Eine Großbaustelle klafft am Hechinger Marktplatz. Und ein großer Kran zeigt, dass auch hinter dem ehemaligen Spielwarengeschäft Strobel mächtig gebaut wird. Mittendrin ein Gebäuderest, der Fragen aufwirft.
Zunächst mal zur Kuriosität auf dieser Baustelle: eine klassische Altstadt-Situation. Die Gebäudeausbuchtung, die etwas irritierend in die Großbaustelle hineinragt, gehört Dieter Strobel. Aber der Luftraum darüber darf Optik Schlay wieder nutzen, um dort ein neues Gebäude zu errichten, das in etwa der Bauform des Vorgängerbaus entsprechen wird. Unser Gebäude wird in Holzbauweise erstellt. Der Teil über dem Strobel-Häuschen wird wie eine Art Balkon konstruiert, belastet das untere Gebäude also nicht“, erklärt Juniorchef Benjamin Schlay.
Vielleicht ist das auch ganz gut so, denn der Gebäuderest dürfte schon ziemlich alt sein. Und er hat eine lustige Geschichte, wie Dieter Strobel auf Nachfrage unserer Zeitung berichtet. „Ich habe mir das von meiner Mutter erzählen lassen, und die hat das auch nicht selbst gesehen sondern erzählt gekriegt“, betont er.
Großbaustelle ist von außen nicht einsehbar
Aber es muss dort wohl vor über 100 Jahren ein Metzger aus dem Steinlachtal eine Filiale in dem kleinen Gebäude eingerichtet haben. „Der hat seine Ware mitgebracht und nur dort verkauft“, so Strobel. Und in der flachen Etage über dem Laden hat er dann wohl unter der Woche gewohnt. „So weit wie ich weiß, war das historisch gesehen die erste Metzger-Filiale weithin“, vermutet er.
Dass dieser Gebäudeteil nun ihm gehört, sei ein Vorteil für die Ladenzeile des ehemaligen Spielzeuggeschäfts, berichtet er. „Dadurch ist unsere Schaufensterfläche erheblich größer, als wenn wir nur das eigentliche Gebäude hätten“. Was mit dem Geschäft allerdings in nächster Zeit passiert, muss er offen lassen. „Der Schwerpunkt der Bauarbeiten ist ja dahinter“, erklärt er. Am Vordergebäude habe der Denkmalschutz nicht nur die Fassade unter Schutz gestellt, „was ich ja sehr gut verstehen kann“, sondern auch die gesamte Gebäudesubstanz dahinter. Da sei man am Verhandeln.
Absolut erstaunlich aber ist, was sich in dem Innenhof abspielt, der sich hinter dem früheren Café Tagblatt befand. Diese Baustelle ist von außen nirgends einsehbar, dafür aber umso spektakulärer. Hier wurden alte Werkstattgebäude abgerissen um Platz zu schaffen für ein topmodernes Gebäude, das einmal Platz für acht Wohnungen bieten wird. Mit Aufzug, Räumen für E-Bikes.
Zeitplan bis Fertigstellung gibt es aktuell nicht
Zugänglich sowohl von der Schloßstraße her als auch vorne durch den historischen Zugang am Rain. Die Wohnungen erhalten Balkone, und wer ganz oben wohnt, hat einen spektakulären Blick. Modernes Wohnen mitten in der Altstadt – das dürfte sehr begehrter Wohnraum werden.
Allerdings: „Einen Zeitplan, bis wann das fertig ist, kann ich aktuell nicht geben“, immerhin dauern die Bauarbeiten jetzt schon vier Jahre, „und damit habe ich am Anfang auch nicht gerechnet“. Aber wer in einer Altstadt baut, hat mit Denkmalamt, anderen Behörden, nicht zuletzt aber auch mit einer umgebenden Bausubstanz zu tun, die allesamt sehr komplexe Aufgaben an einen Bauherren stellen. Dazu kommen immer wieder Überraschungen, wenn Plan und Realität auf der Baustelle leicht auseinanderklaffen. „Ich bin täglich auf der Baustelle“, sagt Dieter Strobel und wirkt dabei so, als ob ihm die Sache schon Spaß macht.
Mut und die Bereitschaft, bei einer Investition keine kurzfristige Rendite im Blick zu haben, gehört wohl auch dazu. Wer durch die Baustelle läuft, sieht Reste alten Gemäuers, die eventuell mal Stall waren oder Werkstatt. Viel Fachwerk, aber auch moderne Einbauten, die teilweise noch herausgebrochen werden sollen. Das wird noch dauern. Was Dieter Strobel dabei wichtig ist: „Unsere Baustelle wird nicht vom Marktplatz her bedient sondern ausschließlich über die Schlossstraße.“