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Vor seinen Heimspielen am Freitag in der Böblinger Kongresshalle und am Samstag in der Liederhalle verteilt Mathias Richling seinen Spott großzügig.

Stuttgart - Vor seinen Heimspielen am Freitag in der Böblinger Kongresshalle und am Samstag in der Liederhalle verteilt Mathias Richling seinen Spott großzügig. In unserem Interview knöpft sich der Kabarettist nicht nur die Großen der Berliner Politik vor, er lästert auch über Stefan Mappus und Stuttgart 21.

Herr Richling, in der Politik hat sich in kurzer Zeit so viel verändert, nur Sie halten am Alten fest. Mit dem Programm "E=M*Richling|2" waren Sie doch schon letztes Jahr in der Liederhalle. Sind Sie ein Ewiggestriger?In diesem Programm ist alles neu außer dem Titel und dem von meinem Regisseur Günter Verdin entworfenen Bühnenbild. Überhaupt: Ist es nicht so, dass in der Politik immer alles beim Alten bleibt und nur das Kabarett sich ständig verändert? Der Kabarettist hat die angenehme Aufgabe, sich immer wieder neue Gedanken zu alten Konzepten und Gesellschaftsentwürfen zu machen.

Was versäumen wir, wenn wir Ihr runderneuertes Programm verpassen?Neue Parodien, neue Gedankengänge, neue Pointen; neu dabei ist zum Beispiel der Außenminister Guido Westerwelle, der gerne Deutsch spricht, weil er verstehen möchte, was er sagt, oder der frischgebackene Kanzleramtsminister Roland Pofalla, der schon an einem neuen Drehbuch für seinen Star Angela Merkel arbeitet und, und, und... Soll ich Ihnen das Programm schnell mal vorspielen?

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen. Wir müssen über Harald Schmidt reden. Ihr Kollege hat kürzlich bei der Verleihung des Stihl-Preises den unterirdischen Dom für Stuttgart gefordert. Was halten Sie von dieser Idee? Und wann bekommen Sie den Stihl-Preis?Harald Schmidt hat mit seinem Kommentar zu den Ausführungen von Matthias Kleinert nur festgestellt, dass mit Stuttgart 21 Geld in einer Größenordnung in den Sand gesetzt wird, die früher zum Bau prachtvoller Dome langte. Bei Stuttgart 21 steht die Vernunft leider ganz hinten in der Warteschlange. Ich bin mir nicht sicher, ob ich mit dieser Bemerkung Anwärter auf den Hans-Peter-Stihl-Preis bin.

Fürs Kabarett könnten die Zeiten kaum besser sein. Die schwarz-gelbe Koalition liefert vom Start weg Panne auf Panne. Wird diese neue Ära für Ihren Berufsstand noch ergiebiger als einst die Kohl-Regentschaft?Nur Journalisten sind permanent auf Sensationen aus, die in fetten Schlagzeilen abgefeiert werden können. Dem Kabarettisten genügt der graue (ich habe nicht gesagt: grauenhafte) politische Alltag, also die Regierung Merkel II, um daraus kräftig Zeilen zu schlagen.

Wer ist bei Merkel II Ihr Lieblingsminister oder Ihre Lieblingsministerin?<(i>Sie werden (hoffentlich) lachen: Mir ist jede(r) recht!

Und einer ist schon weg. Die Minister treten im neuen Kabinett wohl noch schneller zurück als die Vorsitzenden bei der SPD. Was meinen Sie, wie lange bleibt Sigmar Gabriel der Spitzengenosse?Die Halbwertszeit von SPD-Vorsitzenden korreliert mit der Verfallsgeschwindigkeit ihrer Partei. Als er gewählt wurde, war Genosse Gabriel bereits angezählt.

Auch Baden-Württemberg bietet neue Gesichter. Wie parodiefähig ist Stefan Mappus?Moment mal! So schnell geht das nicht! Herr Mappus muss sich die Ehre, parodiert zu werden, erst redlich verdienen!

Der Pforzheimer Mappus wird bereits mit dem Bayern Strauß verglichen. Hat Oettingers Nachfolger das verdient?Doch, jeder bekommt die Komplimente, die er verdient. Warum fallen mir bloß zu Mappus vorerst nur die Pius-Brüder ein?

Das Bambi-Rehlein hat Ihren "Satire Gipfel" kürzlich arg in die Nacht abgeschoben. Es fiel auf, dass Sie als bisher unheilbarer Zappelphilipp die ganze Sendung auf einem Stuhl hocken bleiben können. Wer ist der Unbekannte hinter den Kulissen, der Sie mit Waffengewalt dazu zwingt? Oder wollen Sie miese Quoten einfach nur aussitzen?Die Quoten sind längst nicht mehr "mies", sondern im beachtlichen zweistelligen Bereich. Über miese Zeitungsauflagen und miese Einschaltquoten ließe sich eine Menge reflektieren. Tatsache ist, dass uns der, die, das Bambi eine Menge Zuseher vertrieben hat. Aber: Je später die Sendung, desto exquisiter die Zuschauer! Die sogenannte werberelevante Zielgruppe bis 49 ist bekanntlich eine Erfindung des ehemaligen RTL-Geschäftsführers Helmut Thoma, über deren Anbetung er selbst heute am meisten lacht. Der "Satire Gipfel" hat Erfolg, und zwar in der besonders wichtigen denkrelevanten Zielgruppe. Deswegen muss ich auch nichts aussitzen. Niemand zwingt mich. Manchmal bleibe ich eben sitzen, um meinen Mann zu stehen!

Mathias Richling tritt am Freitag, 4. Dezember, 20 Uhr, in der Kongresshalle Böblingen und am Samstag, 5. Dezember, 20Uhr, in der Stuttgarter Liederhalle auf. Karten bei Easy Ticket unter der Telefonnummer 2555555 oder jeweils an der Abendkasse.