MP Kretschmann rüffelt SPD-Fraktionschef Schmiedel und fordert Sparvorschläge zur Sanierung des Haushalts.
Stuttgart - - Wenn im politischen Alltagsgeschäft nicht mehr viel geht, wird nicht selten das alte Sprichwort umgesetzt: „Und wenn ich nicht mehr weiterweiß, dann gründe ich einen Arbeitskreis.“ Das war schon bei Schwarz-Gelb so, als man mit Hilfe einer Strukturkommission den Landeshaushalt sanieren wollte. Nun hat auch Grün-Rot eine Kommission mit dem Titel „Haushalt und Verwaltungsstruktur“ gegründet. Das Gremium unter Leitung der Staatssekretäre Ingo Rust (SPD) und Klaus-Peter Murawski (Grüne) soll in den nächsten Monaten, besser Jahren klären, wo dauerhaft gespart werden kann, immerhin gilt ab 2020 laut Gesetz die sogenannte Schuldenbremse. Sie besagt: Keine neuen Kredite mehr. Am Montagabend nun tagte erstmals das Gremium, klärte Formalitäten, von Sparvorschlägen war noch nicht die Rede. „Es war eine produktive Atmosphäre“, meinte Ministerpräsident Winfried Kretschmann am Dienstag und gab zu, was da komme, sei „eine Herkulesaufgabe“.
In der Tat steht Grün-Rot vor einer gewaltigen Herausforderung, da im Landesetat dauerhaft eine Lücke von 1,5 Milliarden Euro klafft und 40 Prozent des Etats aus Personalausgaben bestehen. Doch SPD-Landtagsfraktionschef Claus Schmiedel hatte am Montag ausdrücklich ausgeschlossen, bei den Beamten weiter zu sparen, womit er einen heftigen Koalitionskrach auslöste. Zwar mochte Kretschmann am Dienstag „kein böses Wort“ über den SPD-Vormann verlieren, machte aber zugleich klar: „Ich will hören, was geht, und nicht, was nicht geht.“ Wenn Schmiedel Kürzungen bei den Beamten ablehne, müsse er Alternativvorschläge liefern. Denn bei jährlich steigenden Personalkosten von 500 Millionen Euro, nicht zuletzt durch die wachsende Zahl an pensionierten Staatsdienern, könne dieser Bereich bei den Sparbemühungen nicht außen vor bleiben. „Ich bin auf das Ziel festgelegt, aber nicht auf den Weg“, betonte Kretschmann. Soll heißen: Jeder Sparvorschlag ist willkommen.
Die neue Kommission muss liefern
Auch von den Beamten. Der Ministerpräsident räumte ein, die wochenlangen Debatten hätten sein „gutes Verhältnis“ zum Beamtenbund und dessen Landesvorsitzenden Volker Stich „etwas belastet“. Das solle sich aber ändern. „Auch ein Ministerpräsident Kretschmann kann nicht gegen seine Beamtenschaft regieren. Ich habe nicht die Absicht, die Beamten vor den Kopf zu stoßen oder sie zu verprellen.“ Zugleich machte der Ministerpräsident aber klar, dass er die Kritik an den jüngsten Einschnitten nicht verstehe. Die 130 Millionen Euro, die man im Haushalt 2012 bei den Beamten einspare, kämen zum Großteil aus der zeitlichen Verschiebung der Besoldungserhöhung. „Man sollte nicht so tun, als hätten wir mit dieser Maßnahme den Beamten den Krieg erklärt.“
Nur, wie sollen dann weitere Schulden vermieden werden, wenn ein Personalabbau Jahre dauern wird und finanzielle Abstriche kaum durchsetzbar sind? Er wisse, dass der Spielraum für Eingriffe bei den Beamten aus verfassungsrechtlichen Gründen „sehr gering“ sei, sagte Kretschmann. Bei den Einnahmen müsse aber etwas geschehen. „Ich sehe nicht, wie das ohne Steuererhöhungen gehen soll.“ Allein, auch das ist begrenzt. Grün-Rot hatte bereits die Grunderwerbsteuer erhöht, weitere Spielräume gibt es kaum. Baden-Württemberg habe deshalb eine Bundesratsinitiative gestartet, um die Erhöhung des Spitzensteuersatzes von 42 auf 49 Prozent zu erreichen.
Ob das je kommt, ist unklar. Der Sparzwang hierzulande aber bleibt. Und die neue Kommission muss liefern. Der Ministerpräsident betonte, man erwarte erste Sparvorschläge, wenn demnächst die Beratungen zum Doppelhaushalt 2013/2014 beginnen. Die Opposition kommentierte das koalitionsinterne Hickhack bissig. „Bei einer ordentlichen und durchdachten Haushaltsaufstellung wäre es aktuell nicht nötig, die Konsolidierung allein auf dem Rücken der Staatsdiener auszutragen“, meinte CDU-Fraktionschef Peter Hauk: „Grün-Rot steht vor einem Scherbenhaufen.“