Gegen Hugo Hernan Garay (li.) kämpfte Marco Huck noch um den Weltmeistertitel im Cruisergewicht. Nun will er es im Schwergewicht wissen. Foto: dapd

Boxer Marco Huck über Respekt, seinen Aufstieg ins Schwergewicht und den WM-Kampf in Stuttgart.

Stuttgart - Marco Huck hat Großes vor: Am Samstag, 25. Februar, will er in Stuttgart  Weltmeister im Schwergewicht werden. „Ich habe Deutschland alles zu verdanken“, sagt der Boxer mit bosnia- kischen Wurzeln vor dem Kampf gegen Alexander Powetkin, „aber ich gebe Deutschland auch sehr viel zurück.“

Herr Huck, was denken Sie, wenn Sie den Namen Max Schmeling hören?
Er ist ein Jahrhundertsportler, der unglaublich viel für das Image von Deutschland getan hat. Leider habe ich ihn nie persönlich kennengelernt.


Sie könnten als erster Deutscher nach Max Schmeling Weltmeister im Schwergewicht werden.
Zunächst mal ist es eine ganz große Ehre für mich, dass mein Name in einem Atemzug mit Max Schmeling genannt wird. Und es ist natürlich ein sehr großes Ziel von mir, sein Nachfolger zu werden.

Haben Sie Kämpfe von ihm gesehen?
Klar, die gibt es ja auf You Tube. Und ich war auch bei der Premiere des Schmeling-Films mit Henry Maske in der Hauptrolle. Ich beschäftige mich intensiv mit ihm. In meinem Gym hängt ein großformatiges Bild von Max Schmeling an der Wand. Er ist mein großes Vorbild.

Warum?
Er war Weltmeister. Und er hat auch sozial und politisch sehr viel geleistet. Der Name Schmeling ist ein wichtiger Grund für mich, ins Schwergewicht zu wechseln.

Was motiviert Sie sonst noch?
Die sportliche Herausforderung. Im Cruisergewicht schlage ich jeden, den es gibt.

Firat Arslan hätte gerne gegen Sie geboxt.
Viele hätten gerne gegen mich geboxt. Firat Arslan ist ein großer Sportler, ich habe Respekt vor ihm und der Leistung, die er mit 41 Jahren noch bringt. Das ist für einen Boxer ja ein hohes Alter. Auch er ist ein Vorbild. Aber wegen ihm im Cruisergewicht bleiben? Nein.

Was erwartet Sie in der Königsklasse?
Ich bin ein Mann, der den Schlagabtausch sucht – also bin ich im Schwergewicht richtig.

"Ich bin keiner, der stehen bleibt"


Derzeit läuft in Ihrem Trainingslager in Kienbaum das Sparring.
Ja, und ich bin zufrieden. Wenn ein 120-Kilo-Mann versucht zu klammern oder sich auf mich lehnt, dann ist das natürlich anders als im Cruisergewicht. Und bei der Schlaghärte der Leute muss ich sehen, dass ich meinen Kopf häufiger aus der Schusslinie bekomme als sonst. Aber das gelingt mir gut. Und mit meiner Schnelligkeit bin ich Gift für meine Sparringspartner.

Trotzdem: Sie boxen gleich in Ihrem ersten Kampf um den WM-Titel des Verbandes WBA. Überschätzen Sie sich da nicht ein bisschen?
Ich bin eben ein Träumer, und bisher sind meine Träume alle in Erfüllung gegangen.

Wäre es nicht besser gewesen, zwei oder drei Aufbaukämpfe zu machen?
Das ist doch gerade das Interessante. Ob Holyfield oder Haye, alle hatten zuerst leichtere Gegner, bevor sie schließlich Weltmeister wurden. Für mich ist das nichts, ich will es direkt wissen. Es wäre etwas Einmaliges in der Boxwelt. Und ich will Geschichte schreiben.

Leicht wird das nicht. Sie treffen in der Stuttgarter Porsche-Arena auf Alexander Powetkin. Ihr Trainer Ulli Wegner meint, er sei eine Granate. Wie gut ist er wirklich?
Sehr gut. Er war Weltmeister und Olympiasieger bei den Amateuren, er ist als Profi ungeschlagen und auch hier Weltmeister geworden. Ich habe großen Respekt vor ihm. Allerdings sehe ich mich, im Gegensatz zu vielen Experten, nicht als Außenseiter.

Powetkin war immer schon Schwergewichtler. Wie viel haben Sie körperlich zugelegt?
Ich wiege um die 100 Kilogramm, acht oder neun mehr als früher.

