Laubbäume und Weißtannen sind schon auf der kahlgeschlagenen Fläche vorhanden und können nun wachsen. Foto: Forst BW

Ökologischer Ausgleich im Rahmen von Straßenbauarbeiten. Fichte kommt an Standort nicht natürlich vor.

Wer auf der Kreisstraße von Wittendorf Richtung Leinstetten/Neuneck fährt, kann beim Erreichen des Waldes rechts der Straße unterhalb des Hubertussees eine Fläche sehen, wo bis vor kurzem noch Wald stand. Der ist verschwunden.

Loßburg - Kurz vor Weihnachten 2020 war auf rund einem Hektar Fläche innerhalb weniger Tage der Wald plötzlich weg. Wie kommt das?, wird sich mancher fragen, wo doch in Zeiten von Klimawandel, Borkenkäfer und Stürmen jeder Quadratmeter Wald erhalten bleiben sollte.

Der Kahlschlag, so die Forst BW, diene dem ökologischen Ausgleich zur Baumaßnahme an der Kreisstraße K 4777 Loßburg – Ödenwald. Im Zuge des Ausbaus der Kreisstraße in den Jahren 2018/2019 wurde Wald des Landes Baden-Württemberg in Anspruch genommen und umgewandelt, also Bäume beidseitig der Straße im angrenzenden Staatswald für den Ausbau der Straße gefällt. Dafür mussten an anderer Stelle Maßnahmen für einen ökologischen Ausgleich für die Waldinanspruchnahme umgesetzt werden.

Nicht standortgerechte Bäume machen einem Mischwald Platz

Forst BW hatte dafür im Vorfeld der Baumaßnahme Vorschläge beim zuständigen Straßenbauamt des Landkreises Freudenstadt eingereicht. So wurde im ersten Halbjahr 2018 bereits der Lippbach im Bereich des Gaisbachweihers renaturiert und für wandernde Fischarten wieder passierbar gemacht. Dies beinhaltete ebenso die ufernahe Bepflanzung mit bachbegleitenden Baumarten, wie Schwarzerle und Weide sowie den Rückbau eines mit Betonplatten verbauten Abschnitts des Lippbachs oberhalb des Gaisbachweihers.

Der zweite Eingriff hatte den Kahlschlag von einem Hektar Fichtenreinbestand zum Ziel. Die Fichten wurden nach Aufgabe der Bewirtschaftung der bachnahen Wiesen vor gut 50 Jahren von den damaligen Flächeneigentümern gepflanzt. Die Fichte kommt auf diesem feuchten und nährstoffreichen Standort keineswegs natürlich vor, wächst aber relativ schnell und bringt guten Ertrag. "Ökologisch sinnvoll und natürlicherweise käme hier ein Laubwald mit Erle, Weide, Stieleiche und Sträuchern vor", sagt Forstrevierleiterin Ulrike Becker, die für die Umsetzung des Plans vor Ort zuständig ist. Mit dem Aushieb der nicht standortgerechten Fichten ist nun der Grundstein für das Heranwachsen eines Mischwaldes aus Laubbäumen und Weißtanne gelegt. Diese sind bereits durch Naturverjüngung auf der Fläche vorhanden und müssen nicht mehr gepflanzt werden. Auch haben sich bereits Sträucher wie Holunder und Pfaffenhütchen angesiedelt. Andere Baumarten, wie Erlen, Weißtannen oder Ahorn blieben von der Holzernte ausgenommen.

Revierleiterin Becker merkt an, dass "die Erlen entlang des Baches, einzelne Totholzbäume sowie eine mächtige Weißtanne mit zwei Gipfeln unbedingt zu erhalten sind, weil sie Mikrohabitate für bestimmte Tierarten darstellen können."

Um den empfindlichen Waldboden so gut es geht zu schonen, entschied sich die Forst BW bei der Holzernte für einen Harvester mit Raupenfahrwerk und für die Bringung des Holzes für einen Rückezug mit extra breiten Bändern über den Breitreifen.

Holzernte möglichst schonend für den Waldboden

"Die Baumwipfel und das Reisig, das der Harvester beim Entasten und Abtrennen der Stämme vor sich ablegte, bildeten für die Maschinen eine dicke Reisigauflage in der Rückegasse. Ähnlich einer Polsterauflage bewegten sich Raupenharvester und Rückezug darauf, ohne dem Waldboden zu schaden", erläutert Frau Becker.

Sobald die Witterung es zulässt, machen die Forstwirte des Revieres Büchenberg einen Pflegedurchgang über die Fläche. Dabei werden beschädigte, umgedrückte junge Bäumchen umgesägt, sodass ein gesunder Mischbestand aus Weißtanne, Laubholz und Sträuchern erwachsen kann. Die Produktion von Nutzholz steht auf dieser Fläche langfristig nicht im Vordergrund, hier soll der natürlichen Entwicklung Raum gegeben werden.

Für den Waldbesitzer Forst BW können solche Flächen entlang von Fließgewässern gut für den ökologischen Ausgleich in Fällen wie diesem genutzt werden, wie selbiger mitteilt. Oft seien die gewässernahen Flächen in der Vergangenheit mit Fichten aufgeforstet worden. Diese Flächen jetzt wieder zu renaturieren und damit eine ökologische Aufwertung zu erreichen, stelle auch einen wichtigen Beitrag zum Natur- und Artenschutz dar.