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Verhärtete Fronten bei der Arbeitszeit von Beamten - Beamtenbund warnt vor Sonderopfer.

Stuttgart/Heidelberg - Die Angelegenheit schien geklärt, doch im Streit um eine längere Wochenarbeitszeit für die Beamten will Ministerpräsident Stefan Mappus nicht als Verlierer dastehen. Nun sucht die CDU nach  einem Kompromiss.

Das Aufatmen war unüberhörbar. Als am Dienstagmorgen die Nachricht die Runde machte, Ministerpräsident Stefan Mappus halte nicht mehr an seinem Plan fest, die Wochenarbeitszeit für junge Beamte verpflichtend von 41 auf 42 Stunden zu erhöhen, sondern stehe freiwilligen Lösungen offen gegenüber, hagelte es prompt erleichterte Reaktionen. "Unser Widerstand gegen das Sparpaket zeigt endlich Wirkung", bemerkte Volker Stich, Landeschef des Beamtenbundes. "Wir freuen uns, dass sich eine Lösung zur freiwilligen Verlängerung der Arbeitszeit abzeichnet", sekundierte die FDP-Landtagsabgeordnete Birgit Arnold. Und Christian Bäumler, Chef der CDU-Sozialausschüsse im Land, hatte zuvor bereits zufrieden registriert, dass das sogenannte Vorgriffsstundenmodell - mit der Mehrarbeit will das Land jährlich 160 Millionen Euro sparen - nun entschärft worden sei. "Die Freiwilligkeitslösung ist ein Beispiel für die moderne Beamtenpolitik in Baden-Württemberg, die auf Kooperation und nicht auf Diktate setzt."

Doch die Freude bei CDU, FDP und dem Beamtenbund, dass ein höchst brisantes Thema wenige Wochen vor der Landtagswahl erst einmal erledigt ist, währte nicht lange. Am Dienstagmittag trat Mappus in Stuttgart vor die Presse und machte klar: "Die verpflichtende Lösung ist nicht vom Tisch." Dabei hatte die Regierungszentrale noch am Montagabend eine neunzeilige Erklärung herausgegeben. Darin hatte ein Sprecher von Mappus betont, das Vorgriffsstundenmodell sei im Herbst vergangenen Jahres von den Spitzen bei CDU und FDP "im Einvernehmen mit den Regierungskoalitionen" beschlossen worden. Für den Ministerpräsidenten sei es "unumgänglich", dass die Einsparungen von 160 Millionen Euro im Personalbereich erbracht werden. Es sei aber nie darum gegangen, "die Beamten über Gebühr zu belasten. Der Ministerpräsident sei "offen für andere Lösungen".

Jährlich sollen 160 Millionen Euro gespart werden

Freunde wie Feinde des Regierungschefs hatten darin das lange erwartete Einlenken gesehen und aufgeatmet, dass Mappus die zunehmende Kritik an seinem Modell ernst nehme. Doch der Ministerpräsident sieht das anders. Bei den Personalkosten müssten jährlich 160 Millionen Euro gespart werden. Dies sei ein unverzichtbarer Beitrag zur Sanierung des Landeshaushalts. "Wenn jemand eine bessere Idee hat, kann man mit mir über alles reden. Aber die Summe muss herauskommen", betonte Mappus am Dienstag gefühlte 15-mal vor der Presse. Bisher, so schob der hörbar gereizte Ministerpräsident hinterher, habe er aber "nicht wahnsinnig viel Wegweisendes gehört".

Es war der verbale Rüffel für einen, der nicht im Raum war: CDU-Landtagsfraktionschef Peter Hauk. Der hatte jüngst - um den Unmut der Beamten zu bändigen - eine Arbeitszeitverlängerung auf freiwilliger Basis ins Spiel gebracht. Doch von dieser Lösung hält der Regierungschef nichts. "Von mir kommt die Idee nicht. Da müssen Sie andere fragen", ätzte Mappus über die Erfolgsaussichten des Modells. Er sei jedenfalls "skeptisch", dass damit die Sparsumme zusammenkommt, und verstehe nicht, wenn das Vorgriffsstundenmodell von Polizei und Lehrergewerkschaften bereits als schwierig in der Umsetzung kritisiert werde, nun aber die freiwillige Lösung angedacht sei. "Da habe ich ein Logikproblem", so Mappus.

Kein Zweifel: Bei diesem Thema gibt's ein Zerwürfnis zwischen ihm und dem Fraktionschef. Vor diesem Hintergrund vertagte die Landtagsfraktion bei ihrer Klausur in Heidelberg am Dienstag die Diskussion über das Thema. Stattdessen wurde im kleinen Kreis nach Kompromissen gesucht.

Doch die Diskussion geht weiter. Der Steuerzahlerbund in Stuttgart schlug umgehend Alarm. Freiwillige Einsparungen der Beamten seien "nicht zielführend", sagte ein Sprecher: "Wenn sich die Beamtenschaft und die Landesregierung weiter gegen echte Einsparungen bei den Landesbeamten wehren, wird der Landeshaushalt sehenden Auges gegen die Wand gefahren." Beamtenbund-Boss Stich wiederum warnte Mappus, doch "ein Beamtensonderopfer" anzustreben: "Wir waren und bleiben gesprächsbereit", erinnerte Stich an das Angebot, als Sparbeitrag die anstehende Tariferhöhung zu verschieben. Dann müsse es aber auch andere Maßnahmen geben, zum Beispiel die Erhöhung der Grunderwerbsteuer. Das aber lehnte Mappus am Dienstag umgehend ab. SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel forderte den Ministerpräsidenten auf, beim Vorgriffsstundenmodell alsbald Klarheit zu schaffen. "Er versucht sich aus Angst vor den Wahlen mit einer Wischi-waschi-Politik durchzumogeln."