Ihre Haustiere liebt Marianne Silzle über alles. Dazu gehören neben Ascada (Foto) auch noch Kater Max und zwei weitere Hunde, Lissy und Kimba. Foto: Breitenreuter

Wie die 17-jährige Marianne Silzle mit MS umgeht / Mit elf Jahren im Rollstuhl – heute begeisterte Tänzerin

Loßburg - Marianne Silzle ist 17. Die lebenslustige Loßburgerin tanzt leidenschaftlich Hip-Hop, spielt Trompete und mischt in der Fasnet bei den Schlossberghexen in Loßburg mit. Vor sechs Jahren konnte sie sich kaum bewegen, war an den Rollstuhl gefesselt. Marianne Silzle hat MS.

Als sie elf Jahre alt war, brach die heimtückische Nervenkrankheit Multiple Sklerose aus. "Ich hätte nie gedacht, dass es das auch bei Kindern gibt", sagt ihr Vater Arno Silzle. Und es dauerte damals einige Zeit, bis die Ärzte die richtige Diagnose stellten. Zunächst versagten dem Mädchen mal die Beine, oder der Füller fiel beim Hausaufgabenmachen aus der Hand. Dazu kam ein seltsames Kribbeln in den Gliedmaßen. Der Ausbruch der Multiplen Sklerose war dann heftig. "Ich konnte mich kontrolliert gar nicht mehr bewegen", erinnert sich die 17-Jährige.

Für Eltern war Diagnose ein Schock

Auch für die Eltern Arno und Siglinde Silzle war das ein Schock, doch mit der Situation einfach abfinden wollten sie sich nicht. Mutter Siglinde suchte nach Spezialisten und stieß im Internet auf eine Klinik in Göttingen, die sich in der Behandlung von MS speziell auf Kinder und Jugendliche ausgerichtet hat.

"Ich wollte von der Krankheit nichts wissen und auch nichts damit zu tun haben", schildert Marianne Silzle ihre Empfindungen von damals. Eine "Plasmapharese", eine Art Blutwäsche, brachte für Marianne Silzle die Wende. Sie musste mehrere Prozeduren, verteilt auf eine Woche, über sich ergehen lassen, aber nach der dritten "Plasmapharese" konnte sie wieder etwas greifen oder einen Fuß hochheben. Während der Zeit in der Göttinger Klinik war ein Elternteil immer bei Marianne.

Am Rollator lernte die Jugendliche dann wieder gehen. Ihre Muskeln mussten zuerst wieder aufgebaut werden. Heute merkt man der jungen Frau ihre Krankheit nicht mehr an, doch sie ist immer noch da. Ein Schub kann jederzeit kommen. Marianne Silzle spürt das bereits im Vorfeld. "Nach jedem MS-Schub weiß man nicht, ob etwas zurückbleibt, zum Beispiel eine Lähmung", weiß die junge Frau, die sich viel mit MS beschäftigt hat. "Doch bis jetzt hatte ich Glück", sagt sie und lacht dabei. Jede Woche geht sie zur Krankengymnastik, und alle zwei Tage muss sie sich selbst ein Präparat spritzen, das die MS-Schübe etwas im Zaum halten soll. Kommt dennoch einer, dann muss Marianne Silzle mit Kortison behandelt werden.

"Tanzen ist Medizin für die Seele"

Die 17-jährige Loßburgerin hat gelernt, mit der Krankheit umzugehen. Seit ihrem sechsten Lebensjahr tanzt Marianne Silzle und daraus schöpft sie viel Lebensmut. Im Freudenstädter Tanzzentrum Hermann gehört sie zur Gruppe "DynamiXx". Mit ihr wurde sie deutsche Vizemeisterin im Hip-Hop und belegte bei der Weltmeisterschaft in Italien den dritten Platz. "Wenn ich tanze, denke ich nicht nach, das ist Medizin für die Seele", betont die Schülerin des sozialwissenschaftlichen Gymnasiums an der Luise-Büchner-Schule in Freudenstadt. Nebenbei spielt sie Trompete im Loßburger Musikverein in der Bauernkapelle und bei der Guggenmusik Hexaheuler in Freudenstadt. Auch bei der Trachtengruppe Loßburg wirkt sie mit.

Der offene Umgang mit der heimtückischen Krankheit hat Marianne Silzle geholfen, nicht in ein tiefes Loch zu fallen und sich in ihrem Zimmer zu verschanzen. Bereits in der Realschule in Loßburg, die sie beim Ausbruch der Krankheit besuchte, sprach sie später vor den Schülern in der fünften und sechsten Klasse offen über MS. Doch auch Enttäuschungen blieben nicht aus. "Es gab Freundinnen, die nichts mehr mit mir zu tun haben wollten", erinnert sich Marianne Silzle. "Als die sich später wieder annähern wollten, habe ich das nicht zugelassen. Das fand ich einfach nur blöd".

Marianne Silzle engagiert sich in der DMSG (Deutsche Multiple Sklerose Gesellschaft) und in deren Landesverband Baden-Württemberg, AMSEL. So stellte sie sich mehrfach für Statements, wie man auch im jungen Alter mit der Krankheit umgehen kann, zur Verfügung und arbeitet in einem Projekt mit, bei dem Armbänder hergestellt und zugunsten der DMSG verkauft werden.

Am 15. Oktober reist Marianne Silzle mit ihren Eltern nach Berlin, denn am 16. Oktober erhält sie den Pia Näbauer Preis der DMSG, der an junge MS-Erkrankte, die sich in besonderem Maße engagiert haben, verliehen wird. In Berlin wird die Loßburgerin auch noch in einem Video-Clip mitwirken. Junge Menschen, die an MS erkranken, versucht Marianne Silzle immer aufzumuntern: "Du fällst doch nicht tot um", sagt sie.

Info: Multiple Sklerose (MS)

Die Multiple Sklerose (MS) ist eine im Gehirn und Rückenmark verstreut auftretende Entzündung, die unterschiedlich verlaufen kann. Das Gehirn stellt eine Art Schaltzentrale dar, in der Signale über das Rückenmark zum Körper gesendet oder von dort empfangen werden; diese werden von verschiedenen Nervenfasern geleitet, die ähnlich wie elektrische Kabel von einer Isolierschicht, dem Myelin, umgeben sind.

Entsteht ein Entzündungsherd im Bereich dieser Schutzschicht, können die Botschaften nicht so wirkungsvoll übertragen werden. MS-Erkrankte können dann zum Beispiel Kribbelmissempfindungen verspüren, vermehrt stolpern oder Schwierigkeiten beim Sehen bekommen.