Der Fraktionschef der Freien Wähler im Calwer Kreistag weist den Vorschlag zurück, die Kreisumlage zu erhöhen. Das würde Kommunen in den Ruin treiben – und das Kernproblem nicht lösen.
Braucht ein Landkreis Geld, gibt es nicht viele Schrauben, an denen er selbst drehen kann. Eine davon ist die Kreisumlage – also Geld, das ein Kreis von seinen Städten und Gemeinden fordert.
Damit sollen die öffentlichen Leistungen (mit-)finanziert werden, die der Landkreis erbringt. Also etwa Kreiskrankenhäuser, Berufsschulen, Busverkehr oder Sozial- und Jugendhilfe.
Im Kreis Calw wurde diese Schraube in den vergangenen Jahren jedoch schon weiter gedreht als in jedem anderen Landkreis in ganz Baden-Württemberg.
Rainer Prewos Vorschlag
Doch die Lage ist noch immer ernst. Im Jahr 2025 stehen 305 Millionen Euro an Ausgaben trotzdem noch immer „nur“ 281 Millionen Euro an Einnahmen gegenüber.
SPD-Kreisrat Rainer Prewo sorgte daher dieser Tage mit einem Vorschlag für Aufsehen. Seiner Ansicht nach sollte der Kreistag beschließen, die Kreisumlage für 2025 nachträglich um 1,5 Prozentpunkte von 38 auf dann 39,5 Prozent zu erhöhen. Und das bereits am 13. Oktober in der nächsten Sitzung des Gremiums. Gut 4,1 Millionen Euro mehr hätte der Kreis dann zur Verfügung.
Es bliebe trotzdem ein Defizit von knapp 20 Millionen Euro. Städten und Gemeinden fehlt außerdem selbst das Geld.
Volker Schulers Antwort
Auf diesen Vorschlag hin meldete sich nun Volker Schuler zu Wort. Schuler ist Bürgermeister von Ebhausen, zudem Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler im Kreistag. Und er weist Prewos Ansinnen zurück.
Denn „eigentlich bräuchte der Landkreis für den Ausgleich 2025 eine Kreisumlage von 43 Prozent. Was sich abstrakt anhört, bedeutet für die Stadt Calw zum Beispiel einen Zuschlag von 2,5 Millionen Euro – nachträglich im laufenden Haushaltsjahr“, macht er deutlich. „Da wünschen wir schon mal gute Beratungen für den Nachtragshaushalt.“
Gerade die Bäder-Kommunen im Landkreis könnten eine solche nachträgliche Erhöhung nicht verkraften und würden „nahe an der Bankrotterklärung“ landen, „für viele andere Gemeinden im Kreis wäre eine Haushaltssperre voraussichtlich unausweichlich“.
Prewos Vorschlag, eine Erhöhung um 1,5 Prozentpunkte, sei insofern „weder Fisch noch Fleisch und macht wenig Sinn gut drei Monate vor Jahresende“.
Ursachen der Misere
Dass der Haushalt des Landkreises Calw seit 2023/2024 ohne Ausgleich dasteht und im Betriebskostendefizit feststeckt, habe indes strukturelle Gründe, erklärt Schuler. Das sei schon daran zu erkennen, dass es den meisten Landkreisen und etlichen Kommunen in Deutschland gleich ergehe.
„Die Schieflage der Kreisfinanzen kommt daher, dass die Kommunen und Landkreise 25 Prozent der Aufgaben und Ausgaben schultern müssen und nur 14 Prozent der Einnahmen erhalten“, führt der Bürgermeister aus.
Dieses Ungleichgewicht habe zudem in den vergangenen Jahren massiv zugenommen und sei durch Entscheidungen der Bundesregierung in den vergangenen fünf bis acht Jahren entstanden. Die SPD, fügt er in einem Seitenhieb an Prewo hinzu, sei an diesen Entscheidungen nicht unwesentlich beteiligt gewesen.
Konkret werde der Landkreis von vier Kostenblöcken im laufenden Betrieb belastet – inklusive eines Einnahmeproblems: „Überproportional steigende Sozialkosten einschließlich Flüchtlingshilfe, steigende Betriebskostenzuschüsse an die Klinken, hohe Betriebskosten beim ÖPNV sowie Steigerung von Personalstellen und Tarif treffen auf eine seit Jahren stagnierende Wirtschaft“, so Schuler.
Der Kreistag strich als Reaktion auf die finanzielle Lage einiges ein – darunter Zuschüsse bei der Schülerbeförderung. Ein großer Aufschrei seitens der Betroffenen war die Folge gewesen.
Schuler verteidigt diese unpopuläre Entscheidung. Und erklärt, es gebe Fraktionen im Kreistag, die „zum Beispiel dafür waren, dass weiterhin Millionäre, Gutverdienende und Dritt-Kind-Beamte die Fahrtkosten fürs dritte Kind durch den Steuerzahler bezahlt bekommen. Wenn das der Level ist, wo angeblich sozialer Kahlschlag beginnt, dann gute Nacht“.
Doch auch wenn der Kreis weiter an den Ausgaben arbeite und Entwicklungen der Vergangenheit korrigiere, sei das nur ein kleiner Teil der Lösung. „Der weitaus größere Teil ist jedoch, darauf zu hoffen, dass Bund und Land auf die verheerende Situation der kommunalen Leistungsträger reagieren und Strukturreformen umsetzen“, unterstreicht der Bürgermeister.
Aufruf des Gemeindetages
Schuler verweist nicht zuletzt auch auf einen Aufruf des baden-württembergischen Gemeindetags, den er unterstütze.
Steffen Jäger, Präsident des Gemeindetags, der die 1065 Kommunen im Land vertritt, spricht darin direkt die Bürger an.
Jäger mahnt, dass der Staat seit Jahren über seine Verhältnisse lebe. „Die Summe an staatlichen Leistungszusagen, Standards, Versprechen hat ein Maß erreicht, das mit den verfügbaren Ressourcen nicht mehr erfüllbar ist“, betont der Präsident.
Die Gesellschaft sei gefordert, eine ehrliche, gesamtstaatliche Reform mitzutragen, die „weniger Einzelfallgerechtigkeit und mehr Eigenverantwortung“ bedeute. Und sich die Frage zu stellen, was der Staat noch leisten kann und muss, ohne sich selbst zu überfordern.