Neun Kilogramm Muskeln?
Das werden Sie sehen, wenn ich in der Porsche-Arena im Ring stehe.

Fühlen Sie sich jetzt stärker?
Ich habe mich immer schon stark gefühlt, und ich habe mir immer schon viel zugetraut. Meine Kraftwerte sind besser als die vieler Schwergewichtler. Das einzige Problem ist, dass ich jetzt neue Klamotten brauche.

Haben Sie nun Ihr ideales Gewicht?
Ich habe über mich gelesen, ich wolle mit 115 Kilogramm in den Kampf gehen. Das ist natürlich Quatsch. Für mich war immer klar, dass ich nicht zu viel zulegen kann. Denn ich darf meine Explosivität und Schnelligkeit auf keinen Fall verlieren. Fakt ist aber: Ich habe zuletzt viel härter trainiert als früher. Ich bin viel sportlicher geworden.

Stimmt es, dass Sie sich viel von rohen Eiern mit Milch ernähren?
Ja, das habe ich mal in einem „Rocky“-Film gesehen. Und es hilft. Ich mache 200 Liegestützen, dann wechsle ich den Arm. Und ich bin damit Weltmeister geworden.

Sie waren früher Kickboxer. Warum haben Sie die Kampfsportart gewechselt?
Ich bin keiner, der stehen bleibt. Ich will immer weiter. Nachdem ich Weltmeister im Kickboxen geworden bin, stand ich in Paris vor dem Spiegel, habe mit dem Finger auf mich gezeigt und zu mir gesagt: Jetzt erfüllst du dir den nächsten Traum und wirst Weltmeister im Boxen.

Angenommen, Sie schlagen Powetkin und holen tatsächlich den WBA-Gürtel. Geht es dann gegen die Klitschkos?
Dieser Wunsch steht über allem. Vitali ist stärker als Wladimir, aber ich würde mir zutrauen, gegen beide zu gewinnen. Bisher machen sich doch alle in die Hosen, wenn es gegen die Klitschkos geht. Ich hätte genug Herz, um auch gegen sie aus allen Rohren zu schlagen. Aber jetzt hat Powetkin oberste Priorität. Alles andere wäre respektlos.

Sie sprechen viel von Respekt. Vor wem haben Sie am meisten Respekt?
Vor meinem Vater. Er ist alles für mich, für ihn würde ich alles tun. Er ist mit uns 1993 aus unserer Heimatstadt Novi Pazar in Serbien geflohen. Alles, was ich heute bin, habe ich ihm zu verdanken. Er ist unersetzbar.

Ihre Eltern hatten es nicht immer leicht mit Ihnen.
(lacht) Sie haben es immer noch nicht leicht.

Wie schwierig waren Sie als Kind?
Meine Eltern haben wegen mir viel zu früh graue Haare bekommen. Ich war ein hyperaktives Kind, habe viele Fehler gemacht, war ständig unterwegs, und manchmal bin ich auch zu spät nach Hause gekommen. Mein Vater hat mich immer wieder zurückgeholt und in die richtige Bahn gebracht.

Gab es auch die eine oder andere Schlägerei?
Meine letzte hatte ich in der Schule in der dritten Klasse. Meine Mutter hat schon damals gesagt: Schlage dich im Ring.

Die Familie ist sehr wichtig für Sie?
Ja, ich verbringe sehr viel Zeit mit meinem Bruder, er begleitet mich fast überall hin. Wir liefern uns heiße Kämpfe – beim Kartfahren. Das ist mein großes Hobby.

Und wer ist schneller?
Wenn ich hinten liege, ramme ich ihn.

Was haben Ihre Eltern eigentlich gesagt, als Sie Ihren Namen geändert haben?
Ich selbst habe den Namen nicht geändert, und für meine Eltern bin ich immer noch Muamer Hukic. Die meisten rufen mich aber „Huka“. Marco Huck ist ein Künstlername, das ist nicht weiter ungewöhnlich. In der Musikbranche kommt es ja auch häufig vor, dass ein Künstler nicht unter seinem bürgerlichen Namen bekannt wird. Doch ich muss zugeben: Marco Huck hat mir Glück gebracht.

Fühlen Sie sich als Deutscher?
Natürlich, ich lebe hier, und ich habe Deutschland alles zu verdanken. Aber ich gebe Deutschland auch sehr viel zurück. Ich repräsentiere dieses Land weltweit, und ich meine schon, dass ich dies gut mache.