Irmhild Sellhorst begrüßte die Teilnehmer der Gedenkveranstaltung vor der Kapellenkirche. „Ich bin sicher, dass wir hier etwas bewegt haben“, resümierte sie am Ende der Zusammenkunft. Foto: Günther

Den Jahrestag des Überfalls auf die Ukraine nutzt die Künstlerin Irmhild Sellhorst, um mit einer Mahnveranstaltung in Rottweil ein Zeichen zu setzen.

„Ne tvaya viyna“ hieß eines der Lieder, die die junge Ukrainerin Dana Doon dem Publikum vorsang, ein ukrainisches Antikriegslied. „Nicht dein Krieg“ bedeutet es übersetzt.

Dana umrahmte mit ihrem Gesang und am Keyboard die Gedenkfeier am Freitag um 16 Uhr, zu der die Künstlerin, Künstlerin, Kunsttherapeutin und Psychotraumatologin Irmhild Sellhorst vor die Rottweiler Kapellenkirche geladen hatte.

Die junge Ukrainerin Dana Doon trug mit Antikriegsliedern zu der Veranstaltung bei. Foto: Günther

Wie bewegt tatsächlich viele Menschen auch in Rottweil vom Krieg in der Ukraine sind, hatte Sellhorst den Tag über feststellen können. Bereits um 11 Uhr stand ihre Installation. Hinter einem Bauzaungitter hatte sie zerlaufene Schuhe und Grablichter arrangiert, ein alter Kinderwagen stand da, ein abgeschabtes Dreirad und eine rostige Schubkarre.

Mehrere Menschen, auf die Installation aufmerksam geworden, hätten ihr die eigenen Kriegserlebnisse geschildert, berichtet Sellhorst. „Einige haben geweint.“

In den Installationen von Irmhild Sellhorst spielen Schuhe und Kerzen stets eine Rolle. Foto: Günther

Nicht nur der hunderttausenden Toten des Krieges sollte am Jahrestag des Überfalls gedacht werden, auch der Opfer des Erdbebens in Syrien und der Türkei, den ertrinkenden Flüchtlinge im Mittelmeer, den Opfern von Ungerechtigkeit, Verfolgung, Terror und Gewalt im Iran, in Afghanistan und in aller Welt.

Zettel mit einem Namen am Bauzaun verschaffen Aufmerksamkeit

Während der Gedenkveranstaltung ab 16 Uhr forderte Sellhorst die Besucher auf, einen Namen auf einen Zettel zu schreiben – etwa den eines Menschen, den sie selbst verloren hatten. So solle das Motto der Gedenkveranstaltung wahr gemacht werden: „Den namenlosen Toten einen Namen geben“, lautete es. Die Zettel wurden an dem Bauzaun befestigt. „Wenn Menschen vorbeigehen und das sehen, nehmen sie etwas mit“, erläuterte Sellhorst.

Installationen und Mahnwachen dieser Art inszeniert die Traumatologin schon seit 2014 und nutzt dafür die Marke „Mahnmal“ mit einem Ausrufungszeichen in der Mitte. „Wenn sie das sehen, wissen viele Menschen schon, sie sollen Schuhe und Kerzen mitbringen“, sagt die Künstlerin.

Schuhe sind ein Symbol für Verstorbene

Schuhe spielen in ihren Installationen eine Rolle, weil sie ein persönliches Kleidungsstück seien, das man eng am Körper steht. „So symbolisieren sie Menschen, die nicht da sind – oder schon tot“, sagt Sellhorst. Kerzen stünden in jeder Religion für das Licht, das Leben, die Erinnerung – und für die Hoffnung.

Um hier für andere zu beten, müsse man sich nicht an Regeln halten, sagt Sellhorst, jeder könne es auf seine Weise tun.

Am Ende dankte sie allen Teilnehmern. „Ich bin sicher, dass wir hier etwas bewegt haben.“