Gerade einmal acht Erwachsene nehmen an der Mahnwache gegen Altersarmut teil. Foto: Morlok

Viel zu oft liest man von der alten Frau, die ihr ganzes Leben hart für ihre Familie gearbeitet hat, die Kinder großgezogen und mit vielen kleinen Jobs zum Lebensunterhalt beigetragen hat. Und nun, nach mehr als 45 Jahren, steht sie mit einer Rente, die buchstäblich zu viel zum Sterben und zu wenig zum Leben ist, da.

Horb - "Altersarmut ist ein akutes Problem und darf nicht "nur" ein Wahlkampfthema sein! Solange nicht konsequent etwas gegen die Missstände des aktuellen Rentensystems unternommen; und an dem durchlöcherten Flickenteppich namens Rente festhalten wird, ändert sich nichts", stellt das Aktionsbündnis "Bürger gegen Altersarmut" klipp und klar fest.

Die Bündnispartner aus der Gegend wollen dies nicht einfach so stehen lassen und haben aus diesem Grund, sechs Wochen vor der Bundestagswahl, zu einer Mahnwache in Horb am Bahnhofsvorplatz eingeladen.

Ziel ist solidarisches Rentensystem

Das gemeinsame Ziel der Mahner aus Schwäbisch Gmünd und der Raumschaft Horb ist es, ein solidarisches Rentensystem durchzusetzen, damit die Rentner von heute und morgen nicht gezwungen sind, bis 70 zu arbeiten und sich zusätzlich in Mülltonnen ihren Lebensunterhalt zu suchen.

Wie aktuell dieses Problem ist, das sieht man in Horb immer bei der großen Sozialaktion "Weihnachten schenken", bei der sich Bedürftige ihren Weihnachtsbraten und die restlichen Zutaten umsonst abholen dürfen. Auch der sogenannte "Zwanziger-Markt", bei dem der Betraer Landwirt Rolf Maier die Ware, die er nicht auf den Wochenmärkten verkauft brachte, für ein Fünftel des ursprünglichen Verkaufspreises, das Gemüse sogar umsonst, an Bedürftige abgibt, wird oft von älteren Leuten besucht. Menschen, die man auch jede Woche vor dem Tafelladen der Caritas in der Bildechinger Steige trifft, die dort gespendete Lebensmittel zu für sie erschwinglichen Preisen kaufen können. Ohne diese Angebote müsste so mancher Rentner, manche Rentnerin hungern, da einfach zu viel Monat am Ende des Geldes übrig ist.

Wolfgang Baumhackl führt die Horber Gruppe an und betont, dass man die Gruppierung "Bürger gegen Altersarmut", von der es inzwischen mehr als 25 selbstständige Gruppen in ganz Deutschland gibt und die über Facebook miteinander vernetzt sind, nicht mit dem "Bündnis gegen die Altersarmut", in der über 30 Sozialverbände, Gewerkschaften, zivilgesellschaftliche und kirchliche Organisationen in Baden-Württemberg zusammengeschlossen sind, gleichsetzen darf. Beide Gruppierungen haben zwar das gleiche Ziel, und zwar, dass die gesetzliche Rente wieder die Wahrung des Lebensstandards im Alter ermöglichen soll und dass man Armut im Alter verhindern muss, doch eine Kooperation ist bis heute nicht zustande gekommen.

Zusammenhalt von Jung und Alt

Baumhackl und seinen Horber Mitstreitern ist es wichtig, dass Alt und Jung zusammenstehen und zahlreich zu den Mahnwachen kommen. Nur so könne man der Politik aufzeigen, dass man sich gegen die Ungerechtigkeit des aktuellen Rentensystems zur Wehr setzen, erkläret der Sprecher der Horber Gruppe.

"Es muss doch möglich sein, die Menschen wach zu rütteln, denn jeder Mensch hat das Recht auf einen würdevollen und rechtsstaatlichen Lebensabend", schreibt die Facebook-Gruppe "Bürger gegen Altersarmut" in ihrem aktuellen Flyer und fordert eine Grundrente von mindestens 1250 Euro, die bis zur Maximalsumme von 3000 Euro ansteigen könnte.

In Horb trafen sie jedoch kaum auf Befürworter ihrer Ideen. Gerade einmal acht erwachsene Personen fanden sich zu dieser Mahnwache am Samstagnachmittag ein. "Vor einigen Wochen in Freudenstadt kam überhaupt niemand – nicht einmal die Polizei, um nachzusehen, ob alles ordnungsgemäß abgehe", erinnerte sich der Organisator dieser angemeldeten Mahnwache. In Horb schaute wenigstens eine Streifenwagenbesatzung kurz vorbei. "Hier bei uns im Süden interessiert sich kaum jemand für das Thema", wusste Baumhackl aus Erfahrung. "Hier haben die meisten alten Leute eine "Steinrente", sprich Immobilie, die ihnen den Lebensabend finanziell absichert", nannte er auch den Grund für das Desinteresse in Bayern und in Baden-Württemberg an diesem Thema. "Je weiter man jedoch in Richtung Nordrhein-Westfalen kommt, je brisanter wird die Angelegenheit."

Auskunft zum Themenbereich

Der "gelernte" IG-Metaller Wolfgang Baumhackl wird jedoch seinen Kampf gegen die Altersarmut auch im reichen Süden nicht aufgeben. Inzwischen hat er sich zum Fachmann in diesem Themenbereich entwickelt und gibt gerne dazu Auskunft. Man kann ihn unter mahnwache@online.ms oder Telefon: 0176/40515635 erreichen.