Lachen als ein Lebenselixier: Margarethe Schwerdtfeger wird 101 Jahre alt. Foto: Gegenheimer

Ihren 101. Geburtstag feiert Margarethe Schwerdtfeger am Dienstag, 11. Januar. Seit knapp fünf Jahren lebt sie in einem Seniorenheim in Schwann. Die Zeit davor – also 96 Jahre – verbrachte sie in ihrer Geburtsstadt Bad Wildbad.

Bad Wildbad/Straubenhardt-Schwann - Ein Geschenk ist für Margarethe Schwerdtfeger der Blick aus ihrem Fenster im Schwanner Seniorenheim, wo sie seit knapp fünf Jahren lebt, direkt auf den Schwarzwaldrand an der Schwanner Warte. Hier feiert sie am 11. Januar ihren 101. Geburtstag. Denn Nordschwarzwald bedeutet Heimat für die Jubilarin. Wie es Tochter Dorothee Schumacher ausdrückt: "Sie ist Schwarzwälderin durch und durch!" Ein weiteres Geschenk ist die große Familie: zwei Kinder mit Ehepartnern, fünf Enkel und neun Urenkel, die an diesem Tag an sie denken.

96 Jahre ihres Lebens hat das Geburtstagskind in Bad Wildbad gelebt, war dort tief verwurzelt. Geboren wurde Margarethe Kolb als zweites Kind ihrer Eltern nur gut zwei Jahre nach Ende des Ersten Weltkrieges am 11. Januar 1921 in der Wildbader Rennbachstraße. 1935 erwarben die Eltern ein Haus in der Olgastraße im Herzen der Bäderstadt und führten dort fortan eine Pension mit zehn Zimmern. "Hoch, schmal, mit dreimal 18 Treppenstufen!", erinnert sich Tochter Dorothee an das Haus, dessen Betrieb ihre Mutter später übernahm und über das diese sagte: "Ihr rennt ins Sportstudio, ich laufe meine Treppen."

Zunächst aber geht die junge Margarethe Kolb in die Lehre beim Fernmeldeamt in Wildbad, damals noch ohne "Bad", wird "Fräulein vom Amt". Dann kommt der Zweite Weltkrieg. Ihr wenig älterer Bruder fällt früh – ein Schicksalsschlag. 1942 heiratet sie ihren Walter Schwerdtfeger. Die Trauung findet im Februar in seiner Heimat in Horrheim statt. Er hat Fronturlaub bekommen, alles muss schnell gehen. Trotzdem ist es etwas Besonderes: Es hat Schnee am Stromberg an diesem Tag, so viel, dass das Brautpaar mit dem Schlitten zur Kirche fährt. Pünktlich neun Monate später kommt Tochter Dorothee zur Welt.

Weil sie recht gut Französisch spricht, kann Margarethe Schwertfeger während der Zeit der Besatzung nach Kriegsende dolmetschen. Später arbeitet sie im Standesamt der Stadt. Erst 1949 kommt Ehemann Walter aus russischer Gefangenschaft zurück. Sohn Gerhard erblickt 1951 das Licht der Welt. Zunehmend übernimmt die junge Frau Verantwortung in der Pension, pflegt noch den kriegsversehrten Vater.

Noch heute Kontakt zu ehemaligen Gästen

In der aufstrebenden Kur- und Bäderstadt sind dem Ehepaar Schwerdtfeger dennoch gute Jahre vergönnt. Der Jahresrhythmus ist an die Pensionsgäste angepasst: In den eigenen Urlaub, meist nach Südtirol, geht’s im Spätherbst. Bis heute besteht im Übrigen Kontakt zu ehemaligen Pensionsgästen. Goldhochzeit können Margarethe und Walter Schwerdtfeger 1992 feiern, 1998 stirbt der Ehemann.

Wichtig ist dem Geburtstagskind stets das Vorankommen ihrer Kinder gewesen: Stolz ist sie, dass Sohn Gerhard Jurist wurde oder dass Tochter Dorothee die "Musik aus Dresden" in Birkenfeld aufgebaut hat. Auch an sich selbst hat sie immer hohe Anforderungen gestellt und Prinzipien gehabt – bis heute. Anderen zu helfen war selbstverständlich. "Sie hatte einige Zeit im Heim eine Mitbewohnerin", erzählt Tochter Dorothee, "die war blind. Dieser hat sie jeden Morgen erst aus dem Losungsbuch vorgelesen und dann aus dem Schwarzwälder Boten". Kirchliches Engagement war ihr in Bad Wildbad als langjähriger Kirchengemeinderätin ebenso wichtig wie die Unterstützung der Vereine, weiß die Tochter: "Ob der Heimat- und Geschichtsverein oder der Förderverein Trinkhalle, das hat einfach dazugehört." Nur mit dem Sich-helfen-lassen habe die Mutter als starke Persönlichkeit manchmal ihre Probleme. Ganz alleine habe sie mit knapp über 90 Jahren entschieden, dass die Pension verkauft werden solle: "Online gestellt" sollte sie werden, war das Originalzitat der Seniorin. Nach weiteren fünf Jahren in einer Wohnung in ihrer Geburtsstadt entschied sie wiederum, dass das Pflegeheim in Schwann ihr dauerhafter Wohnsitz werden sollte.

Unglaublich fit an Körper und Geist

101 Jahre – und unglaublich fit an Körper und Geist: die "guten Gene" sind das eine, Disziplin und starker Wille das andere. Wie Tochter Dorothee weiß, lässt die Mutter im Heim stets das Mittagessen aus – der Figur zuliebe. Und auch der Kopf kommt nicht zu kurz: Nach wie vor ist Margarethe Schwerdtfeger eine fleißige Leserin. Historische Romane, Biografien und Krimis sind ihr Lieblingslesestoff. "Sisi", einen Wälzer mit mehreren hundert Seiten, hat sie jüngst erst ausgelesen. Daneben löst sie gerne Kreuzworträtsel und schaut begeistert Sport im Fernsehen. Zu Lebzeiten ihres Mannes auch Fußball und Formel 1 – heute vor allem Wintersport. "Skispringen ist ihr Favorit", berichtet ihre Tochter, "zur Vierschanzentournee kann man sie alles fragen".

Ihren Geburtstag wird die Jubilarin ruhig verbringen: "Es ist ja kein runder." Pandemiebedingt kommen nur Sohn und Tochter zu Besuch. Enkel und Urenkel sieht sie noch einmal auf den Videos, die sie ihr bereits zum 100. geschickt haben. Und vielleicht gibt es ausnahmsweise – Figur hin oder her – ein Stück Geburtstagskuchen.