Die Maß Bier für vier Euro: Ein eher satirisch gemeinter Antrag findet im Gemeinderat von Schwäbisch Hall überraschend eine Mehrheit. Doch wenig später folgt die Katerstimmung.
Statt Benzinpreise zu senken, solle man lieber Lebensmittel subventionieren, findet der baden-württembergische Finanzminister Danyal Bayaz (Grüne). In Schwäbisch Hall ist man in dieser Hinsicht schon gut vorangekommen, zumindest wenn Bayaz auch flüssige Lebensmittel gemeint haben sollte. Der Gemeinderat hat diese Woche zu später Stunde eine Bierpreisbremse beschlossen. Bei vier Euro pro Liter soll in Haller Kneipen künftig die Grenze liegen. Verlangt der Wirt mehr, wird die Differenz aus den städtischen Mitteln für die Innenstadtförderung ausgeglichen.
Nicht einmal in München haben sie so etwas bisher durchsetzen können. Ein Vorstoß, den Maßpreis beim Oktoberfest bei 10,70 Euro zu deckeln, scheiterte im Jahr 2017 kläglich. Doch auch Hall hat eine Biertradition und offenbar entschlossene Lokalpolitiker. „Ich bin Biertrinker“, rechtfertigte der Fraktionschef der Freien Wähler, Hartmut Baumann, seine eher humorig gemeinte Zustimmung zu dem Antrag, den sein Stadtratskollege Tillmann Finger von der Satiregruppierung Die Partei vorgelegt hatte.
Döring hält es für eine Schnapsidee
Dass dieser mit 13 zu neun Stimmen im Rat tatsächlich eine Mehrheit fand, hat das Gemeinderats-Urgestein Baumann dann aber selbst überrascht. Arg schlimm findet er es nicht. „Man muss in diesen schwierigen Zeiten auch mal lachen können.“
„Die Bierpreisbremse ist eine Schnapsidee“
Andere finden es weniger lustig. Peinlich sei es, eine Blamage für den Gemeinderat, heißt es bei der SPD. Einige seien wohl gedanklich schon bei der Nachsitzung gewesen, mutmaßt der FDP-Stadtrat und frühere Wirtschaftsminister des Landes, Walter Döring. „Die Bierpreisbremse ist eine Schnapsidee.“ Dass es sich um eine gelungene Satireanspielung auf die von der Bundes-FDP durchgesetzte Benzinpreisbremse handeln könnte, lässt Döring nicht gelten. „Da überschätzen Sie den Haller Gemeinderat.“
Allerdings hat der Initiator an seinem feuchtfröhlichen Antrag durchaus gefeilt. Das Vier-Euro-Bier gibt’s nicht vor vier. Angelehnt ans freie Parken, das die Stadtverwaltung zur Belebung der Innenstadt in Coronazeiten eingeführt hat, soll die Bierpreisbremse wochentags nur von 16 Uhr und an Wochenenden von 12 Uhr an gelten. Flankierend sollten die in Coronazeiten ebenfalls eingeführten subventionierten City-Gutscheine auch in Gaststätten eingelöst werden dürfen. 400 000 Euro seien hier noch im Umlauf. „Allein damit lassen sich 50 000 Liter Bier aktivieren“, hat Finger errechnet.
Ein gutes Zeichen für die Demokratie?
„Der Beschluss zeigt, dass die Menschen zusammenstehen, wenn es ums Bier geht“, sagt Finger. Das sei ein gutes Zeichen für die Demokratie. Auch Peter Theilacker freut es. „Den Gastwirten würde das nach zwei Jahren Pandemie guttun“, sagt der Chef der örtlichen Löwenbrauerei. „Wir hätten genug Bier in Fass und Flasche vorrätig.“
Der Gemeinderat wird ausgebremst
Doch der Oberbürgermeister Daniel Bullinger (FDP) schüttet schon Wasser in den Gerstensaft. Es sei ja zu begrüßen, wenn „auch aus dem Gemeinderat eigene Ideen zur Unterstützung des Handels und der Gastronomie entwickelt werden“. Allerdings sei fraglich, „ob eine Bezuschussung von alkoholischen Getränken in der vorgeschlagenen Form rechtlich und praktisch überhaupt möglich ist“. Für ihn ist die Sache vom Tisch. Es gebe gar keine Haushaltsmittel.
Jetzt herrscht Katerstimmung
Ohnehin ist im Gemeinderat schnell Katerstimmung eingekehrt. Als die Räte nach der denkwürdigen, aber trockenen Sitzung um 23 Uhr in einer Gaststätte zur Nachsitzung vorstellig wurden, sahen sie sich jäh ausgebremst. Der Zapfhahn sei geputzt, sagte der Wirt. „Heute gibt’s nichts mehr.“