Domenika Mayer (Zweite von links) gewann bei der Europameisterschaft in München mit dem deutschen Marathon-Team die Goldmedaille. Foto: Eibner

Die aus Mötzingen stammende Domenika Mayer gewann bei der Europameisterschaft in München mit dem deutschen Marathon-Team die Goldmedaille. An diesem Sonntag wird sie Ehrengast beim VfL Nagold sein, wo ihre Sportkarriere einst begann. Wir haben uns im Vorfeld mit der Polizistin unterhalten.

Domenika Mayer ist so etwas wie der Shooting-Star der deutschen Leichtathletik, auch wenn der Marathon vielleicht nicht ganz so im Blickpunkt steht wie manch andere Disziplin. In Hannover hat die 31-Jährige, die aus Mötzingen stammt, in diesem Jahr ihren ersten Marathonlauf absolviert und ist auf Anhieb deutsche Meisterin geworden.  Bei den European Championships in München hat sie mit dem deutschen Marathon-Team die Goldmedaille gewonnen. In der Einzelwertung belegte sie Platz sechs.

Domenika Mayer hat beim VfL Nagold mit der Leichtathletik begonnen. Ihren Lebensmittelpunkt mit ihrer Familie hat sie inzwischen in der Nähe von Sulzbach-Rosenberg in Bayern. Sportlich unterwegs ist die Polizistin für die LG Regensburg.

An diesem Sonntag wird Domenika Mayer zum 175-jährigen Festakt des VfL Nagold als sportlicher Ehrengast anwesend sein. Die Veranstaltung ist öffentlich und beginnt um 15 Uhr in der Stadthalle.

Frau Mayer, erst einmal Glückwunsch zur Goldmedaille bei den European Championships in München. Sie haben mit dem Sieg mit dem Marathon-Team für eine echte Überraschung gesorgt und einen echten Glanzpunkt gesetzt. Schildern Sie für Ihre Fans und unsere Leser Ihre Eindrücke, als klar war, dass Sie bei den European Championships Gold gewonnen haben?

Schon im Vorfeld waren die Erwartungen hochgesteckt. Wir wussten, dass drei Läuferinnen im Ziel eine Medaille deuten könnten. Nachdem Miri (Teamkameradin Miriam Dattke; Anmerkung der Redaktion) als Vierte im Ziel war und ich auf Platz sechs, warteten wir sehnsüchtig noch auf die Dritte. Und als Debbie (Deborah Schöneborn) auf Platz zehn ins Ziel kam war klar, dass wir Gold gewonnen hatten. Zu diesem Zeitpunkt überwog die Freude selbst eine so gute Platzierung erreicht zu haben und im Ziel zu sein. Als bei der Siegerehrung alle Leute in Jubel ausbrachen und wir die Nationalhymne singen durften realisierte ich so richtig, was es bedeutet Gold geworden zu haben – einfach riesige Freude.

Sie haben in diesem Jahr die gesamte Konkurrenz überrascht und sind in Ihrem ersten Marathonlauf überhaupt deutsche Meisterin geworden. Wie geht so etwas – und das mit einer Zeit von 2:26 Stunden?

Ich glaube, bei mir musste vor allem der Kopf dafür bereit sein. Im Januar hatte ich noch nicht darüber nachgedacht einen Marathon zu laufen. Als dann die Entscheidung gefallen ist, dass ich es macht, stand die Zeit auch gar nicht so im Fokus, sondern eher das erfolgreiche Durchkommen. Es geht mit ganz viel Mut und Training, einem unterstützenden Umfeld und einen gesunden Körper.

Wissen Sie noch, wer Ihnen zuerst gratuliert hat?

Bei den europäischen Meisterschaften hat mich als erstes Miri in den Arm genommen bei den deutschen Meisterschaften war es mein Mann. Zuerst gratuliert hat mir aber wahrscheinlich mein Pacemaker Simon Boch auf der Zielgeraden.

Als Sie in Hannover deutsche Meisterin geworden sind, waren die Bedingungen ja alles andere als einladend. Aber es heißt, dass Sie Kälte besser ertragen als Hitze. Stimmt das – und warum?

