Einen aufgeräumten Garten hatte Gustav Jahn früher auch. "Aber dann ist mir klar geworden, dass das für die Natur nicht gut ist." Foto: Privat Foto: Schwarzwälder Bote

Freizeit: Gustav Jahn verrät das Geheimnis um einen gesunden Garten / Darum hält das Hobby (nicht nur in Corona-Zeiten) gesund

Kontaktverbot, geschlossene Türen und ganz viel Zeit durch Kurzarbeit – da fällt einem schnell die Decke auf den Kopf. Einen Ausgleich kann, sofern vorhanden, der heimische Garten bieten. Wie sich der auf den Sommer am besten nutzen lässt, weiß Gustav Jahn vom Verein der Gartenfreunde.

Loßburg-Rodt. Stammtisch im Januar, Treffen im Februar, der Austausch von Bodenproben, eine Wanderung am 1. Mai. Und das ist längst nicht alles. Normalerweise ist der etwa 100 Mitglieder zählende Verein der Gartenfreunde Loßburg-Rodt sehr aktiv. Aber dieses Jahr sieht es natürlich anders aus. "Unseren Jahresausflug im Sommer wollten wir nach Überlingen zur Landesgartenschau machen", erklärt Vereinsvorsitzender Gustav Jahn. Daraus werde nun nichts.

Das hält den 72-Jährigen jedoch nicht davon ab, sein Hobby alleine zu leben. "Wer einen Garten hat und ihn selber bewirtschaftet, muss nicht so oft zum Doktor", ist er überzeugt. "Die Bewegung an der frischen Luft wirkt Wunder." Bewegung hat er mehr als genug, denn er hat keinen Wasseranschluss im Garten und muss es eimerweise vom Bach holen. Sein Grundstück gehöre der Gemeinde, die er wegen des Wasseranschlusses schon kontaktiert habe, bisher jedoch erfolglos.

Noch sieht Jahns kleines Paradies ein wenig karg aus, denn gepflanzt hat er noch nichts. "Da muss man bis zum 15. Mai warten", erklärt er. "Sonst erfrieren die Pflanzen, wenn die Eisheiligen kommen." Nur Zwiebeln und Kartoffeln haben schon früher Überlebenschancen. "Die Furchen für die Kartoffeln habe ich schon fertig gemacht", meint er. Bald will er die Knollen stecken.

Wichtig sei für alle Gärtner jetzt gerade das Vordüngen. "Unsere Böden sind nämlich kalt und zum Teil sandig." Bei Mineraldünger werde oft von Kunstdünger geredet, was in Jahns Augen falsch ist. "Dünger, der nur Kalium, Stickstoff und Phosphor enthält, ist nicht künstlich, weil die Stoffe aus der Natur stammen." Befinde sich also kein weiterer Zusatz in dem Dünger – und das müsse gekennzeichnet sein – dann sei er auch nicht schädlich für die Umwelt.

Die drei genannten Stoffe brauche eine Pflanze zum Wachsen. "Mit Stickstoff wächst sie in die Länge, mit Phosphor in die Breite, und Kalium braucht die Pflanze für die Zellfunktionen", erklärt der Gärtner. Nitrat sei der einzige Stoff, der im Winter ausgewaschen werde und nachgeliefert werden müsse. Für ausreichend Stickstoff sorge nicht nur Mineraldünger, sondern auch Hornspäne.

Aus Jahn spricht die jahrzehntelange Erfahrung. Zum Gärtnern kam er vor 27 Jahren jedoch unverhofft. "Ich wurde Vorsitzender des Vereins, bevor ich überhaupt Mitglied war", erinnert er sich und muss noch heute darüber lachen. "Die haben einen Dummen gesucht", meint er im Spaß. "Und ich war da." Das war der Beginn einer fortdauernden Gartenliebe.

Schneckenplage bleibt aus – dank Kröten

Und wie sieht sein Stück Natur im Sommer aus? "Kunterbunt", antwortet er. "Ich habe einen Ökogarten." Hier finden sich viele gemischte Blumen für Insekten, und es müsse auch nicht alles tipptopp aufgeräumt sein. "Zum Leidwesen meiner Frau habe ich zwei Stellen, wo ich alles wachsen lasse", sagt Jahn. Und der ganze Gartenabfall, von Blättern bis zu Ästen, komme auf einen Haufen. "Wer das so macht, hat auch Igel im Garten oder, wie in meinem Fall, Kröten." Und weil die alle Schnecken beseitigen, brauche er sich um Schädlingsbekämpfung keine Gedanken machen.

