Die Vermutung liegt nahe, dass sich immer mehr Personen mit diesem Schritt vor Übergriffen schützen wollen. Ein Blick auf die Faktenlage sollte aber die Angst, Opfer von Gewalttaten zu werden, etwas nehmen. Laut dem jüngsten Sicherheitsbericht des Landes für das Jahr 2018 gehört Baden-Württemberg in puncto Sicherheit bundesweit zu den Spitzenreitern. Die Straftaten gehen zurück und die Aufklärungsraten steigen an. Also alles gut?
Nicht ganz. Ein zweiter Blick auf den Bericht zeigt auch, dass trotz guter Polizeiarbeit das subjektive Sicherheitsgefühl der Bevölkerung getrübt wird – unter anderem durch Aggressionsdelikte, die sich noch immer auf einem hohen Niveau befinden.
Das Innenministerium warnt derweil in seiner Mitteilung vor erheblichen Gefahren, die das Mitführen von Schreckschusswaffen und Co. mit sich bringen, deren sich der Waffenträger oft nicht bewusst ist. So sehen diese Waffen täuschend echt aus – auch für die Polizei, die unter Umständen von einer scharfen Waffe ausgehen muss und die Situation dann eskalieren kann. Ungeübte Waffenträger können sich laut Ministeriumsangaben in extremen Stresssituationen auch selbst gefährden oder Unbeteiligte verletzen.
Wie schnell der kleine Waffenschein bei fahrlässigem Umgang wieder entzogen werden kann, offenbart ein Fall vor dem Verwaltungsgericht in Karlsruhe. In besagtem Fall war ein Mann jahrelang regelmäßig durch eine Wohnsiedlung gezogen, um Tauben mit Schreckschüssen von seiner Solaranlage fernzuhalten. Dabei habe er die Kugel zwar jedes Mal entfernt, nur die Hülse verwendet und die Vögel lediglich verscheucht, führte er aus. Das zuständige Landratsamt entzog ihm jedoch die Waffenbesitzkarten wegen Unzuverlässigkeit. Zu Recht, befand das Gericht und schmetterte den Eilantrag des Mannes gegen den Behörden- bescheid ab.
Aber auch Vorfälle unter Vorsatz sind der Polizei nicht fremd: Besonders an Silvester hatten viele Feiernde bundesweit wohl wieder angenommen, dass man zum Jahreswechsel nicht nur mit Böllern knallen darf. Das neue Jahr mit Schreckschusswaffen einzuläuten, ist längst keine Seltenheit mehr – aber verboten. "Erlaubnisfreie Schreckschusswaffen dürfen etwa im Rahmen von Sportveranstaltungen, bei Theateraufführungen oder zum Vertreiben von Vögeln in landwirtschaftlichen Betrieben verwendet werden", schreibt das Innenministerium dazu.
Behörde lobt die "hervorragende Arbeit" der Polizei
Lagen die Straftaten gegen das Waffengesetz im Jahr 2017 noch bei 3779, wie aus der polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) zu entnehmen ist, stieg die Zahl im Jahr 2018 auf 4677 Verstöße an. Das Innenministerium führt diesen Anstieg "im Wesentlichen auf die einjährige Waffenamnestieregelung vom 6. Juli 2017 bis zum 1. Juli 2018 und die in diesem Zusammenhang straffrei abgegebenen erlaubnispflichtigen Schusswaffen bei Strafverfolgungsbehörden" zurück. Auch deshalb geht man hier davon aus, dass die Zahl im vergangenen Jahr wieder zurückging. Die genauen Daten für 2019 müssen aber noch erfasst werden.
Zur Frage, wer überhaupt einen Waffenschein benötigt, und ob es denn ratsam ist, diesen zu beantragen, vertritt das Innenministerium in Stuttgart einen ganz klaren Standpunkt: "Für die innere Sicherheit ist unsere Polizei zuständig. Sie leistet hervorragende Arbeit. Es gibt überhaupt keinen Grund dafür, sich zu bewaffnen. Die Menschen im Land sollten die Sicherheitsfragen denen überlassen, die etwas davon verstehen – und das ist die Polizei."
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