch Ganztagsangebot soll verbessert werden

„Wenn wir alle beschlossenen Maßnahmen und die jetzt vorgeschlagenen (1200 Plätze) umsetzen, schaffen wir es, rund 62 Prozent der Kleinkinder mit einem Platz zu versorgen“, sagte die Sozialbürgermeisterin. In diesem Herbst soll dieser Versorgungsgrad bei etwa 40 Prozent liegen. Zurzeit stehen 3921 Kleinkinder auf den Wartelisten; 2987 davon sind zwischen einem und drei Jahre alt und haben somit einen Rechtsanspruch auf einen Kita-Platz. Das Sozialreferat will nun die Zustimmung des Gemeinderats für die Personalmaßnahmen. Bei den Drei- bis Sechsjährigen kommen in der Regel alle Kinder unter, allerdings gibt es nur für die Hälfte ein Ganztagsangebot. Auch dieses soll verbessert werden, so dass 68,6 Prozent der Kinder ganztags betreut werden können.

Zusätzlichen Spielraum könnte der Stadt auch ein weiterer Vorschlag der Verwaltung verschaffen: das sogenannte Platzsharing, bei dem sich Eltern tageweise einen Platz in der Kita teilen. Die freien Träger sollen dafür pro zusätzlich betreutem Kind mit einem Zuschuss in Höhe von 2500 Euro unterstützt werden. Das Angebot soll zunächst für 100 Plätze in der Stadt gelten.

Auch bei den Öffnungszeiten will die Stadt den Eltern entgegenkommen. Gemeinsam mit den freien Trägern sollen Bedingungen entwickelt werden für flexiblere Öffnungszeiten. In einem ersten Schritt sollen zehn Kitas zumindest in einer Gruppe statt bisher acht künftig zehn Stunden Betreuung anbieten. Weitere zehn Kitas sollen eine Samstagsbetreuung anbieten. „Da wir nur wenig Bedarfszahlen für das Platzsharing und die längeren Öffnungszeiten haben, schlagen wir zunächst ein Budget vor und sehen später, wie viel davon gebraucht wird und was darüber hinausgeht“, sagte Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle in der Sitzung am Montag. Für die Samstagsbetreuung und die längeren Öffnungszeiten sind bisher rund 700 000 Euro, für die geteilten Plätze 250 000 Euro vorgesehen. Isabel Fezer stellte jedoch klar: „Ich setze in erster Linie auf den qualitätsvollen Ausbau der Kernangebote, ich möchte keine Personalausdünnung, nur um längere Öffnungszeiten zu ermöglichen, und ein Kind, das sich einen Platz teilt, muss genauso gut betreut sein wie jedes andere.“

Die personellen Weichen hat der Verwaltungsausschuss bereits gestellt. „Wir haben noch vor der Sommerpause 70 Stellen geschaffen, die wir zur Hälfte mit zusätzlichem Personal oder mit Erzieherinnen besetzen können, die ihre Stelle aufstocken wollen, die andere Hälfte sollen Erzieherinnen übernehmen, die freiwillig Überstunden machen und diese ausbezahlt bekommen. Einen Zwang wird es nicht geben.“