Aktuell sei die Lage für das Ortenauer Handwerk vor allem von Lieferengpässen geprägt, berichtet Kreishandwerksmeister Bernd Wöfle. Vor allem Material, für dessen Herstellung viel Energie aufgewandt werden müsse, sei schwer zu bekommen. Foto: Armer

Lieferengpässe, Personalmangel und Energiekosten sind die größten Probleme des Ortenauer Handwerks. Trotz Inflation sind die Auftragsbücher noch gut gefüllt. Ob das so bleibt, ist laut Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle jedoch ungewiss.

Ortenau - Über mangelnde Arbeit können sich die Ortenauer Handwerker nicht beschweren – doch immer noch fehlt es an Material. "Die Lieferzeiten sind – egal in welchem Gewerk – problematisch", berichtet Kreishandwerksmeister Bernd Wölfle im Gespräch mit unserer Redaktion. Anlass ist der Tag des Handwerks am heutigen Samstag. Wölfle selbst ist Zentralheizungs- und Lüftungsbauermeister mit eigenem Betrieb in Lauf. Alles was für Heizungsanlagen erforderlich ist, sei derzeit schwierig zu bekommen. Von Schreiner-Kollegen höre er, dass Türen nicht lieferbar seien, Dachdecker berichteten, dass Ziegel fehlen würden – auch Fenster seien kaum zu bekommen. Großhändler erwarteten Lieferungen, die dann doch nicht kämen.

Kunden müssen mit längeren Wartezeiten rechnen

"Alles was mit hohem Energieaufwand hergestellt wird, ist problematisch", fasst Wölfle zusammen. Die Betriebe müssten ständig "jonglieren", um ihre Aufträge abarbeiten zu können – denn an Kunden mangelt es nicht. "Die Auftragsflut ist bis jetzt ungebrochen", sagt Wölfle. Auch fehlt es an Arbeitskräften – das Resultat sind Wartezeiten für die Kunden. Wölfle geht davon aus, dass sich der Kaufkraftverlust durch Inflation und hohe Gaspreise erst im kommenden Jahr auf die Auftragslage auswirken wird. "Das wird aber sicher kommen."

Besonders energieintensive Handwerksbetriebe – wie etwa Bäcker – leiden auch heute schon. Die Sorgen aufgrund explodierender Energiekosten seien groß, betont die Handwerkskammer Freiburg anlässlich des Handwerk-Tags. Nachdem die Politik das Handwerk in dieser Krise lange nicht im Blick hatte, scheine sie nun die Dringlichkeit erkannt zu haben. "Die zugesagten Hilfsprogramme müssen nun schnell und unbürokratisch kommen, das ist entscheidend", fordert Kammerpräsident Johannes Ullrich. "Auch die angedachten Strom- und Gaspreisbremsen sind wichtig, aber leider bislang zu unkonkret."

Handwerkskammer fordert schnelle Hilfe

Deshalb fordert das Handwerk unter anderem eine Absenkung der Energiesteuern, eine kurzfristig umgesetzte Energiepreisbremse, bei der die Energiekosten und ihr Anstieg bereits auf der Ebene der Großhandelspreise vor Einspeisung in das Marktsystem und die Netze "abgebremst" werden, so die Kammer. Und bei Aufträgen der öffentlichen Hand müsse es endlich mehr "Preisgleitklauseln" auf kommunaler Ebene geben. Solche Regelungen ermöglichen Lieferanten, bei Erhöhung seiner Selbstkosten den Preis einer Ware anzupassen.

"Wir brauchen für viele Betriebe schnelle Hilfe – und wir brauchen weiterhin Fachkräfte", so Ullrich. Deshalb dürften auch die Bemühungen um mehr Wertschätzung für das Handwerk und insbesondere die berufliche Ausbildung nicht vernachlässigt werden, fordert der Kammerpräsident. "Die traditionell hohe Ausbildungsbereitschaft im Handwerk ist auch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten ungebrochen. Damit genügend Fachkräfte den Weg ins Handwerk finden, sind alle gefordert: Lehrer, Eltern, Betriebe und die Politik. Es braucht eine echte Bildungswende hin zu mehr beruflicher Ausbildung."

Stimmung im Handwerk ist durchwachsen

Die Stimmung im Ortenauer Handwerk ist derweil durchwachsen. "Manchmal ist es zum Verzweifeln, wenn man arbeiten möchte, aber einfach Material fehlt", erklärt Wölfle, zeigt sich im Gespräch mit unserer Redaktion aber optimistisch. Den Kopf in den Sand zu stecken, sei keine Lösung. "Wie es im kommenden Jahr aussieht, ist abzuwarten", so der Kreishandwerksmeister.