Die theoretischen Idealtemperaturen einen Marathon zu laufen, sind acht Grad und trocken. Das hängt damit zusammen wie viel Körperwärme man abgibt, aber nicht auskühlt. Wenn natürlich Regen und Wind dazukommen, dann wird es suboptimal. Wird es wärmer, schwitzt man unnötig Mineralstoffe raus, die man nur schwer während des rennens aufnehmen und verarbeiten kann. Ich hatte in München nicht mit der Hitze zu kämpfen. Wir waren gut vorbereitet, denke ich. Da kam uns zugute, dass wir im selben Klima leben und uns an die Hitze gewöhnt hatten. Des Weiteren hatten wir mit 21 Grad bessere Bedingungen als erwartet. Wir hätten ja auch 30 haben können.

Sie sind in den vergangenen Jahren zumindest auf oberster Ebene kaum in Erscheinung getreten. Wie kommt es zu solch einer Leistungsexplosion, vor allem, wie haben Sie es geschafft, auf Anhieb mit einer Superzeit deutsche Meisterin zu werden?

Ich würde das dementieren, dass ich nicht in Erscheinung getreten bin. 2020 war ich deutsche Crosslaufmeisterin. 2021 lief ich die zehntschnellste jemals gelaufene deutsche Zeit über den Halbmarathon. Ich war regelmäßig unter den Top 8 bei deutschen Meisterschaften auf mehreren Distanzen und München war das elfte Mal im Aufgebot der Nationalmannschaft. Die Silbermedaille von der Cross-Europameisterschaft und die Goldmedaille 10 000-Meter-Mannschaft sind aus der letzten Saison. Dass die Zeit einfach aus konstantem Training mit Mut zu Neuem resultierte, habe ich bereits erwähnt. Klar mag ich da gerne meinen Pacemaker mit anführen, der einen Super-Job gemacht hat.

Sie kommen ja eigentlich von der Langstrecke, aber Marathon ist ja nun noch etwas anderes. Wann haben Sie sich für die 42 Kilometer entschieden?

Unser Ziel war die Europameisterschaft, und wir waren überzeugt, dass wir auch die Qualizeit über 10 000 Meter schaffen können. Allerdings gab es da nur noch einen freien Platz neben Konstanze Klosterhalfen und Alina Reh, und beim Marathon waren es mit der WM insgesamt neun. Die Entscheidung fiel dann im Februar, als Miri in Sevilla ins Ziel lief – übrigens mit exakt derselben Zeit wie ich einige Wochen später in Hannover.

Sie wohnen mit Ihrer Familie war ein gutes Stück weg von Mötzingen und Nagold. Tauchen Sie dennoch dann und wann in Ihrer ehemaligen Heimat auf?

Klar. Auch meine Eltern gehören zu meinen größten Unterstützern. Wenn ein wichtiger Wettkampf ansteht, kann ich meine Mädels nicht mitnehmen. Da kommen dann meine Eltern zu uns oder wir bringen die Mädels vorbei. So kann mein Mann und Trainer mich begleiten. Anfangs haben wir es geschafft einmal im Monat die Oma zu sehen. So häufig klappt es derzeit nicht, aber auch Freunde treffe ich immer wieder gern aus Mötzingen und Umgebung.

Erinnern Sie sich noch an Ihre ersten Gehversuche in der Leichtathletik beim VfL Nagold?

Auf jeden Fall erinnere ich mich an die Zeit beim VfL. Auch da gibt’s die ein oder anderen Freundschaft fürs Leben. Genauso wie ich immer wieder dankbar bin für den Grundstein meiner ersten Trainer Martin und Dieter Ebmaier. In der Jugend war ich frustriert über den Satz: Wir glauben an den längerfristigen Erfolg und wollen Dich nicht kaputt trainieren. Jetzt weiß ich, was das für ein Privileg ist, solche Schutzengel gehabt zu haben. Auch meine Trainingstasche von damals steht noch bei mir zuhause. Ich denke auch noch an das erste Trainingslager in Schweden.

Welchen Disziplinen mochten Sie damals am meisten?

