Wer mehr zu Hause ist, produziert mehr Abfall: Die Müllabfuhr hatte im Kreis Freudenstadt in der Corona-Zeit deutlich mehr Arbeit als sonst. Foto: Rath

Folgen des "Lockdowns": Im Landkreis Freudenstadt sind voriges Jahr rund 3500 Tonnen Müll mehr als sonst angefallen. Im Vergleich zu anderen Kreisen produziert Freudenstadt aber weiterhin vergleichsweise wenig Abfall.

Kreis Freudenstadt - Dies erklärte der kaufmännische Leiter des Abfallbetriebs, Frank Finkbeiner, am Montag in der Sitzung des Technischen Ausschusses. Demnach kamen im ersten Coronajahr etwas mehr als 57 500 Tonnen Abfall zusammen, ein Plus von 4,5 Prozent. Der größte Teil mit etwa 40 600 Tonnen entfiel auf die Wertstoffe wie Altpapier, Metalle, Elektroschrott sowie Grün- und Bioabfälle (11 000 Tonnen), die verwertet werden.

10 000 Tonnen Hausmüll

Etwa 10 000 Tonnen Haus- und Sperrmüll fielen an, die als Brennstoff ins Heizkraftwerk Böblingen wandern. Ein Anteil von 19 Prozent sei "ein guter Wert". Die neuen Sperrmüllgutscheine, 2020 erstmals eingeführt, wertete Finkbeiner als gut. Die Gutscheine werden einmal jährlich ausgegeben. Haushalte können damit drei Kubikmeter Sperrmüll kostenlos in den Entsorgungsanlagen Bengelbruck und Rexingen loswerden. Das Sperrmüllaufkommen lag 2020 bei 3083 Tonnen, mehr als 1000 Tonnen wurden von den Haushalten selbst angeliefert. Über die "sehr, sehr teure" Straßensammlung wurden deshalb nur noch etwa 2000 Tonnen eingesammelt, was die Kosten für den Abfallwirtschaftsbetrieb entsprechend gesenkt hat, trotz insgesamt gestiegener Mengen.

Was die Abfallmenge pro Einwohner betrifft, bleibt Freudenstadt positiver Spitzenreiter im Land. Waren es 2019 noch 72 Kilo Müll pro Kopf, stieg der Wert im Coronajahr auf 81 Kilo. Das ist trotzdem der niedrigste Wert im Vergleich zu anderen ländlichen Landkreisen. Der Landesdurchschnitt liege bei 146 Kilogramm.

13 500 Tonnen Restmüll darf der Kreis in Böblingen zur Verbrennung anliefern, 2020 sei das Kontingent um 265 Tonnen überschritten worden. 2021 werde das ähnlich sein, weshalb der Abfallwirtschaftsbetrieb des Kreises mittelfristig eine Erhöhung des Kontingents um 1500 Tonnen anstrebe.

Ewige Debatte um Abfuhr

Kreisrat Ernst Wolf (FDP) lobte den Spitzenplatz, wollte aber wissen, warum das Restmüllaufkommen pro Kopf beispielsweise in Biberach mit 158 Tonnen fast doppelt so groß sei. Ulrich Hanfstein, Leiter des Abfallwirtschaftsbetriebs, konnte nur vermuten, dass dort nicht alle Möglichkeiten der Wiederverwertung ausgeschöpft würden. Dieter Bischoff (Freie Wähler) lobte die Einführung der Sperrmüllgutscheine. Trotzdem führen noch "weiße Kastenwagen" vor jeder Sperrmüllabfuhr durch die Orte, deren Fahrer sich vor allem Altmetalle herausfischten. Die Diskussion um dieses Ärgernis flammt seit zehn Jahren regelmäßig wie ergebnislos im Kreistag auf. Alexander Faißt (Freie Wähler) und Ernst Wolf (FDP) betonten, kein Problem damit zu haben, wenn der Sperrmüll nach Osteuropa wandere. Es nütze nichts, die Diskussion ständig neu zu eröffnen, sie führe ohnehin zu nichts. Er regte an, als Anreiz für Schrottanlieferungen über eine kleine Vergütung in den Recyclingcentern nachzudenken. Hanfstein wehrte ab; unterm Strich lohne sich der Mehraufwand nicht. Laut Kurt Kirschenmann (SPD), Polizist, verdiene ein Sammler aus Osteuropa an jeder Fuhre nach Polen oder Ungarn rund 1200 Euro.

Wolfgang Kronenbitter (Freie Wähler) störte sich an Verzögerungen der Sperrmüllabfuhr. Ergebnis sei ein hässliches Straßenbild, teils über Tage hinweg. Der Erste Landesbeamte Reinhard Geiser erklärte, dies sei ein Dauerproblem. Gerhard Gaiser (SPD) regte an, den Sperrmüll aufgrund der Witterungsverhältnisse im Oberen Murgtal früher abzuholen. Das sei logistisch schwierig, weil man eine Vielzahl von Interessen unter einen Hut bringen müsse, so der Landkreis. Gaiser regte ferner an, in weiter abgelegenen Ortschaften zusätzliche Grüngutsammelstellen einzurichten. Hanfstein gab dem wenig Chancen. Es gebe bereis 21 Grüngut-Annahmestellen im Kreis. Dies sei "ausreichend".