Auch Primaten können Gegenstand des Informationsfreiheitsgesetzes sein. Beispielsweise um Informationen vom Karlsruher Zoo zu den dort lebenden Orang-Utans zu erhalten. Foto: Lutz Schnier/Lutz Schnier

Stefan Brink, der Landesbeauftragte für den Datenschutz, dringt auf ein Transparenzgesetz. Das aktuelle Informationsfreiheitsgesetz biete Behörden zu viele Ausnahmen.

Stuttgart - Wie sind zwei Orang-Utans in den Zoos von Karlsruhe und München genau miteinander verwandt? Das weiß ein Baden-Württemberger jetzt dank des Landesinformationsfreiheitsgesetzes (LIFG). Er bekam Einblick in das Zuchtbuch des Karlsruher Zoos und ist damit schlauer. Fragen wie diese fallen eher unter die Rubrik exotisch. In 70 Prozent der Fälle wollen Bürger wissen, was in ihrer Stadt oder ihrem Landkreis läuft.

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Bauen steht weit oben in der Fragenstatistik, erklärt Stefan Brink, der Datenschutzbeauftragte des Landes, in seinem Tätigkeitsbericht zum LIFG über die Jahre 2020/2021. Warum ist das Baugebiet auf dieser und nicht auf der anderen Seite? Gibt es eine statische Untersuchung für das wackelige Gebäude des Nachbarn? In den vergangenen beiden Jahren waren neben der Verwendung öffentlicher Gelder Themen rund um die Coronapandemie von Interesse. Dank des Gesetzes können Bürger so etwa direkt aus den Akten erfahren wie hoch die Impfstoffbestände der Impfzentren sind.

Beratung auch für Verwaltungen

Brinks Behörde berät auch die Verwaltungen, darüber welche Auskünfte sie geben müssen und wie sie beispielsweise korrekt Namen in den Akten schwärzen. Für den Datenschutzbeauftragten müssen zu wenig Auskünfte gegeben werden. Er sagt „die Nützlichkeit und die Glaubwürdigkeit einer Behörde steigt durch die Transparenz enorm“. Er verlangt, dass Grün-Schwarz zügig ernst macht mit ihrem angekündigten Transparenzgesetz.

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Das baden-württembergische Informationsfreiheitsgesetz aus dem Jahr 2015 hat für Brink zu viele Lücken. So muss der Rechnungshof über seine öffentliche Berichte hinaus gar keine Auskunft erteilen. Auch öffentlich rechtliche Rundfunkanstalten im Land fallen nicht unter das LIFG. Letzteres könnte mit einem Staatsvertrag zwischen Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz geändert werden. Das habe aber aber anders als beim Norddeutschen Rundfunk im Südwesten bisher nicht funktioniert, bedauert Brink. Dabei ist er sicher, „dass Transparenz dem öffentlich rechtlichen Rundfunk dient“. Viele Bürger würde interessieren, was mit ihren Gebühren geschehe.

Kampf um mehr Transparenz

Brink, der stets darauf bedacht ist, die Daten der Bürger vor Missbrauch zu schützen, führt beim LIFG nach eigenem Bekunden, „einen fortwährenden Kampf um Transparenz“. Das LIFG habe nicht nur zu viele Ausnahmen, es sei teilweise auch zu teuer. Wenn der Bürger den Verwaltungsapparat in Gang setzt, kann es für ihn richtig ins Geld gehen. Laut Brink sind Gebühren von mehr als 1000 Euro möglich. Die Verwaltungen müssen jedoch Bescheid sagen, wenn die Anfrage mehr als 200 Euro koste. Mancher Bürger lasse dann die Frage fallen, weiß Brink. Er will die Gebühren abschaffen und statt des LIFG ein Transparenzgesetz. „Der Landtag sollte so schnell wie möglich ein Transparenzgesetz beraten“, fordert er.

Innenministerium in der Kritik

Vor dem Transparenzgesetz steht aber die Evaluation des LIFG und mit der lässt sich das Innenministerium nach Einschätzung von Brink sehr viel Zeit. 2020 sollte die Evaluation vorliegen, das Ministerium fange jetzt erst damit an und frage auch vorrangig nach den Schwächen des Gesetzes. „Es ist sehr, sehr bedauerlich, dass das so spät kommt“, sagte Brink.

Er plädiert dafür, dass im Zuge eines Transparenzgesetzes die Verwaltungen ihre Informationen von sich aus auf eine Plattform stellen und der Informationsfluss von einer Holschuld der Bürger zu einer Bringschuld der Verwaltungen wird.

Außerdem macht sich der oberste Datenschützer des Landes für alternative Social-Media-Kanäle stark. Auch so könne der Staat bürgernah über seine Arbeit berichten. Allerdings sollten Bürger nicht auf gewerbliche Plattformen gedrängt werden. Brink rief die Behörden dazu auf, alternative Social-Kanäle zu nutzen, wie Mastodon statt Twitter oder PeerTube als Alternative zu YouTube.

Anzahl der Fragen nicht zentral erfasst

Brink zählte 2016, als das LIFG in Kraft getreten war, 64 Anfragen, 2020 waren es mehr als 180 und im vergangenen Jahr gab es mehr als 170 Fragen an den Landesbeauftragten. Dort kommen allerdings nur die Anfragen an, bei denen es Probleme gab. Der weitaus größte Teil werde von den Verwaltungen direkt erledigt. Die Fragen werden nicht zentral erfasst. Über die Plattform „Frag den Staat“ wurden dem Bericht zufolge 2021 rund 1000 Anfragen gestellt.