Stolzes Anwesen mit langer Geschichte: Der Adrionshof ist in neuen Händen. Foto: Günther

Unternehmerfamilie kauft denkmalgeschütztes Ensemble in Ödenwald. Zuletzt als "Tatort"-Kulisse genutzt.

Loßburg-Ödenwald - Neue Nutzung eines eines denkmalgeschützten Ensembles, das zunehmend verfiel: Der Adrionshof in Ödenwald, zuletzt als "Tatort"-Filmkulisse im Licht der Öffentlichkeit, ist verkauft. Eine kinderreiche und pferdebegeistgerte Familie will sich dort einen Traum erfüllen.

In dem in malerischer Umgebung stehenden denkmalgeschützten Ensemble sind noch vereinzelt Zeugnisse feudaler Glanzzeiten zu bewundern. Untrügliche Zeichen des Verfalls, unbewohnbare Zimmer und Wasserschäden, die sich durchs gesamte Anwesen ziehen, überwiegen jedoch. Die Rede ist vom einstmals stolzen Adrionshof, einem zum Hotel ausgebauten Waldbauernhof, der in seinen Glanzzeiten in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts als einer der größten Gutshöfe galt und eines der ersten Häuser in der Umgebung war.

Hatte doch der Adrionshof alles, was damals zu einem Gutshof und Landhotel gehörte: eine große, moderne Landwirtschaft mit Ackerbau, Viehzucht und Waldwirtschaft samt angeschlossener Sägemühle. Moderne Stallungen, eine große Scheune mit imposanter Hocheinfahrt sowie auf der gegenüberliegenden Straßenseite ein großes Leibgedinghaus gehören gleichfalls zum Adrionshof. Hinzu kamen im Laufe der Jahre ein Personalwohnhaus samt Garagentrakt, eine Reithalle, ein Reitplatz sowie ein großer Anbau mit Hallenbad und Massageabteilung.

Anwesen dienste zuletzt als "Tatort"-Filmkulisse

Den Mittelpunkt des Ensembles bildet der neu erbaute Gasthof. Weit über die Region hinaus war der Adrionshof damals bekannt für seine Gastfreundschaft, geschätzt wurden die Wild- und Forellengerichte sowie die Vesper. Zahlreiche Gäste reisten mit der Kutsche an, im Winter mit Pferdeschlitten; die großen Stallungen boten Platz für deren Pferde.

In den 1970er-Jahren investierte die damalige Besitzerfamilie Göckelmann in den Neubau eines großen Hallenbads, parallel dazu war allerdings ein permanenter Gästerückgang zu verzeichnen. Ein Abwärtstrend, den auch die neue, oberhalb des Adrionshofs errichtete Wanderhütte "Zum Strutwirt" nicht aufhalten konnte. Zeitgleich mit der Eröffnung der neuen Wanderhütte im Juli 2013 wurden Gastronomie und Hotelbetrieb im Adrionshof geschlossen und mehr oder weniger sich selbst überlassen.

Jahre später entschied sich die Erbengemeinschaft, das Anwesen zu veräußern. Die Wanderhütte wurde vom neuen Besitzer unter dem Namen "Tann-Stub’" wieder eröffnet, der restliche Grundbesitz wurde teilweise an den Staatsforst, zum anderen Teil an private Besitzer verkauft.

Genug Platz für Kinder und Pferde

Jetzt ist auch der Adrionshof in neue Hände übergegangen. Damit besteht Hoffnung, dass in den alten denkmalgeschützten Gemäuern wieder neues Leben einzieht. Denn eine Familie aus dem Kreis Freudenstadt möchte sich dort ihren Traum verwirklichen und den Adrionshof wieder aus dem Dornröschenschlaf erwecken. Von daher könnte es noch eine ganze Weile dauern, bis auf dem Adrionshof wieder Leben einkehrt. Denn der Sanierungsaufwand ist beträchtlich.

