Foto: Schwarzwälder-Bote

Bildungsreform, Rechtschreibreform, Gesundheitsreform, Kirchenreform: Ja, die Reform scheint bei uns richtig Konjunktur zu haben. Der Drang zur Reform kommt aus der Überzeugung heraus, dass Änderungen notwendig sind. So gesehen ist aber die Reformation, der wir in dieser kommenden Woche am Reformationstag gedenken, keine Reform. Sie wurde eben nicht aus Reformeifer geboren, sondern aus einer von Gott gegebenen Erkenntnis. Die Erkenntnis nämlich, dass wir Menschen uns eben nicht selbst reformieren, nicht selbst verändern können.

Wir hören es ja jeden Tag. Du musst dein Leben ändern! Du musst aufhören so viel Fleisch zu essen, und beginnen, mindestens fünfmal am Tag Obst zu essen. Du musst überhaupt weniger essen, trinken, rauchen. Und zuhören muss du lernen, hör doch mal endlich deiner Frau/deinem Mann zu! Du musst aufhören, mit deinen Kindern so viel zu schimpfen, und beginnen, mehr mit ihnen die Hausaufgaben durchzugehen. Du musst damit aufhören, soviel Zeit vor dem Fernsehen zu vergeuden und stattdessen mit dem Klavierüben wieder beginnen. Du musst endlich damit aufhören, es nur dir gut gehen zu lassen, und musst beginnen, auch an Andere zu denken. Du musst dein Leben ändern! Du musst!

Doch bezeichnend für die Veränderung in meinem Leben, von der die Bibel erzählt, ist, dass sie nicht durch den Appell "du musst dein Leben ändern" geschehen kann. Nein, sie geschieht nur durch eine Begegnung mit Jesus, der uns zeigt, wie Gott ist, was er von uns erwartet und wie wir ein Leben führen können, das gelingt. In meinen Begegnungen mit Menschen merke ich, dass viele immer noch den christlichen Glauben falsch verstehen. Sie sehen den Glauben als einen Katalog von Forderungen an. Du musst dich reformieren: Du musst in die Kirche kommen, du musst deine Bibel lesen, du musst mehr beten, du musst lernen nachzugeben. Und das sind ja auch wichtige Dinge, aber sie stehen nicht am Anfang des Glaubens. Sie sind ja Folgen des Glaubens. Zentral für den Glauben ist vielmehr eine Erkenntnis. Nämlich die, dass wir uns aus eigener Kraft letztlich gar nicht ändern können. Es gibt ja keine Forderung und kein Gesetz, keine Appelle, die uns dazu bringen können, uns so zu verändern, dass wir Gott gefallen, dass wir die Menschen werden können, die wir sein sollten. Entscheidend ist vielmehr Gottes Einladung durch Jesus. Er liebt uns so, wie wir sind, um uns dann die Kraft zu geben, uns zu ändern. Nur wer auf diese Einladung eingeht, kann eine wirkliche, sein Leben umkrempelnde Veränderung erwarten.

u  Jonathan Whitlock ist Pastor der Evangelisch-methodistischen Kirche, Bezirk Nagold