Die Firma Dinies (Villingendorf) hat im Februar den UV-C-Luftentkeimer UVG 80 im Bösinger Gemeinderat vorgestellt. Foto: Pfannes

Die Sache mit den Luftfiltern in Klassenzimmern ist mittlerweile eine heikel. Auf der einen Seite mischt da die Verwaltung mit, an der Spitze das Land und das Kultusministerium, auf der anderen Seite in gewisser Weise die Wissenschaft.

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Bösingen - Dies führt zu der Situation, dass die Sommerferien mit Riesenschritten nahen und Entscheidungen über die Verbesserung der Luftqualität in den Klassenräumen – bis auf wenige Ausnahmen – noch nicht getroffen sind. Wir schreiben übrigens das Jahr zwei der Pandemie. Doch so manches erinnert fatal an nahezu ähnliche bis gleiche Vorgänge anno Juni/Juli 2020.

Warten auf "Godot"

Derzeit gibt es Bürgermeister, wie Johannes Blepp aus Bösingen, der, wie viele andere Bürgermeister, vom Gemeindetag am 21. Juli mit einer Information bedacht wurden. Darin heißt es, dass im Laufe dieser Woche mit dem Entwurf der Landesförderrichtlinien gerechnet werden könne. Konkret dreht es sich um mobile Wärmeluftgeräte für Klassenzimmer und eben das Festlegen der Förderrichtlinien.

Doch die haben noch nicht das Büro des Bürgermeisters erreicht. Kleine Anmerkung am Rande: Es ist ja auch erst Donnerstagnachmittag; sehr gerne verschickt das Ministerium während der Pandemie am Freitag kurz vor Dienstschluss wichtige Botschaften; die dann die Verwaltungen vor Ort am Wochenende umsetzen dürfen.

Ein Erkenntnis, die Johannes Blepp intus hat: Wer vor Gültigkeit dieser Förderrichtlinie etwas bestellt, erhält keine Förderung, darf also alles aus eigener Tasche, beziehungsweise aus dem Gemeindesäckel, bezahlen.

Der Bedarf, den die Verwaltung in Bösingen errechnet hat, beläuft sich auf 21 Geräte – für beide Schulgebäude (Bösingen und Herrenzimmern) und für beide Kindergartengebäude (Bösingen und Herrenzimmern).

21 Geräte

Der Schultes hat sich mit der Firma Dinies (Villingendorf) in Verbindung gesetzt. Diese hat ja bereits im Februar den UV-C-Luftentkeimer UVG 80 im Gemeinderat vorgestellt. Selbiger tut übrigens etwa seit damals seinen Dienst in der Villingendorfer Grund- und Werkrealschule.

Käme also das Okay aus Stuttgart und käme laut Förderrichtlinie obiges Gerät in Frage, könnte der Bösinger Schultes sehr zeitnah eine Bestellung abgeben. Grundsätzlich: Für Johannes Blepp spielt dabei das Karlsruher Institut für Technik (KIT) und die dort gewonnenen Erkenntnisse in Sachen Luftreinigung eine Rolle.

Mittelstaedts Erkenntnis

Doch es gibt noch eine andere Sichtweise dieser Dinge. Michael Mittelstaedt, Vorsitzender des Landeselternbeirats, wohnhaft in Herrenzimmern, hat sich ebenfalls in diese Materie vertieft. Er bezieht sich jedoch auf Professor Christian Kähler von der Universität der Bundeswehr München.

Michael Mittelstaedt erklärt, dass es Rahmenbedingungen gäbe, die jedes Gerät erfüllen müsste. Hier ist die Rede von einem sechsfachen Luftaustausch pro Stunde mit Blick auf das Volumen eines Klassenzimmers. Dies bedeute bei einem Klassenzimmer in der Größe von sechs mal acht mal drei Meter 144 Kubikmeter. Im Durchschnitt der Klassenräume seien es jedoch etwa 200 Kubikmeter. Also seien relativ leistungsstarke Geräte vonnöten. Da ja 1200 Kubikmeter pro Stunde erforderlich seien. Also rein rechnerisch pro Raum 15 Geräte, die 80 Kubikmeter pro Stunde meistern.

Zwei Varianten seien hierbei seit einiger Zeit möglich. Die Lösung mit einem mobilen Raumluftfilter koste etwa 3000 Euro und werde vom Land zu 50 Prozent bezuschusst. Über eine normale Steckdose für den Anschluss sollte ja jedes Klassenzimmer verfügen.

Dezentrale Lösungen mit Frischluft und Wärmerückgewinnung seien 11 000 bis 12 000 Euro teuer. Laut des Bundesförderprogramms sei hier ein Zuschuss von 80 Prozent zu bekommen. Es bleibe also für die Gemeinden ein Rest von etwa 2200 Euro. Hier seien jedoch bauliche Veränderungen anzupacken. Etwas, das Entschlusskraft erfordert.

Bang der Blick

Doch jenseits des Luftaustausches bereitet Michael Mittelstaedt derzeit mit Blick auf den Schuljahresbeginn am 13. September Grundsätzliches Sorge. Die er nach dem jüngsten Gespräch mit Kultusministerin Theresa Schopper verspürt. Die Eckpunkte lauten: Vollpräsenzunterricht, die ersten 14 Tag das Tragen von medizinischen Masken – sowohl Schüler als auch Lehrer (wegen Quarantänefrist für die Urlaubsrückkehrer) – und Testungen.

Dies alles wirkt jedoch für ihn nicht gerade nach Vorgaben, um voller Vertrauen als Schüler, Lehrer und Elternteil das kommende Schuljahr mit der Pandemie angehen zu können.

Gehofft werde wenigstens auf gute Testungen. Und natürlich darauf, dass Entscheidungsträger die Motivation besitzen, sich konstruktiv den Erfordernissen des Luftaustausches zu widmen. Michael Mittelstaedt: "Dies ist natürlich nicht das Allheilmittel, aber ein wesentlicher Punkt."

Die Ansicht, dass die Bildung während der Pandemie eine besondere Bedeutung genieße, die habe er nicht. Gelder seien viel schneller an Konzerne geflossen.