Acrylglaskacheln bilden ein hängendes Netz aus Pixeln, das sich wie ein Digitalschleier auf die Fassade legt. Foto: Heinig

Es wispert und dröhnt, säuselt und hämmert, es blinkt und leuchtet, strahlt hier und dämmert dort geheimnisvoll – beim Gang durch die etwas andere Ausstellung zeitgenössischer Kunst hatten am Wochenende alle Sinne reichlich zu tun – "und das tut mal wieder so gut", schwärmt eine Besucherin von "Instandsetzung#2".

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Villingen-Schwenningen - Rund 30 Künstler aus der Region, aber auch aus Reutlingen, Berlin, Basel, Zürich, München und Wien hatten ihre Werke im ehemaligen Schwenninger Schlachthof installiert, der dem Abriss geweihte "lost place", dessen morbider Charme die Klang- und Medieninstallationen krönte und vier Tage lang die Besucher anlockte.

Vor allem in den Abendstunden, wenn Projektionen die umliegenden Hauswände in ein Farbenmeer tauchten, konnte sich Veranstalter Dirk Werner über die maximal 300 Gäste freuen, die sich – coronabedingt geimpft, genesen oder getestet – gleichzeitig auf dem Gelände aufhalten durften und neben der Kunst auch Musikvorträge und Leckeres aus Daniel Richters Foodtruck genossen.

Maximilian Glassner, Maximilian Müller und Lisa Theresa Rein studieren an der Hochschule Furtwangen (HFU) und beschäftigten sich dort hauptsächlich mit interaktiven Medien. Ihr Kunstprojekt heißt "Tone2 Visual", eine Installation, "um Ärger und Frust, Ängste und Sorgen oder auch Freude herauszuschreien". Dabei konnte der Besucher mit seiner Stimme unzählige Glühbirnen zum Leuchten bringen. Auch bei der Grauton-Installation von Karen Geyer aus Zürich ging es um Klänge. Aus selbstgebauten "Geräuschemachern" webte sie, gesteuert über ein Mischpult, einen außergewöhnlichen Klangteppich, der aus einem Dutzend Lautsprechern erklang.

Studenten beeindrucken

Nebenan stand der "Klangdom" von Norbert Schnell, Peter Böhm und Uli Fussenegger, eine Holzkonstruktion wie aus Bienenwaben, die sich über einem "Kontrabassklänge triggernden" Flipperautomaten spannte. Daniel Leguy, vor Ort bekannt als ehemaliger Leiter des Villinger Jugendhauses und jetzt Musikdesign-Student an der HFU, präsentierte seine in Zusammenarbeit mit der Musikhochschule Trossingen entstandene Masterarbeit mit dem Titel "25 149". Das war die Häftlingsnummer von Alexander Kulisieviz, einem polnischen Sänger, der im KZ Sachsenhausen das Musikstück "Jüdischer Todessang" ersann. Leguy machte daraus eine multimediale Performance, die die Besucher 15 Minuten lang optisch und akustisch "an einem Ort der Untröstlichkeit" in den Bann zog.

Das Werk von Studenten der Hochschule Reutlingen war eine mit über 450 leuchtend bunten Acrylglaskacheln veredelte Fassade. Einige wenige fielen zwar schon dem Unwetter in der Nacht auf Samstag zum Opfer, das auch so manchen Computer zu schaffen machte. Die Kacheln gehen wohl, so laut Werner die spontane Entscheidung der Studenten, in den nächsten Tagen mit der Schlachthofruine unter. Rund 90 Prozent der Gebäude werden abgerissen und es entsteht an gleicher Stelle das Hammerstatt-Innovations-Quartier (HIQ), betrieben von Dirk Werner, dem Verein für zeitgenössische Medienkunst "Global Forest" aus St. Georgen und "Reservoir", einer Künstlervereinigung, die mit Medieninstallationen an der Linacher Talsperre von sich reden machte.

Gemeinsam werde man nicht nur das Format "Instandsetzung" fortführen, sondern auch zeitnah und "immer entsprechend der Corona-Verordnungen" moderne, aus Experimentierfreudigkeit, gepaart mit Technikkenntnissen entstehende Kunst präsentieren, so Werner.