Perfekter Einstand in der Bundesliga: Chema Andres nach seinem Treffer für den VfB Stuttgart gegen Borussia Mönchengladbach. Foto: Pressefoto Baumann/Hansjürgen Britsch

Er ist ein junger Hüpfer, spielt aber wie ein alter Hase – sagen zumindest seine Vorgesetzten. Wie es Chema Andres geschafft hat, beim VfB Stuttgart schnell Eindruck zu machen.

Sein Sprung ins Glück hatte fast schon etwas Monumentales. Das Bild, wie Chema Andres abhebt und jubelnd die rechte Faust nach oben reißt, ist jedenfalls eines der Schöneren der Sportfotografie. Dabei ist die Ästhetik ja nur ein Nebeneffekt dessen, was am Samstagnachmittag geschehen ist. Viel wichtiger ist: die Bedeutung des Moments.

 

Der VfB Stuttgart hatte ja keine einfachen Tage hinter sich mit den Niederlagen im Supercup und in der Bundesliga in Berlin. Mit dem mühsamen Weiterkommen im Pokal. Mit dem geräuschvollen Abgang des Stürmers Nick Woltemade. Und dann schien es im ersten Heimspiel der Saison gegen Borussia Mönchengladbach auch noch so, als könne der VfB die Gäste nicht knacken. Die dezimierte Offensivabteilung mühte sich jedenfalls vergeblich um einen Torerfolg. Ehe Chema Andres dafür sorgte, dass es für ihn selbst ein Tag wurde, „den er wohl nicht mehr vergessen wird“.

So beschrieb das der Stuttgarter Trainer hinterher – lange, nachdem der junge Spanier nach Flanke von Jamie Leweling per Kopf das Tor des Tages erzielt hatte. „Ich bin sehr glücklich“, sagte derweil Chema Andres. Und: „All das ist fantastisch.“

Mit „all das“ meinte er den Umstand, dass es ja nicht nur sein eigener erster Bundesligaeinsatz war, den er nach Einwechslung veredelt hatte. Der VfB feierte am Samstag ja auch das Jubiläum seines Wahrzeichens. Das ganze Stadion war vor dem Anpfiff ein riesiger Brustring, die Choreografie zu dessen 100. Geburtstag war beeindruckend. Auch für Chema Andres, der bei Real Madrid zwar das Estadio Santiago Bernabeu ganz gut kennt, bei den Königlichen aber bisher meist nur in der Jugend und in der zweiten Mannschaft gekickt hat.

„Dass ich in solch einem Spiel mein Bundesliga-Debüt erlebe, dann auch noch ein Tor erziele und wir vor allem gewinnen“, sagte der Spanier, das sei eben „fantastisch“. So fantastisch wie seine bisherige Statistik.

Wäre der 20-Jährige ein Stürmer, dann könnte er nun mit einer nahezu perfekten Bilanz im deutschen Profifußball aufwarten: Er trifft alle 53 Minuten. Gut, bisher hat er in drei Pflichtspielen auch lediglich 53 Minuten auf dem Platz gestanden. Und Stürmer ist er auch keiner. Beeindruckt hat er bisher dennoch.

Der Trainer Sebastian Hoeneß schwärmt von der „Präsenz“, die der junge Mann auf dem Platz habe. Seine 1,90 Meter Körpergröße helfen dabei, aber das alleine ist es nicht. „Er führt die Zweikämpfe sehr gut“, lobte Fabian Wohlgemuth, antizipiere die Situationen gut und spiele „sehr reif“. Wie er das Tor gemacht habe, ergänzte der Sportvorstand des VfB, sei „à la bonheur“ gewesen. Sebastian Hoeneß rühmte noch „Timing“ und „Kopfballspiel“ des Neuzugangs von Real Madrid – und wies wie Wohlgemuth auf einen Widerspruch hin.

Chema Andres sei zwar erst 20 Jahre alt, spiele aber schon wie ein Routinier. Auf der Sechser-Position erinnert der hoch aufgeschossene Spanier etwas an Sergio Busquets. Der wurde mit Spanien Welt- und Europameister, mit dem FC Barcelona dreimal Sieger der Champions League. So weit, das ist klar, ist Chema Andres noch lange nicht. Womöglich wird es auch keine derart glanzvolle Karriere werden. Aber Hoeneß ist sicher: „Er wird seinen Weg gehen.“ Wenn man ihm nun Zeit lasse, sich zu entwickeln.

Der Coach wird sie ihm geben, steht aber auch vor einem kleinen (Luxus-)Problem, sollte der Spanier sich schneller akklimatisieren als angenommen. Dann muss Hoeneß nämlich irgendwann entscheiden, ob einer seiner zwei bislang unangefochtenen Sechser weichen muss. Am Samstag kam Chema Andres für Atakan Karazor in die Partie.

Das war in der 64. Minute – eine Viertelstunde später entschied er das Spiel – und setzte an zum Sprung ins Glück.