Der ehemalige FDP-Vorsitzende Martin Bangemann ist tot. Foto: dpa/Jörg Schmitt

Als Bundeswirtschaftsminister hatte der FDP-Politiker Martin Bangemann keinen leichten Stand. In der EU hingegen war er ein angesehener Kommissar. Am Dienstag ist er in Frankreich gestorben.

Der ehemalige Bundeswirtschaftsminister und EU-Kommissar Martin Bangemann (FDP) ist tot. Er starb im Alter von 87 Jahren. Nach Angaben seines früheren Pressesprechers war Bangemann in seinem Haus im französischen Département Deux-Sèvres am Dienstag einem Herzinfarkt erlegen.

„Als überzeugter Liberaler hat sich Martin Bangemann über Jahrzehnte für Europa und für Deutschland leidenschaftlich engagiert und in zahlreichen Funktionen große Verantwortung übernommen“, teilte der FDP-Bundeschef Christian Lindner mit. „Er war ein leidenschaftlicher Liberaler, ein Streiter für die Soziale Marktwirtschaft und vor allem ein großer Europäer“, schrieb Lindner auf Twitter.

Auch der Landesvorsitzende der FDP Baden-Württemberg, Michael Theurer, äußerte sich zum Tod des Politikers:

„Mit Dr. Martin Bangemann verlieren wir Freie Demokraten einen leidenschaftlichen Liberalen und großen Europäer. Während seiner fast sechzigjährigen FDP-Mitgliedschaft hat Martin Bangemann nicht nur auf Bundes- und Landesebene bleibende Spuren hinterlassen, sondern auch als maßgeblicher Mitgestalter des Europäischen Binnenmarkts Geschichte geschrieben.

Als Mitverfasser der Freiburger Thesen hat Martin Bangemann gemeinsam mit Werner Maihofer und Walter Scheel die inhaltliche Modernisierung der FDP vorangetrieben. Unter seinem Vorsitz verzeichnete die FDP als einzige Partei in allen Wahlen in Bund und Ländern Stimmenzuwächse und kehrte nach den Turbulenzen des Koalitionswechsels 1982 in alle Landtage zurück.

Martin Bangemann war Initiator und Mitbegründer der ersten europäischen Parteien-Föderation, die als ELD (Europäische Liberale und Demokraten) 1976 in Stuttgart gegründet worden ist.

Die FDP Baden-Württemberg, deren Mitglied Martin Bangemann war, verneigt sich in Respekt und Anerkennung vor seiner Lebensleistung. Unsere Gedanken sind bei seiner Familie.“

Der am 15. November 1934 in Wanzleben in Sachsen-Anhalt geborene Bangemann trat 1963 in die FDP ein und arbeitete als Rechtsanwalt in Baden-Württemberg. Im dritten Anlauf gelang ihm 1972 der Sprung in den Bundestag. 1974 wurde der promovierte Jurist Generalsekretär der FDP, allerdings gab er das Amt nach einem Jahr bereits wieder ab.

Von 1974 bis 1978 war Bangemann FDP-Landesvorsitzender in Baden-Württemberg und von 1985 bis 1988 Bundesvorsitzender der Freien Demokraten.

Als Parteichef konnte er jedoch nicht aus dem Schatten seines charismatischen Vorgängers Hans-Dietrich Genscher treten.

Als Bundesminister für Wirtschaft war er zwischen 1984 und 1988 Mitglied der Bundesregierung

Als Bundesminister für Wirtschaft war er zwischen 1984 und 1988 Mitglied der Bundesregierung. Probleme wie die hohe Arbeitslosigkeit sowie die Stahl-, Kohle- und Werftenkrisen belasteten seine Amtszeit. Er verzichtete schließlich auf Minister- und Parteiamt und wechselte nach Brüssel.

Dort hatte Bangemann, der als Genussmensch bekannt war, deutlich mehr Fortüne. Von 1989 bis zum geschlossenen Rücktritt der Europäischen Kommission 1999 gestaltete er als EU-Kommissar den Europäischen Binnenmarkt, die EU-Industriepolitik, die europäische Informationsgesellschaft und die Liberalisierung der Telekommunikationsmärkte.

Dann wechselte Bangemann 1999 aus der Europapolitik direkt als Berater zum spanischen Telekommunikationskonzern Telefónica. Dies stieß in der Öffentlichkeit und auch innerhalb der FDP auf scharfe Kritik. Die Vorwürfe möglicher Interessenskonflikte wies er jedoch zurück.

Bangemann hinterlässt nach Angaben des ehemaligen Sprechers eine Frau, Kinder und Enkelkinder. Die Trauerfeier finde im engsten Familienkreis in Frankreich statt.