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Hingegossen an die Seite des Flügels, larmoyant, natürlich im Frack: Max Raabe, den ein Zeitsturm immer wieder mal herüberweht aus den Goldenen 20er Jahren in die Stuttgarter Liederhalle.

Stuttgart - Hingegossen an die Seite des Flügels, larmoyant, natürlich im Frack: Max Raabe, den ein Zeitsturm immer wieder mal herüberweht aus den Goldenen 20er Jahren in die Stuttgarter Liederhalle.

Dort weiß man sie zu schätzen, diese gediegene Vorgestrigkeit mit voller, weicher Baritonstimme. Raabe variiert sein Programm bei seinen Stuttgarter Auftritten - man hat Gelegenheit, neue alte Lieder zu entdecken, bei seinen Konzerten, immer sagt er sie an, mit ihren Textern und Komponisten. Es gibt aber auch stets Bekanntes - "Singing In The Rain", "Bei mir bist du scheen" oder "Dream a little Dream", bei dem wieder einmal ein niedlicher kleiner Zeppelin hinaus aufs Publikum schifft, während Geige und Glockenspiel zuckersüß aufspielen: "Kitschig, aber legal."

Raabes staubtrockene, süffisante Kommentare dazu, der Mann der perfekten Pose, zelebrierte Regungslosigkeit, zurückgekämmte Haare, hochgezogene Augenbrauen. Und ein unbändiges Palastorchester neben ihm: elf Musiker in vornehmem Weiß und eine wunderschöne Geigerin. Die Männer treten vor und blasen das Saxofon im Chor, weit hinten triumphiert die gestopfte Trompete, und dem Schlagzeuger fällt, beim Solo auf den Röhrenglocken, prompt das Instrument zusammen - ob das wohl Absicht ist? Ob daran die reizende Rosi schuld ist? Oder gar Lulu, der Max so gerne beim Tanzen zusieht?

Es gibt Lieder übers Leben im Bordell, von Bert Brecht und Kurt Weill, es gibt hingehauchte spanische Schlafenslieder bei gedämpftem Licht vor rotem Vorhang, gestammelte Liebesgeständnisse und galante Frivolitäten. Es ist Dienstagabend, der Beethovensaal ist nahezu ausverkauft, und Max Raabe doziert: "Man hört oft Liebeslieder bei der Arbeit, aber selten Arbeiterlieder bei der Liebe." So etwas sagt der Mann, ohne mit dem Mundwinkel zu zucken. Das Schmunzeln überlässt er seinem Publikum.