Der junge Wespenbussard bei der Untersuchung und Fütterung in der Greifvogelpflegestation von Achim Klumpp. Foto: Diehl, Landratsamt

Vogel habe völlig teilnahmslos an Straßenrand gelegen. Auswilderung in drei Wochen geplant.

Loßburg - Er ist selten, groß, friedfertig und lebt von Larven und Pfirsichen: Der Wespenbussard. Ein geschwächtes Jungtier wurde kürzlich bei Loßburg gefunden. Wenn es überleben will, muss es in wenigen Wochen fit sein, um nach Afrika aufzubrechen.

Jungtier lag teilnahmslos am Straßenrand

Zwischen die derzeit täglichen Anrufe bei der Unteren Naturschutzbehörde wegen Wespen- und Hornissenproblemen platzte kürzlich eine Meldung über einen offenbar verletzten Greifvogel in Loßburg-Ödenwald. Radfahrer hatten den seltenen Vogel entdeckt, wie das Landratsamt mitteilt. Das Jungtier habe teilnahmslos im Straßengraben gelegen, aber noch gelebt, so die erste Nachricht. Von Familie Kilgus wurde der Vogel geborgen und an Wolfgang Diehl vom Landratsamt übergeben. Nach Rücksprache mit Achim Klumpp wurde das Tier in seine Greifvogelpflegestation nach Baiersbronn-Mitteltal gebracht. Routiniert untersuchte Achim Klumpp das etwa vier Wochen alte Jungtier auf Verletzungen. Ein paar Parasiten haben entfernt werden müssen, sogenannte Schaflausfliegen, die sich am geschwächten Vogel festsetzen und Blut saugen. "Dann verlieren die Fliegen ihre Flügel und bleiben als blutsaugende Monster am Vogel sitzen", veranschaulicht Klumpp. Er habe jede Fliege mühevoll einzeln mit den Fingernägeln entfernen müssen, weil sie so zäh seien. Da sei es gut, dass der Wespenbussard von Natur aus besonders friedfertig sei und die Prozedur über sich ergehen ließ, ohne zu beißen.

"Es geht ihm ganz gut", meint Klumpp drei Tage später. "Ich habe die Vermutung, dass der Vogel entweder von einem Uhu aus dem Nest verscheucht wurde oder beim letzten Sturm herausgefallen ist." Er habe dann wohl seit Tagen nicht mehr gefressen. "Ich bin mir sicher, dass der junge Vogel keine weitere Nacht draußen überlebt hätte. Er konnte nur noch liegen. Vermutlich hätte ihn ein Fuchs geholt."

Zugvögel orientieren sich auf dem Weg in den Süden an Magnetströmen

Da hatte das Federtier großes Glück. Nun könne man einen jungen Wespenbussard aber nicht füttern wie einen Mäusebussard. Er fresse Wespenlarven. "Die bekommt man von Imkern, die Larven für Notfälle spenden, oder manchmal auch beim Tierarzt. Ich hatte kaum genug davon und musste gestern noch mal welche holen." Dazu gebe es für den Bussard eine Nährsalzlösung zu trinken und hin und wieder Pfirsich. "Das mag er sehr gerne, weil er in Afrika auch Pfirsiche frisst." Schon in wenigen Wochen sollte der Vogel nach Afrika aufbrechen, da Wespenbussarde den Winter nicht in Deutschland verbringen können. "Man könnte ihn nicht einmal überwintern, wenn man es wollte", meint Klumpp. "Er ist nicht kältefest und so viele Wespenlarven gibt es auch nicht." Er mache sicher aber keine Sorgen, dass es mit dem Flug Richtung Süden nicht klappen könnte. "Im Moment kann der Wespenbussard noch nicht richtig fliegen. Die Federn sind noch nicht ausgewachsen." Das ändere sich aber in den nächsten zwei oder drei Wochen sehr schnell.

Bald komme er in eine größere Voliere, um die Muskeln aufzubauen - und zwar allein, weil die Vogelart sehr stressanfällig sei. "Wenn er sich weiter so gut entwickelt, kann ich ihn in drei Wochen fliegen lassen." Klumpp weiß, dass der Bussard den Weg nach Afrika findet. "Die Zugroute ist den Tieren vorgegeben. Sie orientieren sich an Magnetströmen und Orientierungspunkten." Außerdem sei er ja nicht allein. "Die Zugzeit geht von Mitte August bis Oktober. Und er kann andere Bussarde problemlos auf fünf Kilometer Entfernung sehen. Denen wird er sich dann wohl anschließen."

Wespenbussarde sind gefährdet

Vermutlich sei das der erste und letzte Wespenbussard, den Klumpp in diesem Jahr gesund pflegen kann. "Wespenbussarde sind unheimlich selten. Man erkennt sie an den Schlitzförmigen Nasenlöchern, die nur sie haben", erklärt der Vogelexperte. "Ich bekomme etwa 300 Greifvögel pro Jahr. Aber es sind nur ein oder zwei Wespenbussarde dabei." Wenn das einmal vorkomme, sei es auch für ihn etwas ganz besonderes.

Wespenbussarde werden etwas größer als Mäusebussarde, sind aber etwas leichter und wirken schlanker. Gelegentlich werden sie auch als "Läuferfalken" bezeichnet, weil sie auf Nahrungssuche oft größere Strecken zu Fuß zurücklegen. Sie sind für ihre spezielle Ernährungsweise gut ausgestattet. Sie beobachten Wespen beim Flug und stellen ihnen dort nach, wo sie ihr Bodennest aufsuchen. Zum Ausgraben der Wespennester sind die Beine sehr kräftig und gegen Stiche dick beschuppt. Auch das Gefieder ist vor allem um die Augen sehr dicht. Beim Graben nach Wespenwaben schließen sie die Augen und die Nasenlöcher sind im Gegensatz zum Mäusebussard schlitzförmig statt rund, als Schutz vor den Wespenstichen. Mit dem feinen, pinzettenähnlichen Schnabel ziehen sie die Wespenlarven aus den Waben. Wespenbussarde sind nur wenige Monate Gast in Deutschland und brüten relativ spät, damit die Aufzuchtzeit in die wespenreiche Zeit fällt. Ab August ziehen sie wieder in ihr Winterquartier südlich der Sahara. Wespenbussarde sind streng geschützt und auf der Roten Liste Deutschlands als gefährdet eingestuft.