Die Pferdestallungen hingegen wurden durchgehend genutzt. In der Reithalle des Adrionshofs finden für die Kinder des Kinderheims Loßburg-Rodt tiergestützte Therapie und heiltherapeutisches Reiten statt. In den Stallungen werden Pferde und Kleintiere gehalten, die Betreuer und Kinder gemeinsam versorgen. Dies soll auch weiterhin möglich sein, wie die neuen Besitzer versichern. Das Gelände ringsum biete genügend Platz sowohl für die eigenen Pferde als auch für die Gruppen der Bruderhausdiakonie. Bleiben könne auch der über die Flächen des Adrionshofs verlaufende Wanderweg. Der Ostweg wird stark frequentiert.

Ferienwohnungen im einstigen Personalhaus

Die Pläne für die Sanierung der Gebäude sind vielfältig: Im ehemaligen Personalhaus sollen barrierefreie Ferienwohnungen entstehen, im Leibgedinghaus sollen die großen Mietwohnungen renoviert werden. Das Hallenbad wird nach Erhalt der Genehmigung abgerissen.

Und der Adrionshof selbst? Der soll wieder in seiner ursprünglichen Pracht erstrahlen, wobei es wie zur Zeit seiner Entstehung keine Gastronomie und keinen Hotelbetrieb mehr im Haus geben wird. Angesichts der zeitaufwendigen Arbeiten hofft die neue Besitzerfamilie, wie sie augenzwinkernd preisgibt, dass sie beim Einzug "dann überhaupt noch Kinderzimmer im Adrionshof brauchen" wird.

Info: Adrionshof und Ödenwald

Der Adrionshof ist ein Waldbauernhof in Ödenwald. Urkundlich erwähnt wurde der aus Waldrodungen entstandene Weiler Ödenwald erstmals 1080. Ödenwald gehört politisch seit jeher zu Loßburg, kirchlich zum Kirchspiel Schömberg.

In einer alten Chronik wird Ödenwald als malerischer Weiler mit Grünanlage, Wassertretanlage und Freilandschach beschrieben. Zeitweise war dort eine Fabrik für chemische Produkte angesiedelt. Aus alten Urkunden geht auch hervor, dass die Besitzerfamilien des Waldbauernhofs – Adrion und Göckelmann – umsichtige Geschäftsleute und angesehene Forst- und Landwirte waren, die nicht nur durch die Landwirtschaft, sondern auch durch Harzverkauf und durch die Sägemühle Gewinne erwirtschafteten.

Beschrieben wird, dass ein Hans Jörg Adrion im Jahr 1726 an über 200 verschiedene Schuldner in den Ortschaften ringsum Geld verliehen hatte.

Ein großes Unglück ereignete sich 1906 auf dem Adrionshof: Durch ein von einem Hütebuben "aus Heimweh gelegtes Feuer" brannte der Adrionshof vollständig nieder. Der neue Adrionshof wurde durch Baumeister Otto Stock aus Stuttgart erbaut.

In den 1920er-Jahren wurde der Hof stetig erweitert. Neben Forst- und Landwirtschaft und Sägemühle entwickelte sich ein Hotelbetrieb. Gäste aus illustren Kreisen gönnten sich auf dem Adrionshof einen Schwarzwaldurlaub und rühmten "Die ausgezeichnete Küche, die angenehme Atmosphäre sowie die einzigartige Lage des Gasthauses."

Ehre wurde dem Adrionshof auch während der NS-Zeit zuteil. Vom Reichsnährstand wurde er für besondere Leistungen ausgezeichnet.

Trotz Modernisierungsmaßnahmen in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts fand der Adrionshof nicht mehr zu alter Größe und wurde schließlich dem Verfall preisgegeben.

Im Licht der Öffentlichkeit stand der Hof zuletzt als Kulisse beim Loßburger "Tatort" mit Ulrike Folkerts mit dem Titel "Waldlust". Im Film hieß das Anwesen jedoch "Lorenzhof".