Emmanuel Macron, Präsident von Frankreich, erklärt Frankreichs Engagement in Mali für beendet. Foto: dpa/Ian Langsdon

Zuletzt häuften sich Zweifel an den Militäreinsätzen in Mali. Nun beendet Frankreich mit seinen Partnern den Anti-Terror-Einsatz dort. Was bedeutet das für die Bundeswehr in dem westafrikanischen Land?

Paris - Frankreich beendet mit seinen Partnern seinen militärischen Anti-Terror-Einsatz in Mali. Das hat Folgen auch für die Bundeswehr: Verteidigungsministerin Christine Lambrecht stellt umgehend die Beteiligung deutscher Soldaten am europäischen Ausbildungseinsatz EUTM in dem westafrikanischen Land infrage.

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In einer gemeinsamen Erklärung, die der Élyséepalast nach Beratungen am Donnerstag in Paris veröffentlichte, heißt es, Frankreich, Kanada und die europäischen Partner des Kampfeinsatzes hätten einen koordinierten Abzug aus Mali beschlossen. Die politischen, operativen und juristischen Voraussetzungen für den Einsatz seien wegen der Obstruktion durch die malische Übergangsregierung nicht mehr gegeben. Neben dem französischen Kampfeinsatz „Barkhane“ geht es um die Militäroperation „Takuba“, an der unter französischer Führung mehrere europäische Länder - aber nicht die Bundeswehr - beteiligt sind.

Frankreich bleibt im Sahel aktiv

Man wolle in der Sahelzone trotz des Rückzugs aus Mali weiterhin im Anti-Terror-Kampf aktiv bleiben, und zwar im Niger und am Golf von Guinea hieß es. „Es gibt ein dauerhaftes Engagement der Europäer an der Seite von Afrika“, sagte der EU-Ratschef Charles Michel. Es gehe nun um eine Neuausrichtung der militärischen Kräfte, um effizienter gegen Terrorgruppen vorzugehen.

„Ich muss sagen, dass ich sehr skeptisch bin, ob wir in Bezug auf EUTM zu einer Verlängerung des Mandats kommen“, sagte Lambrecht nach Bekanntgabe der Pariser Entscheidung in Brüssel. Bei der Beteiligung an dem UN-Stabilisierungseinsatz Minusma werde es darauf ankommen, ob man die deutschen Soldaten weiter werde schützen können. „Das ist bisher gelungen über französische Fähigkeiten. Und wenn das jetzt fehlt, dann werden wir dringend eine Lösung suchen müssen.“

Als künftig fehlende Fähigkeiten nannte Lambrecht ein Lazarett und Kampfhubschrauber. Ein Lazarett sei relativ einfach zu kompensieren, Kampfhubschrauber zur Sicherung aber nicht. Wenn diese Fähigkeiten nicht von Frankreich aus dem nahen Niger oder von anderen Staaten ersetzt würden, dann müsse man diskutieren, „ob die Bereitschaft, ein völlig verändertes Mandat zu beschließen, im deutschen Parlament gegeben ist“, fügte Lambrecht hinzu. Deutschland hat rund 1300 Soldaten in Mali, darunter 300 bei EUTM Mali/Niger und die anderen bei Minusma. Die aktuellen Mandate gelten noch bis zum 31. Mai 2022.

Vorwürfe gegen Militärregierung in Mali

Die Minusma sieht sich von Frankreichs Entscheidung auch betroffen. „Der Abgang wird angesichts ihres Einsatzes im Kampf gegen den Terrorismus Auswirkungen haben. Wir können daher mit erhöhten Risiken für unsere im Ménaka-Gebiet operierenden Streitkräfte rechnen“, sagte Minusma-Sprecher Olivier Salgado der Deutschen Presse-Agentur mit Bezug auf Operation Takuba. „Wir werden die notwendigen Schritte einleiten, um uns an den neuen Kontext anzupassen, damit wir die Umsetzung unseres Mandats fortsetzen können.“

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Frankreichs Präsident Emmanuel Macron warf der Militärregierung in Mali vor, im Anti-Terror-Kampf keine Priorität mehr zu sehen. Das Land müsse diesen aber mittragen. „Die Rolle Frankreichs ist nicht, die Rolle der Staaten in der Region zu ersetzen.“ Die Regierung in Mali habe gezeigt, dass sie nicht mehr mit den Europäern zusammenarbeiten wolle. Frankreichs Botschafter sei des Landes verwiesen und Dänemark zum Abzug seiner Soldaten aufgefordert worden.

In der Sahelzone, die sich südlich der Sahara vom Atlantik bis zum Roten Meer erstreckt, sind etliche bewaffnete Gruppen aktiv. Einige haben den Terrorgruppen Islamischer Staat (IS) oder Al-Kaida die Treue geschworen. In Mali laufen neben den Anti-Terror-Kampfeinsätzen auch der EU-Ausbildungseinsatz EUTM und der UN-Stabilisierungseinsatz Minusma. Nach französischen Angaben sind in dem Gebiet insgesamt etwa 25 000 Soldatinnen und Soldaten im Einsatz.

Russishe Söldner in der Kritik

Zuletzt hatten Spannungen zwischen der Regierung Malis und Frankreich zugenommen. Es gebe wachsende Zweifel am Sinn, das Engagement in Mali aufrechtzuerhalten, hieß es in Paris schon seit einiger Zeit. Die terroristische Bedrohung breite sich auf mehrere Länder der Region aus. Darauf müsse man sich einstellen und Soldaten verlegen.

Für Protest insbesondere in Frankreich und Deutschland sorgte zudem die Präsenz russischer Söldner in Mali. „Die Söldner kämpfen nicht gegen den Terror, sondern schützen die Regierung“, sagte Macron. Russland warf er vor, mit Falschinformationen in sozialen Medien zu antifranzösischen Protesten vor Ort zu mobilisieren.

Anrainerstaaten fürchten Zunahme von Terrorismus

Der Präsident der Elfenbeinküste, Alassane Ouattara, sieht wegen des Abzugs der französischen Kampftruppen Probleme auf die Region zukommen. Dem Sender France24 sagte er in Brüssel: „Wir glauben, dass der Kampf gegen den Terrorismus lebenswichtig ist. Durch das Ende von Barkhane und Takuba entsteht eine Leere. Wir müssen unsere Streitkräfte erhöhen, wir müssen die Sicherheit unserer Grenzen erhöhen und verstärken, wir müssen Waffen kaufen (...).“ Sein Land werde alles tun, auch wenn die Militärausgaben deswegen steigen müssten. „Ohne Sicherheit keine Entwicklung“, sagte er.

Die Linke forderte angesichts der Entwicklung den Abzug der deutschen Soldaten aus Mali. „Der militärische Abzug der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich aus Mali ist richtig und überfällig“, erklärte die Linke-Außenpolitikerin Sevim Dagdelen. „Die Bundesregierung darf die Bundeswehr nicht alleine zurücklassen und ein Abzugsdesaster wie in Afghanistan provozieren. Berlin muss seinerseits die Reißleine ziehen und die deutschen Soldaten umgehend aus dem westafrikanischen Land zurückholen.“