Die idyllische Heimbachaue ist der Lebensraum vieler heimischer Tiere und Insektenarten. Foto: Fuchs

Was sind das für seltsame laternenartige Teile? Das mag sich der ein oder andere Besucher der Heimbachaue schon gefragt haben. Angefangen bei der Heimbachhalle hängt an jeder Laterne rund um das Naturschutzgebiet neuerdings eins davon.

Loßburg-Betzweiler - Ein Forschungsprojekt des Regierungspräsidiums Karlsruhe soll zur Schaffung einer insektenfreundlicheren Beleuchtung in der Umgebung von Naturschutzgebieten beitragen. Exemplarisch wurden dafür drei Gebiete in Baden-Württemberg ausgewählt, in denen die Lichtverschmutzung ermittelt wird. Eins davon ist die Heimbachaue in Betzweiler.

"NaturLicht" startet in die sichtbare Phase

Licht ist ein wesentlicher Umweltfaktor, der die innere Uhr der meisten Lebewesen beeinflusst, teilt das Regierungspräsidium in einer Pressemeldung mit. Künstliches Licht könne erhebliche negative Auswirkungen auf nachtaktive Tierarten, vor allem auf Insekten und Fledermäuse, haben. Obwohl Insekten oft klein und unscheinbar seien, bilden sie mit Abstand die größte Artengruppe und ihre Ökosystemleistungen seien immens. Eine insektenfreundliche Beleuchtung diene maßgeblich dem Schutz der heimischen biologischen Vielfalt. Als Teil des landesweiten Sonderprogramms zur Stärkung der biologischen Vielfalt in Baden-Württemberg, wurde daher im Jahr 2020 am Naturschutzreferat des Regierungspräsidiums Karlsruhe das Projekt "NaturLicht" ins Leben gerufen. Dieses ist nun in die "sichtbare" Phase gestartet: die Erhebung der tatsächlichen Lichtverschmutzung in drei ausgewählten Naturschutzgebieten in den Landkreisen Rhein-Neckar, Karlsruhe und Freudenstadt.

Das Naturschutzgebiet "Heimbachaue" im Loßburger Ortsteil Betzenweiler-Wälde wurde 1985 ausgewiesen und ist knapp zehn Hektar groß. Es umfasst den Heimbach mit seiner Aue und beherbergt typische Tiere und Pflanzen der Fließgewässer, Röhrichte, Hochstaudenfluren und Feuchtwiesen.

Die anderen ausgewählten Naturschutzgebiete sind das 150 Hektar große Gebiet "Backofen-Riedwiesen" im Rhein-Neckar-Kreis, das an das Stadtgebiet von Mannheim und Brühl grenzt, sowie das rund 70 Hektar große Naturschutzgebiet "Alter Flugplatz" im Stadtgebiet Karlsruhe.

Wie gehen die Experten nun vor, bei der Ermittlung der Lichtverschmutzung? Die Arbeitsgemeinschaft "Lichtverschmutzung und Ökophysiologie des Leibniz-Institutes für Gewässerökologie und Binnenfischerei (Berlin)" hat vor einigen Wochen Insektenfallen an Lampenmasten am Rande der drei Naturschutzgebiete aufgehängt. Damit wäre die Frage nach den Gegenständen, die an den Laternen befestigt sind, geklärt. Seit vergangener Woche werden diese Insektenfallen erstmals geleert, um genaue Daten zur Auswirkung der aktuellen Beleuchtung auf die Insektenfauna erheben zu können. Die Leerungen der Fallen finden von nun an regelmäßig bis Oktober statt, sodass die Fänge über diesen Zeitraum analysiert werden können. Ende des Jahres werden genaue Daten über die Art und Anzahl der Insekten vorliegen, die durch die nächtliche Beleuchtung negativ beeinflusst werden. Dann kann die Beeinträchtigungen bewertet und Vorschläge für die Minderung dieser Beeinträchtigungen erarbeitet werden.

Insektenfreundlichere Leuchtmittel als Ziel

Im Projektzeitraum stehen Finanzmittel in Höhe von 440 000 Euro zur Verfügung. Ziel des Projekts ist es, die Lichtverschmutzung einzudämmen und den Artenschutz zu verbessern, so das Regierungspräsidium Karlsruhe. Lichtverschmutzung ist das "Zuviel" an künstlichem Licht in der Nacht – mit negativen Auswirkungen auf die heimische Tierwelt. Mit Hilfe des Projekts sollen Aussagen über das Ausmaß der Lichtverschmutzung im Umfeld von Naturschutzgebieten gewonnen und konkrete Verbesserungsmöglichkeiten umgesetzt werden. Diese sollen dann der flächendeckenden Überprüfung der Beleuchtungssituation in Naturschutzgebieten und damit der Qualitätssicherung von Naturschutzgebieten landesweit dienen.

Das Forschungsprojekt gliedert sich in vier Phasen. In Phase eins wurden im vergangenen Jahr mit den Kommunen drei exemplarische Naturschutzgebiete ausgewählt, die für drei nächtliche Beleuchtungssituationen stehen. Zum einen für Städte mit hoher Beleuchtungsintensität, wie es im Naturschutzgebiet "Alter Flugplatz" der Fall ist. Die zweite Beleuchtungssituation ist der Ortsrand mit mittlerer Beleuchtungsintensität, wofür das Naturschutzgebiet "Backofen-Riedwiesen" steht. Die Heimbachaue verkörpert das Naturschutzgebiet im ländlichen Raum mit geringer Beleuchtungsintensität.

In Phase zwei des Projekts wird die tatsächliche Lichtverschmutzung in den ausgewählten Naturschutzgebieten ermittelt und bewertet.

Phase drei steht für die Umsetzung der Maßnahmen mit vergleichenden Erfolgskontrollen. Das Regierungspräsidium erstellt eine Arbeitshilfe für Kommunen und Genehmigungsbehörden mit dem aktuellen wissenschaftlichen Kenntnisstand zum Thema Beleuchtung und Insektenschutz. Ziel ist es, auf insektenfreundlichere Leuchtmittel umzurüsten, die den Schutz der Insekten, aber auch weiterhin die Sicherheit der Bürger gewährleistet. Willkommener Nebeneffekt des Projektes werde auch eine Energieeinsparung und damit eine Verringerung der Stromkosten für die Kommunen sein, so das Regierungspräsidium. Am Schluss folgt Phase vier, die ab dem Jahr 2022 starten soll: Die Fortführung der Erfolgskontrollen. Das erarbeitete Konzept soll in weitere Schutzgebiete und gegebenenfalls weitere Flächen außerhalb von Schutzgebieten übertragen werden.