Sarkozy bleiben zwei Wochen für einen Umschwung. Auch Kanzlerin Merkel bangt mit ihm.
Paris - Noch einmal fünf Jahre Nicolas Sarkozy oder dann doch lieber der bodenständige, aber blass wirkende Sozialist François Hollande? Das ist jetzt die große Frage in Frankreich. Aus der ersten Runde der Präsidentenwahl ging erwartungsgemäß der Herausforderer als Sieger hervor. Alles deutet nun darauf hin, dass Hollande den Amtsinhaber Sarkozy auch in der Stichwahl in zwei Wochen schlagen kann. Sarkozy gilt in Umfragen als „unbeliebtester Präsident“ in der Geschichte der 1958 gegründeten fünften Republik.
In der deutschen Regierung wird der erbitterte Machtkampf im wichtigsten EU-Partnerland mit Sorge beobachtet. Bundeskanzlerin Angela Merkel droht im Ringen um mehr Finanzdisziplin ihren wichtigsten Verbündeten zu verlieren. Denn Hollande hat angekündigt, den mühsam geschnürten EU-Fiskalpakt neu verhandeln zu wollen. Mit dem 57-Jährigen käme 17 Jahre nach dem Ende der Amtszeit von François Mitterrand erstmals wieder ein Sozialist an die Macht.
Mit SPD-Chef Sigmar Gabriel ist Hollande längst beim Du. Die deutschen Sozialdemokraten gehören zur selben Parteienfamilie wie die französischen Sozialisten. Sie setzen darauf, dass ein linker Wahlsieg in Frankreich den Trend für weitere Wahlen in Europa vorgeben könnte.
Sarkozy hatte bis zuletzt gehofft
Sarkozy hatte bis zuletzt gehofft. Dass er der Kandidat einer „stillen Mehrheit“ ist, dass die Wähler die Umfrageinstitute Lügen Strafen und dass er - wie alle seine Amtsvorgänger - zumindest die erste Abstimmungsrunde gewinnt. „Ich werde ein anderer Präsident sein“, versprach er den 44,5 Millionen wahlberechtigten Franzosen mit Blick auf seine viel kritisierte Amtsführung und verwies auf seine mutigen Reformen wie die Anhebung des Rentenalters.
Doch viele, die ihm vor fünf Jahren noch ihre Stimme gaben, glauben ihm nicht mehr. Mit seiner großen Nähe zu Wirtschaftselite und Showbiz sowie einer teilweise als arrogant empfundenen Amtsführung stieß er vor allem die einfachen Franzosen vor den Kopf. „Ich habe genug vom Bling-Bling-Präsidenten und der Koalition der Reichen“, kommentierte eine 63 Jahre alte Rentnerin am Wahlsonntag in Saint-Denis bei Paris. Hollande müsse allerdings aggressiver werden, wenn er als Präsident bestehen wolle.
Hollande muss die Wähler der extremen Linken motivieren
Hollande muss nun die Wähler der extremen Linken motivieren. Deren Spitzenkandidat Jean-Luc Mélenchon sicherte dem Sozialisten zwar seine Unterstützung zu. Doch zugleich verspottete er ihn: „Warum soll man mitten im Sturm einen Tretbootkapitän wie Hollande wählen?“
Und Sarkozy muss die Anhänger des Zentrumspolitikers François Bayrou auf seine Seite ziehen Dieser machte bislang aber keine Anstalten, eine entsprechende Wahlempfehlung auszusprechen. Als sicher gilt Sarkozy lediglich die Unterstützung durch einen Teil der Wählerschaft von Marine Le Pen. Die konservativen Anhänger der rechtsextremen Front National verhalfen Sarkozy bereits 2007 zum Wahlsieg gegen Hollandes frühere Lebensgefährtin Ségolène Royal.
Berlin schickt seit Wochen Warnsignale an das Lager von Hollande
Aus Berlin werden an das Lager von Hollande seit Wochen Warnsignale geschickt. Ein Aufschnüren des Fiskalpakts sei mit der Bundesregierung nicht zu machen, heißt es. Auch die von Hollande geforderten Kredite der Europäischen Zentralbank (EZB) an einzelne EU-Staaten gelten in Deutschland als Tabu.
Zumindest öffentlich weist dieser solche Vorgaben brüsk zurück. In einem Fernsehinterview kündigte der Sarkozy-Herausforderer jüngst an, dass er sich im Fall eines Wahlsiegs nicht um „rote Linien“ der Bundesregierung scheren werde: „Es ist nicht Madame Merkel, die im Namen aller Europäer entscheidet.“
Fast vergessen wird angesichts dieser Konfliktlinien, dass auch bei „Merkozy“ in den vergangenen fünf Jahren bei weitem nicht alles glatt lief. Erst vor rund einer Woche sorgte Sarkozy wieder einmal für Aufregung, als er ganz „à la Hollande“ eine neue Debatte über die Rolle der EZB forderte. Einen Tag später musste er zurückrudern. Natürlich stelle Sarkozy damit nicht die Unabhängigkeit der EZB infrage, hieß es aus dem Lager des selbst ernannten Merkel-Verehrers.