Roberto Chiari steht am Null-Stein" am Kap Finisterre am Ende der Welt. Er umarmt den Stein mit der Jakobsmuschel. Foto: Chiari

Seit dem Buch von Hape Kerkeling mit dem Titel "Ich bin dann mal weg" hat das Pilgern auf dem Jakobsweg einen regelrechten Hype bekommen. Nur im Nordschwarzwald gibt es im Netz der Pilgerwege eine große Lücke. Roberto Chiari, Ortsvorsteher von Möttlingen, ändert dies gerade.

Bad Liebenzell-Möttlingen - Chiari fand heraus, dass auch in der Region einst viele Pilger unterwegs waren. Er selbst legte auf den verschiedenen Jakobswegen bereits rund 6000 Kilometer zurück. Das Ziel eines jeden Pilgers ist Santiago de Compostela im Nordwesten von Spanien. Dort soll das Grab des heiligen Jakobus sein. Das Zeichen auf den Pilgerwegen ist die Jakobsmuschel. Wer auf dem rund 25.000 Kilometer langen Wegenetz diesem Symbol folgt, kommt irgendwann in Santiago de Compostela an. Noch einmal 100 Kilometer weiter entlang der Westküste Spaniens erreicht der Pilger das Kap Finisterre, das Ende der Welt, abgeleitet vom lateinischen Ausdruck "finis terrae". Das bedeutet "Ende der Erde". In der Antike endete dort im Westen Europas die damals bekannte Welt.

Und wo beginnt der Jakobsweg? "An der eigenen Haustür", sagt Chiari. Gläubige Menschen hoffen mit dem Pilgern auf einen Erlass von Sündenstrafen. Das galt vor allem im Mittelalter. Doch spätestens mit dem Buch von Hape Kerkeling "Ich bin dann mal weg" steht oft nicht mehr der religiöse Aspekt im Vordergrund. Es geht darum, den Alltag loszulassen.

Chiari machte sich zum ersten Mal im Jahre 2014 auf den Jakobsweg. Er stand damals vor einer beruflichen Neuorientierung. Vor sieben Jahren nahm er sich den beliebten und rund 800 Kilometer langen Camino Francés vor. Er beginnt in den französischen Pyrenäen in SaintJean-Pied-de-Port rund 15 Kilometer von der spanischen Grenze entfernt und endet in Santiago de Compostela. Rund einen Monat war Chiari unterwegs. Er war alleine unterwegs und ließ seine Frau und die beiden Kinder zurück. Diese Erfahrung prägte auch den ersten Teil der Wanderung. Es ging darum, mit Schmerzen und Emotionen umzugehen. Hier komme es darauf an durchzuhalten, so Chiari.

Inzwischen ist er vom Pilgervirus infiziert

Im zweiten Teil der Wanderung sterbe ein Teil des Menschen, sagt der Möttlinger: "Man trennt sich von Personen und Dingen." Im dritten Teil des Weges erlebe der Pilger eine Art Wiedergeburt: "Man kommt in Santiago de Compostela als neuer Mensch an." Unterwegs lasse der Pilger immer mehr Ballast zurück. "Von da an war ich vom Pilgervirus infiziert", blickt Chiari zurück. Er ist immer neue Wege auf diesem weitverzweigten Netz gegangen. Dabei hat er unheimlich offene und freundliche Menschen kennengelernt. Nach seinem Pilgern hat sich Chiari nicht nur neu orientiert, sondern ist mit seiner Familie auch nach Möttlingen gezogen.

Später fiel Chiari jedoch auf, dass dieses Pilgernetz gerade im Nordschwarzwald, seiner neuen Heimat, eine große Lücke hat. Das ließ ihn nicht ruhen. Er machte sich auf die Suche und stellte fest, dass es in der Region sehr wohl Punkte gibt, wo sich einst Pilger auf dem Jakobsweg getroffen haben. Rund einem Monat recherchierte er im Internet, am Telefon und vor Ort. Ausgangspunkt seiner Recherchen war Sinsheim, das bereits an einem bekannten Jakobsweg liegt. In der Stadt gibt es die Pfarrkirche St. Jakobus. Eine solche Kirche aber gibt es auch in Eichelberg, einem Stadtteil von Östringen. Eine Gedenktafel der Arbeitsgemeinschaft Eichelberger Vereine an dem Gotteshaus weist darauf hin, dass sich dort im Mittelalter Pilger auf dem Weg nach Santiago de Compostela trafen. Eine Unterkunft fanden sie auch im ehemaligen Klosterstift Odenheim sowie im Kloster Maulbronn. In Münklingen, einem Stadtteil von Weil der Stadt, steht eine Jakobshütte. Früher war dort eine Kirche. Eine Tafel der Kirchengemeinde Münklingen weist darauf hin, dass an dieser Stelle einst Pilger auf ihrem Weg nach Santiago de Compostela rasteten.

Eine wichtige Station war auch das ehemalige Kloster Hirsau. In Bad Teinach-Zavelstein fanden sogar früher Feste zu Ehren des heiligen Jakobus statt. Übernachtet haben die Pilger einst auch im ehemaligen Kloster in Wildberg. Und Horb schließlich liegt bereits an einem bekannten Jakobsweg.

Route penibel rekonstruiert

Die von Chiari penibel rekonstruierte Route führt durch 17 Kommunen und sechs Landkreise, darunter die Städte Bad Liebenzell, Calw, Bad Teinach-Zavelstein, Wildberg, Nagold und Horb. Die meisten Kommunen hat Chiari bereits über seine Recherchen informiert. Die dortigen Ansprechpartner waren alle begeistert, berichtet er. Zuvor sprach er jedoch mit der badischen Jakobusgesellschaft mit Sitz in Bad Krozingen. Dort waren sie sofort begeistert. Der Name des neuen Jakobsweges steht auch schon fest. Er heißt Bad Liebenzeller Jakobsweg. Der Initiator für den neuen Weg komme aus Bad Liebenzell. Folglich soll er auch so heißen. "Ich habe es nicht darauf angelegt", versichert Chiari. Er hatte vorgeschlagen, dass er nordschwarzwälder Jakobsweg heißen soll. Und noch etwas ist ihm wichtig. Der neue Weg soll keinesfalls eine Konkurrenz zu anderen Routen sein.