"Die Leute wollen immer aufgeräumte Gärten haben. Das ist ein typisch schwäbisches Phänomen", meint der Vereinsvorsitzende. "Einen aufgeräumten Garten hatte ich früher auch. Aber dann ist mir klar geworden, dass das für die Natur nicht gut ist." Der 72-Jährige verdammt Schotterwüsten rund um Häuser. "Jeder will Honig, aber wo soll der herkommen, wenn die Bienen keine Blumen mehr finden?" Außerdem sorge ein steinerner Vorgarten für höhere Temperaturen im Haus.

Wer sich und den Bienen etwas Gutes tun wolle, solle ungefüllte, einjährige Blumen pflanzen. Die produzieren die meisten Pollen. Man dürfe aber auch diese nicht vor dem 15. Mai pflanzen, weil sie frostempfindlich seien.

Wer sich nun einen sinnvollen Zeitvertreib sucht, bis das soziale Leben wieder in die Gänge kommt, und seine Steinwüste in ein blühendes Biotop verwandeln will, muss ein paar Dinge beachten. "Zuerst einmal muss natürlich der Schotter weg", erklärt Jahn. "Der kann auf eine Stelle geschichtet und liegen gelassen werden. Dann freuen sich die Blindschleichen und Eidechsen." Im nächsten Schritt müsse der Boden verbessert werden. "Dazu pflanzt man Phacelia oder gelben Senf. Wenn der etwa 30 Zentimeter groß ist, wird er mit der Hacke unter den Boden gemischt." Anschließend könne eine Blumenmischung gesät werden.

"Es gibt Wissenschaftler, die sagen, wir seien selber Schuld daran, dass Epidemien immer schlimmer werden", meint Jahn. "Ich könnte mir vorstellen, dass sie recht haben. Der Mensch greift immer stärker in die Natur ein und nimmt den Tieren ihre Lebensräume. Wenn die sich dann einen neuen Ort suchen müssen, zum Beispiel in menschlichen Behausungen, kommen wir auch mit deren Krankheitserregern in Kontakt." Mit seinem Ökogarten versucht er, der Natur ein wenig Raum zurückzugeben und rät jedem anderen Gärtner, das auch zu tun. "Die Natur wäre sicherlich dankbar. Früher habe ich fünf Kilo Vogelfutter im Jahr verfüttert. Heute werde ich nicht einmal mehr ein Kilo los, weil keine Vögel mehr da sind." Er habe kürzlich bei Bad Rappenau Wälder gesehen, die braun waren, weil der Wind Pestizide von den Feldern hergetragen habe. "Wir müssen endlich aufhören, der Natur zu schaden", ermahnt Jahn.

Eine ganze Armee an geschätzten Rezepten

Neben Gesundheit und Naturschutz habe ein Garten im Übrigen noch einen nicht zu verachtenden Vorteil: "Die Tomaten schmecken wie Tomaten", sagt der Gärtner. "Wie früher. So einen Geschmack kennen die jungen Leute gar nicht mehr. Er ist noch ganz ursprünglich." Früher sei nebenbei so einiges noch ursprünglicher gewesen. "Ich kann mich erinnern, dass in meiner Kindheit auch menschliche Abfälle im Garten entsorgt wurden", verrät Jahn. "Und dann sind Tomaten an Stellen gewachsen, wo sie gar nicht gepflanzt wurden." Nun gut, manche Bräuche müssen nicht unbedingt wieder ausgegraben werden. Aber eines stehe fest: "Das eigene Gemüse ist etwas ganz besonderes."

Es habe sich über die Jahre eine ganze Armee an geschätzten Rezepten angesammelt, die mit dem selbst gezogenen Gemüse besonders gut werden. "Krautwickel schmecken mit Wirsingkraut viel besser als mit Weißkraut", verrät Jahn einen seiner Geheimtipps. Bohnen und Kartoffelsalat machen er und seine Frau auch gerne. Oder geröstete Kartoffeln mit Speck und Gurkensalat. "Die sind sogar fast vegetarisch. Also, wenn der Speck nicht wäre", meint er und schmunzelt. Eins sei bei der fortwährenden Trockenheit aber besonders wichtig, damit auch alles bis zur Ernte wächst: "Immer schön viel gießen."