Polizisten stehen neben einem Leichenwagen vor der Dreifaltigkeitskirche in Heidenheim. Foto: dpa

Heidenheim nimmt mit einem Trauergottesdienst Abschied von der ermordeten Maria Bögerl.

Heidenheim - Es ist schwülheiß an diesem Mittwochmittag, die Luft raubt einem fast den Atem. Nicht nur draußen, auch drinnen in der Dreifaltigkeitskirche von Heidenheim. Über 1000 Menschen sind gekommen, um Abschied zu nehmen von Bankiersfrau Maria Bögerl. Die Frau des Heidenheimer Sparkassenchefs war am 12. Mai entführt und später ermordet worden. Am vergangenen Donnerstag wurde ihre Leiche in einem Wald unweit von Heidenheim gefunden. Vom Täter fehlt noch immer jegliche Spur, die Hintergründe der Entführung sind unklar, und die Verwirrung um die gescheiterte Übergabe des Lösegelds von 300.000 Euro nimmt von Tag zu Tag zu.

Aber an diesem Mittag ist davon erst einmal keine Rede. In der Kirche gibt es keinen Platz mehr, viele Trauernde müssen draußen bleiben und verfolgen die Feier über Lautsprecher. Schon Stunden vor Beginn hat sich eine lange Schlange vor dem ausgelegten Kondolenzbuch gebildet. Neben dem Buch steht das Bild der 54-Jährigen, umrankt von einem Trauerflor.

"In Heidenheim ist nichts mehr, wie es war", sagt ein Freund der Familie in einer Predigt. Der sinnlose Tod hinterlasse Verzweiflung, Wut und Leere, erklärt jener Pfarrer, der Maria Bögerl und ihren Mann Thomas vor 34 Jahren getraut hat. Immer wieder wischen sich Trauergäste ihre Tränen ab. Vor allem in jenem Moment, als sich die Kinder des Paares - Christoph und Carina - nach dem Beatles-Song "Yesterday" in bewegenden Worten an ihre Mutter erinnern und über ihre Trauer und Verzweiflung sprechen. 

"Die Warum-Frage beschäftigt uns"

"Sprachlos, hilflos, ratlos", so habe der Mörder von Maria Bögerl die Menschen in ihrer Umgebung hinterlassen, sagt der Pfarrer: "Das Unbegreifliche macht uns Angst. Die Warum-Frage beschäftigt uns. Warum Maria Bögerl, die niemandem etwas zuleide getan hat?" Sein Kollege schildert die Ermordete als lebensfrohe Frau, die viel gelesen und sich dabei mit der Frage nach dem Grund für Leid beschäftigt habe. Ihr soziales Engagement habe ihr hohe Achtung bei den Mitmenschen eingetragen. Er habe beobachtet, dass die Ermordung von Maria Bögerl die Stadt und ihre Bürger verändert habe.

Noch weiß man nicht, wer der Täter war. Polizei und Staatsanwaltschaft vermuten nur, dass er aus der Region stammt. Sie verlassen sich dabei auf die Aussagen von Thomas Bögerl. Der erhielt am Vormittag jenes 12. Mai den Anruf des Entführers und merkte sich, der Mann habe ein Schwäbisch gesprochen, wie man es in dieser Region kennt. Aber hilft das den Ermittlern?

Ermittler stehen vor einem Rätsel

So mischt sich in die Trauer eine Spur von Wut und Verzweiflung, denn die Ermittler stehen vor vielen Rätseln. Nicht nur, dass sich die Behörden und Witwer Bögerl in der Frage widersprechen, wer für die Pannen bei der Lösegeldübergabe verantwortlich ist. Noch immer ist auch unklar, ob es sich um einen oder mehrere Täter handelte. Polizei und Staatsanwaltschaft setzen weiterhin große Hoffnung in die Hinweise aus der Bevölkerung. Fast 3000 Hinweise gibt es bisher, eine heiße Spur ist noch immer nicht darunter.

Am Mittwochabend starteten sie einen neuen Versuch im ZDF bei "Aktenzeichen XY ... ungelöst". Hartmut Schröppel, Chef der Sonderkommission "Flagge", macht klar, was gesucht wird: Fotos aus dem Hof des Klosters Neresheim, wo das Auto der Frau am 14. Mai gefunden wurde. Oder Hinweise auf Handschellen der Marke Bianchi, die bei der Entführung der Frau verwendet wurden und nun aufgetaucht sind. Oder Tipps zum Aufenthaltsort eines Manns mit Pferdeschwanz, von dem es seit einigen Tagen ein Phantombild gibt und der am Tag der Entführung in der Nähe des Leichenfundorts gesehen worden war - als Anhalter.

So geht die Suche weiter. Sie wirkt zunehmend verzweifelt. So wie die neuerliche Anhebung der Belohnung. Bisher waren 100.000 Euro für Hinweise zur Ergreifung der Täter ausgesetzt, nun hat ein Privatmann 14.000 und die Staatsanwaltschaft 6000 Euro draufgelegt. Ob es hilft, die Rätsel dieses merkwürdigen Falles zu knacken?