Denise Bettelyoun hat 13 Besucher des Maschenmuseums in ihre Performance eingebunden und lebende Kunst geschaffen. Foto: Bender

Menschen sind rettungslos in- und miteinander „verstrickt“ – das sollte eine Performance der Künstlerin Denise Bettelyoun im Tailfinger Maschenmuseum deutlich machen.

Geschäftig läuft die schwarz gekleidete Frau mit den beiden geflochtenen Zöpfen vor der 13 Köpfe zählenden Besucherkulisse und den Exponaten ihrer Ausstellung „Hyperloops“ auf und ab. Einem mitgebrachten Weidenkorb entnimmt sie Garn und begibt sich damit zu einer textilen Skulptur, die ganz entfernt Assoziationen an die antiken Statuen der kleinasiatischen „Magna Mater“ weckt.

 

Foto: Bender

Der Torso ist bein- und kopflos; dafür hängen an den ausbreiteten Ärmeln des gestrickten Textils jeweils vier Brüste, die unwesentlich kleiner sind als die beiden, die anatomisch korrekt über dem Sternum platziert sind. Macht insgesamt zehn Brüste, durch deren Nippel Denise Bettelyoun nun mit einer Nadel einen langen Faden nach dem anderen zieht. Nachdem sie fertig ist, kommentiert sie: „Immer nur geben. Das Gefühl, leer zu sein. Warum saugst du immer noch an mir?“

Bestrickend sind Denise Bettelyouns Kunstwerke. Foto: Bender

Als nächstes hebt sie einen großen Stein auf – auch er ist nicht das, was er zu sein vorgibt, sondern umstrickt. Die Künstlerin wirft ihn einige Meter von sich, hebt ihn auf, wirft ihn wieder von sich. Das wiederholt sie mehrmals; dabei murmelt sie „Den Stein nehmen und werfen“ vor sich hin. Kindlich mutet das an, auch weil der Satz ebenfalls mehrmals wiederholt wird. Danach stellt Denise Bettelyoun – buchstäblich – eine Frage in den Raum: „Warum wollen wir immer dahin, wo wir nicht sind?“

„Was will sie mir sagen?“

Wer ihr das beantworten könnte!? „Was will sie mir damit sagen?“ dürfte so manches Besuchergehirn rätseln. Dabei bleibt es freilich nicht; Denise Bettelyoun macht ihre 13 Gäste alsbald zu einem Teil der textilen Performance, lässt sie in einem Kreis auf dem Boden Platz nehmen über die Verteilung der Geschlechterrollen sinnieren.

Unterdessen läuft ein roter Faden durch die 26 Hände, immer rundherum, nimmt dabei mehr und mehr Maschen und verwandelt sich ganz allmählich in ein Strickwerk. Zwölf der 13 sind Frauen, meist älteren Semesters, und offensichtlich ziemlich bewandert in Handarbeit. Doch auch der einzige Mann in der Runde hat, wie er berichtet, in seiner Jugend das Stricken gelernt.

Die Sicht aufs Leben ändern

Die Beziehungen der Menschen sind untereinander verstrickt

Aber noch einmal: „Was will sie damit sagen?“ Wohl, dass die Menschen miteinander verstrickt und ihre Beziehungen „verwickelt“ sind – textile Materialien, so ihre Erfahrung, eignen sich hervorragend, um Fragen über Rollen und Beziehungen zu formulieren, Blickachsen zu durchbrechen und Objekten eine neue Funktion, eine neue Bedeutung zuzuweisen. Schließlich, so Bettelyoun, seien viele Sehgewohnheiten und Perspektiven einfach nur anerzogen; sie können modifiziert werden. Mit der Sicht auf das Leben aber – die positiv oder negativ sein kann – ändert sich auch das Leben selbst.

Wer „Mammophobia“, „Vulva“, „Phallus“ und weitere Exponate der Ausstellung „Hyperloops“ im zweiten Stock des Tailfinger Maschenmuseums betrachten will, hat bis zum Sonntag, 26. Februar, Gelegenheit dazu. Die Finissage beginnt um 14 Uhr; Denise Bettelyoun wird erneut vor Ort sein.