Die Freudenstädter Kantorei und das Barockorchester der Stadtkirche unter Leitung von Kirchenmusikdirektor Jörg M. Sander mit den Solisten Katharina Theresa von Bibra, Livia Kretschmann, Hubert Mayer und Florian Hartmann sowie Karl Echle an der Truhenorgel bei der Aufführung der „Markuspassion“. Foto: Silvia Lorek

Die „Markuspassion“ in einer Fassung Bachs wurde in der Freudenstädter Stadtkirche zu einem ganz besonderen Hörerlebnis.

Einen geeigneteren Einstieg in die Karwoche wie mit der „Markuspassion“ des Opernkomponisten Reinhard Keiser unter der Leitung von Kirchenmusikdirektor Jörg M. Sander hätte es kaum geben können.

 

Die Freudenstädter Kantorei, das Barockorchester der Stadtkirche mit Konzertmeisterin Benedetta Costantini sowie Kirchenmusikdirektor Karl Echle an der Truhenorgel konzertierten gemeinsam mit den hervorragenden Solisten, Katharina Theresa von Bibra (Sopran), Livia Kretschmann (Alt), Hubert Mayer (Tenor) und Florian Hartmann (Bass). Alle zusammen ließen dieses ernste Werk auf beeindruckende Weise erklingen.

Konzert in einer Fassung von Johann Sebastian Bach

Ob diese „Markuspassion“ tatsächlich dem Komponisten Reinhard Keiser (1674 bis 1739) zugeschrieben werden kann ist nicht einwandfrei belegt. Dass Johann Sebastian Bach sie mehrfach aufgeführt hat dagegen schon. In der Stadtkirche kam die „Passio Jesu Christi Secundum Marcum“ in einer Fassung Bachs, wie er sie um 1712 am Hofe von Weimar zur Aufführung gebracht hatte, zu Gehör.

Fantastisch gesungene Arien und eindrucksvolle Sinfonien

Die zahlreichen Konzertbesucher lauschten andächtig neun fantastisch gesungenen Arien der Solisten in allen vier Stimmlagen. In die alte Zeit versetzte das Orchester durch mehrere eindrucksvolle Sinfonien, die von den Streichern sanft, der Passion entsprechend, in traurig-düsterer Weise gespielt wurden.

Das Orchester und der große Chor führten eindrucksvoll mit „Jesus Christus ist um unser Missetat willen verwundet“ in die Handlung ein. Tenor Hubert Mayer übernahm die Rolle des Evangelisten, der durch die gesamte Leidensgeschichte Jesu führte. Er wurde mit sanften Tönen von Oswald Habermehl an der Laute und von Karl Echle an der Truhenorgel begleitet.

Solistin sorgt für Gänsehaut

Florian Hartmann (Bass) sang die Worte Jesu im Zwiegespräch mit dem Evangelisten, wunderbar auch in den tiefsten Tönen, wie bei „wahrlich , ich sage dir, heute, in dieser Nacht, ehe denn der Hahn zweimal krähet, wirst du mich dreimal verleugnen“ und verbreitete dadurch die aufkommende Düsternis der Geschichte.

Strahlende Leuchtkraft verlieh Katharina Theresa von Bibra nicht nur mit dem „Choral „Was mein Gott will, das g’scheh allzeit“ mit ihrer hellen Sopranstimme, sondern vor allem bei den Sopran-Arien. Mit „O Golgatha…, hier ist es, wo der Heiland starb“, sorgte sie für Gänsehaut.

Livia Kretschmann beeindruckte mit dem warmklingenden Timbre ihrer Stimme als Hohepriester beim Recitativ mit Markus und Jesus oder als Hauptmann und ebenso bei den Alt-Arien.

Chor der Freudenstädter Kantorei zeigt sich stimmgewaltig

Während der „Markuspassion“ brachte sich der große Chor der Freudenstädter Kantorei immer mal wieder stimmgewaltig turbulent in das Geschehen mit ein. Mit einem beeindruckenden Schluss-Choral, gemeinsam mit den Solisten, wurden „Traurigkeit und Herzeleid“ über den Tod Jesu eindrucksvoll hörbar, bis hin zum variantenreichen und zuletzt doch einstimmigen „Amen“.

Statt Applaus gab es andächtiges Glockengeläut

Sehr bewegend war es am Ende des Konzertes, denn anstelle von Applaus und Beifallsbekundungen erhoben sich alle von ihren Plätzen und folgten damit der Einladung, der ernsten Thematik des Werkes angemessen, schweigend auf die Christus-Glocke (Gloriosa) zu hören.