Viele Immobilienmakler in der Region tun sich derzeit schwer bei der Akquise neuer Objekte. Insbesondere der Stuttgarter Markt ist leer- gefegt. Nur wer den Kontakt zu seinen Bestandskunden pflegt, hat eine Chance, sagen Experten. Die Branche hat bereits reagiert. Foto: Mierendorf

Das Geschäft ist für Immobilienmakler derzeit nicht einfach. Große Nachfrage und ein viel zu kleines Angebot.

Stuttgart - Professor Stefan Kippes ist derzeit in der Maklerszene ein gefragter Mann. Im Auftrag des IVD Immobilienverband Süd ist der Geschäftsführer des IVD-nahen Marktforschungsinstituts unterwegs, um Makler in die Kunst der Auftragsakquisition beziehungsweise des After-Sales-Marketings einzuweihen. Hinter dem Anglizismus steckt etwas, was Autohändler, Hotelketten oder Möbelhäuser seit Jahrzehnten erfolgreich praktizieren: Kundenbindung. „Manche Immobilienmakler haben das Thema viele Jahre einfach schleifen lassen.

Jetzt, wo das Geschäft nicht mehr so gut läuft, suchen sie nach Ideen”, stellt Kippes fest. Einige Makler verfielen dabei auch auf eine alte Unsitte der Branche, an der Provisionsschraube zu drehen, moniert Kippes. Normalerweise würden Makler vom Verkäufer und vom Käufer in Süddeutschland jeweils drei Prozent Provision erhalten. Mittlerweile sollen einige Makler bei manchen Objekten sogar komplett auf die Verkäuferprovision verzichten, hört man aus der Branche. Dies sei aber eine Milchmädchenrechnung, so der Experte. Letztendlich zahle auch der Verkäufer einen Teil der Provision, da deren Grundlage immer der erzielte Preis für die Immobilie ist. Kippes rät den Seminarteilnehmern, an einem einmal gewählten Provisionssystem festzuhalten. Zumal das Maklergeschäft auch ein Empfehlungsgeschäft sei und man bei wechselnden Provisionssätzen sehr schnell in Erklärungsnot gegenüber dem Kunden gerate. Dass viele Makler in der Vergangenheit zu wenig Zeit für das Beziehungsmanagement aufwendeten, ist für Professor Kippes, der an der HfWU Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen die deutschlandweit einzige Professur für Immobilien-Marketing innehat, nachvollziehbar.

„Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt”

„Viele Makler hatten in der Vergangenheit nur das aktuelle Geschäft im Blick, weil sie davon ausgingen, dass die meisten ihrer Kunden für viele Jahre durch den Immobilienkauf gebunden sind.” Dabei sei gerade das Maklergeschäft in einem sehr hohen Maße von Empfehlungen abhängig. „Wer heute mit der Abwicklung seines Immobilienkaufs zufrieden war, wird vielleicht auch seinen Freunden den Makler empfehlen”, ist Kippes überzeugt. Dazu muss sich der Makler aber immer wieder bei seinen alten Kunden in Erinnerung bringen. Kippes warnt andererseits vor allzu aufdringlichem Nachhaken per Telefon. Gefragt sei die professionelle Kundenpflege, bei der man dem Kunden zum Jahrestag des Einzugs auch schon mal eine nette Karte oder zum Sommerbeginn einen Wasserball als nettes Give-away schicken könne. „Der Fantasie sind hier keine Grenzen gesetzt”, macht der Professor Nachahmern Mut, auch kreative Wege zu beschreiten. Für Dipl.-Immobilienökonom Alfred Hildebrandt aus Stuttgart-Degerloch ist das Beziehungsmanagement eine Selbstverständlichkeit und die Grundlage für nachhaltigen Erfolg.

Der Makler aus dem Stuttgarter Stadtbezirk Degerloch setzt schon immer auf Kundenpflege, wie er sagt. Allerdings sei es mit der Geburtstagskarte allein nicht getan. „Kreativität ist wichtig.” Denn der Immobilienmarkt sei in Stuttgart praktisch leergefegt, und es sei wichtig, sich mit guten Ideen von der Konkurrenz abzuheben. Das manche Makler potenzielle Hausverkäufer grundsätzlich damit locken, keine Provision zu verlangen, hält Hildebrandt dennoch für falsch. „Wenn die Qualität stimmt, muss der Makler für seine Dienstleistung auch Geld bekommen”, ist seine Meinung. Hier kann bei den Verkäufern und Käufern nur eine Akzeptanz erreicht werden, wenn der große Aufwand einer professionellen Verkaufsabwicklung wie für Marketing und Backoffice für den Kunden deutlich ist. Allerdings schränkt Hildebrandt ein: Die Provision sollte immer im gesunden Verhältnis zum Aufwand beim Verkauf der Immobilie stehen. Für den Ludwigsburger Makler Jürgen Pflugfelder, der im letzten Jahr eine Dependance in Stuttgart eröffnete, wird über die Provision nicht verhandelt. „Wenn die Dienstleistung stimmt, hat der Makler sich seine Provision auch verdient”, sagt Pflugfelder mit Blick auf die aktuelle Angebotssituation bei Immobilien zum Verkauf. Auch er setzt in seinem Unternehmen auf Beziehungsmanagement.

Keine Zugeständnisse bei den Provisionen

„Die Kunden erwarten heute von einem Makler, dass sie nicht nur während des Verkaufsprozesses umfassend betreut werden.” Ähnliche Erfahrungen hat auch Stephan Philipp von Engel & Völkers in Stuttgart gemacht. „Viele Kunden betreuen wir schon seit Jahren.” Manche kamen zu Engel & Völkers, weil sie eine Wohnung zur Miete suchten. Irgendwann kam dann die Eigentumswohnung, das Haus oder die Ferienwohnung hinzu. „Wir versuchen mit unseren Kunden immer in Kontakt zu bleiben, sofern es gewünscht wird”, erklärt Philipp die Philosophie seines Hauses.

Allerdings macht auch Philipp keine Zugeständnisse bei den Provisionen, wenn der Kunde ihn auf vermeintliche kostenlose Maklerangebote der Konkurrenz anspricht. Das sieht man auch bei Remax so. Kurt Friedl, der für den Südwesten Deutschlands verantwortliche Regionaldirektor der Makler-Franchiseorganisation, hält ebenfalls an der Drei-zu-drei-Standardregelung bei den Provisionen fest. Denn: „Der Makler hat sich seine Provision verdient”, erklärt er und führt auch die erheblichen Kosten für das Immobilienmarketing dabei ins Feld. Auch Remax setzt verstärkt auf After-Sales-Marketing. Dazu werden die Kunden unter anderem regelmäßig auf Veranstaltungen oder Events eingeladen. Bei Dr. Lübke Immobilien in Stuttgart sieht man das ähnlich. Zwar beobachtet Niederlassungsleiter Stephan Scheibe eine gewisse Tendenz, an der Provisionsschraube zu drehen, doch „gute Dienstleistung werde immer noch von den Kunden durch akzeptable Provisionen honoriert”, so Scheibe.