Klar mag man das, was man gut kann – also laufen. Trotzdem kann ich mich auch noch an die Siebenkämpfe und Blockmehrkämpfe erinnern. Es war einfach schön, gemeinsam Zeit zu verbringen. Wir hatten immer eine gute Gemeinschaft, und dann macht der Sport gleich viel mehr Spaß.

Nach ihrer aktiven Zeit in der Jugend haben Sie 2007 der Leichtathletik den Rücken gekehrt. Wann und hat bei Ihnen das Feuer wieder entfacht. Wann haben Sie sich entschlossen, doch wieder in die Leichtathletik einzusteigen?

Das Feuer wurde wieder entfacht, als ich bei der Polizei den 30-Minuten-Lauf absolvieren musste und gleich festgestellt wurde: Die hat Talent. Damals hatte ich nicht viel trainiert. Im Einstellungsjahr wurde ich zu Crossläufen geschickt und konnte mich auch beim DLV gleich für eine EM qualifizieren. Da wollte ich ja auch nicht unvorbereitet an den Start gehen. Und während dem Studium muss ich sagen, ist laufen auch echt praktisch, vor allem, immer überall und ohne großen Aufwand durchführbar. Dann habe ich meinen jetzigen Mann kennengelernt und so ging der Weg seinen Lauf.

Sie haben eine Ausbildung bei der Polizei gemacht. Was machen Sie dort?

Ich habe bei der Polizei studiert und bin mittlerweile Polizeihauptkommissarin. Ich arbeite derzeit an der Polizeischule in Teilzeit als Ausbildungsbeamtin.

Wie schwierig ist es, Dienst und Sport so koordinieren, dass es für Sie passt?

Da ich nicht im Spitzensport bin und die bayerische Polizei für Beamte im gehobenen Dienst keinen Spitzensport vorsieht, gibt es natürlich Hürden, um den Dienst und den Sport optimal zu vereinbaren. Doch mittlerweile haben wir einen guten Weg gefunden, so dass ich den Sport auf sehr hohem Niveau betreiben kann wie man das auch an den Ergebnissen sieht. Es ist jedoch kein Selbstläufer, und wir müssen sehr dahinter her sein, um die Bürokratie entsprechend abzuwickeln, was auch an den Kräften zehrt und Zeit kostet.

Welche Rolle spielt Ihr Ehemann Christian in Ihrer sportlichen Karriere?

Mein Mann spielt eine sehr wichtige Rolle in meinem Sport. Er ist auf der einen Seite Trainer und kennt mich manchmal besser als ich selbst und er weiß, was ich drauf habe, trainieren kann und wo die Reise noch hingehen kann. Auf der anderen Seite ist er natürlich auch Ehemann und Papa und übernimmt diese Rolle, wenn die Mama unterwegs ist auf sportlichen Veranstaltungen, bei Trainingslagern oder Presseterminen sehr gerne und gut. Nicht zuletzt ist er großer Unterstützer, denn es hängt viel mehr am Profisport als nur das Laufen: Da ist das ganze Management, die Verbindung zum DLV und so weiter. Das übernimmt mein Mann. Er steht voll und ganz hinter mir und meinem Sport, opfert seinen Urlaub, seine Überstunden und seine Nerven. Ohne ihn und seine Einstellung, seine Motivation, seine Fürsorge und Konsequenz und sein Engagement wäre ich niemals da, wo ich jetzt bin.

Wie sieht es aus, was die sportlichen Ziele im kommenden Jahr angeht? Träumen Sie vielleicht schon von den Olympischen Spielen 2024 in Paris.

Für Paris kann man sich ab nächsten Januar qualifizieren. Auf jeden Fall wird der Versuch, die Qualifikation zu erreichen, der nächste Schritt sein, aber auf dem Weg dahin folgen noch viele Wettkämpfe und aufregende Trainingseinheiten. Mein sportliches Ziel ist es natürlich, meine Bestzeiten zu drücken, verletzungsfrei weiter laufen zu dürfen und einfach die Leichtigkeit beizubehalten.

Frau Mayer, vielen Dank für das Interview. Bleiben Sie erfolgreich – und vor allem verletzungsfrei.