Der Standort ist für eine Markthalle der entscheidende Erfolgsfaktor. Im Bild ein Blick in die Stuttgarter Markthalle. Foto: Mierendorf

Markthallen können Städte beleben - Über den Erfolg entscheidet vor allem der Standort.

Stuttgart - Markthallen sind im Trend. Auch wenn die Supermärkte der Gründerzeit schon lange nicht mehr der Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln dienen. Doch längst nicht alle Markthallen in Deutschland profitieren davon. Trotz ihrer Beliebtheit kämpften vielerorts Markthallen mit Umsatzproblemen, ergab schon 2010 eine Untersuchung der GfK Geo Marketing.

Diese Sorgen muss sich Karl Kübler, Geschäftsführer der Märkte Stuttgart und zuständig für die Stuttgarter Markthalle, nicht machen. „Wir sind voll ausgelastet und haben sogar eine Warteliste”, freut sich Kübler. Dass die eine oder andere Markthalle in Deutschland Probleme hat, ist dem Marktexperten wohlbekannt. Kübler kennt einige Markthallen, die Belegungsdefizite haben und diese Löcher durch Discounter zu stopfen versuchen, auch wenn es gar nicht zum Konzept passe. Gerade Objekte, die von privaten Investoren neu errichtet würden, müssten vom ersten Tag an eine Rendite erwirtschaften. „Da bleibt dann oft kein finanzieller Spielraum bei der Miete.” Der wäre aber notwendig, damit sich das Geschäft des Händlers entwickeln kann, ist die Erfahrung von Karl Kübler. Der Geschäftsführer empfiehlt Investoren, die sich über das Konzept der Stuttgarter Markthalle informieren, eng mit der jeweiligen Kommune zusammenzuarbeiten, in der sie ihr eigenes Projekt planen.

Das ist aber nicht immer ganz einfach. „Manche Kommune vergisst bei ihren Planungen den Handel”, kritisiert Sabine Hagmann, die Geschäftsführerin des baden-württembergischen Handelsverbandes. Damit der Handel die Städte beleben könne, brauche es vor allem Verkehr. Diskussionen um die weitere Reduzierung von Parkraum und der Glaube an den Tourismus allein helfen da nicht weiter. „Schließlich will der Mensch in der Stadt vor allem einkaufen”, so Hagmann.

Lage mit hoher Passantenfrequenz

Deshalb spielt bei der Planung einer neuen Markthalle auch die Lage eine entscheidende Rolle. „Die Markthalle an sich ist kein Frequenzbringer. Sie braucht ein bestimmtes Umfeld, in dem sie sich entwickeln kann”, sagt Markthallenchef Kübler. Das sieht auch Wilfried Weisenberger so. Für den Fürther Standort- und Kommunalberater, der im zurückliegenden Jahr im Auftrag der GfK die Untersuchung durchführte, sind Markthallen besonders auf einen guten Standort angewiesen. Dazu zählt der Experte die innerstädtische Haupteinkaufslage mit einer hohen Passantenfrequenz, eine sehr gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr, eine gute Erreichbarkeit mit dem Pkw sowie Synergien mit dem Einzelhandel, der Gastronomie und den öffentlichen Einrichtungen im Umfeld. Daneben müsse aber auch die Struktur der Händler auf die Lage sowie das Standort- und Wettbewerbsumfeld abgestimmt sein, so Weisenberger.

Markthalle steht für Frische

Das ist auch für den Stuttgarter Markthallenchef ein ganz wichtiger Punkt. „Markthalle heißt in Stuttgart Frische. Da darf es nicht nach Pommes oder Kebab riechen”, umschreibt er grob das Belegungskonzept. Und das wird streng ausgelegt und überwacht. Auch wenn der eine oder andere Händler schon seit vielen Jahren seinen Platz in der Markthalle hat, werden die Plätze nicht automatisch von einer Generation auf die nächste übertragen. „Wir schauen uns bei einem Wechsel ganz genau an, ob wir mit dem bisher angebotenen Sortiment weitermachen oder ob wir etwas anderes wollen”, sagt Kübler aus Überzeugung. Schließlich muss er sich auch keine Sorgen um die Auslastung machen. Die Nachfrage nach einem Platz in der Stuttgarter Markthalle sei recht groß, auch wenn nicht alle Anfragen geeignet seien, so der Geschäftsführer.

Das liege auch daran, dass sich die deutschen Vorzeige-Markthallen wie zum Beispiel in Stuttgart statt mit dem sogenannten Einerlei der Lebensmittelketten als exquisite Einkaufsstätten präsentierten, die Spezialitäten aus vielen Ländern und Delikatessen aus der Region anböten, erklärt Experte Weisenberger, der auch in der historischen Architektur einen gewissen Erfolgsfaktor mancher Markthalle in Deutschland sieht. Diese könne für das entsprechende Flair sorgen, meint der Experte.

So viel Geschichte erfordert allerdings Zugeständnisse. In der 1972 unter Denkmalschutz gestellten Stuttgarter Markthalle brauche man fast für jeden Dübel die Zustimmung der Denkmalbehörde, merkt Karl Kübler schmunzelnd an, um dann doch zu relativieren: „Na ja, nur bei den großen Kleinigkeiten will das Amt mitreden.” Zum Beispiel bei den Fenstern, die jetzt saniert werden sollen. „Billiger wäre es sicher, einfach neue Fenster einzubauen.” Ein Gutachter soll demnächst entscheiden, wie die Fenster saniert werden müssen.

"Das Historische leben lassen"

Einige Hunderttausend Euro investiert die Märkte Stuttgart GmbH jährlich, „um das Historische in der Markthalle leben zu lassen”. Hinzu kommt ein Hausmeisterservice, der an heißen Tagen mehrmals aufs Dach steigen muss, um die historischen Dachfenster zwecks einer besseren Durchlüftung zu öffnen. Das ginge zwar heute auch hydraulisch zu bewerkstelligen, für Denkmalschützer wäre das aber undenkbar. „So arbeiten wir halt wie früher mit der Hand am Arm”, erklärt Kübler schmunzelnd.

Neue Markthallen-Formate entstehen in Toplagen

Neben traditionellen Markthallen wie in Stuttgart haben sich im Laufe der Jahre auch neue Markthallenformate herausgebildet. Man findet sie meist in den Toplagen der Innenstädte. Einige davon sind auf Gastronomie oder Veranstaltungen ausgerichtet. Aber ihre Verkaufsflächen sind deutlich kleiner (zwischen 500 und 2500 Quadratmeter). Statt Feinkost gebe es hier Weintheken, Cafés und Schnellimbissstände, die vor allem zur Mittagszeit oder während Veranstaltungen besucht seien, erklärt Weisenberger. Viele Entscheider hätten offenbar das Grundproblem des Standorts erkannt und folgerichtig nach Standorten gesucht, wo die Menschen nach Erlebniskonzepten suchten, so der Experte. Für Markthallen, die als Einzelhandelsimmobilien aufgrund ihrer Lage nicht mehr funktionieren, hat allerdings auch Weisenberger kein Patentrezept: In manchen Fällen möge ein neues und ganz anderes Konzept der Kommune ermöglichen, dem Objekt eine sinnvolle neue Nutzung zu verschaffen - zum Beispiel als Kultureinrichtung. „Manchmal braucht es aber nur die richtige Idee für das jeweilige Objekt am jeweiligen Standort”, glaubt Weisenberger.