Lambert Maria Wintersberger Foto: Galerie Friese

Der Maler Lambert Maria Wintersberger ist im Alter von 72 Jahren in seiner elsässischen Wahlheimat Walbourg gestorben.

Stuttgart/Walbourg - Hat man die Nachricht erwartet? Natürlich nicht. Und doch – mit dem Tod seiner Frau Dolores war ja etwas zerstört worden in diesem so dominant wirkenden Mann. Und – ja – am Montag ist Lambert Maria Wintersberger im Alter von 72 Jahren in seiner elsässischen Zweit- und Wahlheimat Walbourg tot aufgefunden worden.

Hart ist Wintersbergers Blick lange. Von einer Unbedingtheit aus anderer Zeit. Kalt. Eine Gegenreaktion seines Gegenübers provozierend. Als Maler sorgte Lambert Maria Wintersberger selbst für den Umschwung, wandte sich mit Farb- und Formintensität für manche Wegbegleiter gar zu radikal gegen das fulminant kühle, Figurationen böse sezierende Frühwerk.

Kann man die Zyklen Wintersbergers als Modelle lesen und ordnen? Präsentationen wie jene 2006 in der Galerie der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen, erarbeitet von Günther Wirth, legten dies nahe. Wiederholt wechselt die Bildsprache zwischen kühler, Verletzung einkalkulierender Szenerie und einem gestischen, an Naturmotiven im weitesten Sinn orientierten Malvortrag.

Mit gutem Grund schrieb denn auch unser Kritiker Rainer Vogt anlässlich einer früheren Wintersberger-Ausstellung in der Städtischen Galerie Kornwestheim: „Der ,Fall‘ Wintersberger besitzt für die Stellung der Malerei heute durchaus exemplarisches Profil. Kein anderer hat das Trauma seines frühen Erfolgs ähnlich entschlossen überwunden wie der einst als ,originellster Pop-Artist Deutschlands‘ gefeierte gebürtige Münchner. Ungewöhnliches Format bewies er nicht nur mit seiner damals buchstäblich unter die Haut gehenden Malerei; er durchschaute auch früher als andere die verheerende Wirkung, die ein vom Erfolg korrumpierter Stil auf die Kunst ausübt.“ Vogt weiter: „Hätte er denn ,der Schnitt- und Spaltungskünstler‘ bleiben sollen?, fragt er rückblickend. Also besann er sich, noch ehe den Zeitgeist der ,Hunger nach Bildern‘ plagte, wieder auf den bewegten, gestischen Malvortrag, der Auge und Hand gleichermaßen beansprucht. Das Terrain, das sich Wintersberger ermalt hat, kultiviert er mit den einfachsten Mitteln, ,primitiv‘, wie er selbst meint. Aber es ist exakt so groß und umfassend, wie das Reich der Malerei nur sein kann, wenn sie auf Freiheit pocht.“

Für Hans-Jürgen Müller, früh als Galerist für Wintersberger tätig, wird 2006 „wieder deutlich: Er war ungeheuer wichtig. Ach was, er war der Beste.“ Man muss dieser Einschätzung nicht in allen Teilen des Werkes folgen (etwa bei den Stillleben und den Afrika-Motiven). Bleiben aber wird dies, beginnend mit den „Verletzungen“: die Radikalität eines von Kurswechseln bestimmten Malerlebens. Allzu leicht vergisst man ja Wintersbergers den harten Schnitten durch den Körper vorauslaufende, fast zärtliche Annäherung an Landschaft. Schon hier findet sich die Sinnlichkeit der Faust, die Wintersbergers Schaffen der 1980er und 1990er Jahre kennzeichnet.

Erstmals 1969 lebt Wintersberger, 1941 in München geboren, längere Zeit in Stuttgart. Noch einmal dann von 1980 bis 1985. Die Galerien Müller, Walter Bischoff und Manus Presse stellen Wintersbergers Bildwelt vor. Und stets sind es überraschende Begegnungen. Etwa, als er 1992 in der Manus Presse seine Auseinandersetzung mit dem Thema Napoleon vorstellt.

Mit Lambert Maria Wintersberger verliert die deutsche Kunst einen vehementen, zärtlichen Figurenmaler. Und einen Künstler, der auf ganz eigene Weise die Idee einer europäischen Malerei vertrat.

Noch bis zum 3. November zeigt die Galerie der Stadt Sindelfingen die Ausstellung „The Sixties. Kunst und Kultur der 1960er Jahre in Deutschland“ mit Arbeiten von Wintersberger