Lächeln nach fast zwölf Stunden Strapazen: Ellen Rulf beim Triathlon Foto: Sportograf/zVg Rulf

Hitze, Schwüle, Wellen – und der Körper am Limit: Das ist der Ironman auf Hawaii. Warum die Lörracherin Ellen Rulf die nächste Auflage des berühmten Triathlon kaum erwarten kann.

Der jungen Frau sieht man an, dass sie sportlich ist. Dazu ein herzliches Lachen. Dennoch möchte man nicht glauben, dass Ellen Rulf es so sehr liebt, an ihre Grenzen zugehen – körperlich und mental.

 

Nun wartet eine neue Herausforderung auf sie: Sie hat eines der begehrten Tickets zum Ironman auf Hawaii in der Tasche. Am 11. Oktober heißt es also 3,8 Kilometer Schwimmen, 180 Kilometer Radfahren und als „Krönung“ der Marathon.

Bei extremen Bedingungen

Und das bei extremen Bedingungen: Hitzeflirrende Lavafelder, 85 Prozent Luftfeuchtigkeit, zum Teil hohe Wellen. Warum tut man sich das an? „Ich liebe die Herausforderung, ich will das schaffen“, lautet Ellens schlichte Antwort.

Sportlich war die heute 30-Jährige schon immer. Ihre Eltern steckten sie in Inzlingen in den Sportverein, es wurde gewandert, eine Tischtennisplatte stand im Garten. „Ich war eigentlich immer draußen in Bewegung“, erinnert sie sich. Bald entdeckte sie das Fußballspielen für sich, spielte in Inzlingen, Nollingen, Hauingen. Ein Teamsport, den sie bis heute liebt – und der so ganz anders ist als die einsamen Höchstleistungen eines Triathlon.

Sport und Gesundheit

Dass die Tochter des ehemaligen Lörracher VHS-Leiters Axel Rulf beruflich irgendwas mit Sport machen will, war ihr früh klar. Ein Praktikum am Eli in der Sporttherapie bestätigte sie darin. Nach dem Abi am Hebel ging sie zum Studium nach Köln: Sport und Gesundheit. Nach dem Bachelor wechselte sie nach Karlsruhe und machte ihren Master. Am dortigen KIT arbeitete sie als Dozentin.

Vor zehn Jahren spürte sie den Drang nach einer neuen sportliche Herausforderung. So kam es, dass sie beim Freiburger Triathlon erstmals die Luft dieser Disziplin schnupperte. „Radfahren und Schwimmen war eigentlich gar nicht so mein Ding. Ich habe es einfach ausprobiert“, erinnert sie sich. Zunächst bereitete sie sich noch via Trainingsplänen aus dem Internet vor. Doch bald wünschte sie sich eine individuellere Trainingsform, mehr fachliche Diagnostik. Sie suchte sich einen Trainer, schloss sich Laufgruppen, auch in Lörrach, an.

„Ein ambitioniertes Hobby“

„Beim Schwimmen musste ich am meisten aufholen“, erzählt sie. „Es ist echt ein ambitioniertes Hobby“, ergänzt sie lachend. Gut, dass ihr Freund, mit dem sie mittlerweile in Münster zusammenlebt, dafür größtmögliches Verständnis hat. Er ist selbst Triathlet, kennengelernt haben sich die beiden bei einem Trainingscamp.

Foto: Gabriele Hauger

Wer solch körperliche Anforderungen stemmen will, muss hart und viel trainieren. Zwölf bis 15 Stunden sind es bei Ellen Rulf pro Woche. Viel Zeit für andere Hobbys bleibt da nicht, zumal beide inzwischen als Lehrer arbeiten. „Wir gestalten unseren Alltag nach den Trainingsplänen.“ Vermissen tut sie aber nichts.

Schon länger träumt Ellen Rulf von dem sagenumwobenen Ironman. Eine entsprechende Qualifizierung ist dafür nötig. „Ich versuch’ es“, sagte sie sich und meldete sich vergangenes Jahr im schwedischen Kalmar zum Triathlon an. „Ich war nervös und total verspannt“, erinnert sie sich. Kaum im Wasser sei indes alles verflogen. „Ich habe mich fit gefühlt.“ Dann aber verlor sie ihre Schwimmbrille, ärgerlich im Salzwasser der Ostsee.

Beim Wechsel aufs Rad folgte der nächste Schock: Ihr Beutel mit den Radklamotten war unauffindbar. Mit dessen Suche verlor sie kostbare zehn Minuten. Um in Hawaii eventuell dabei sein zu können, musste sie aber unter zwölf Sunden bleiben. Auf dem Rad dann tat bald jeder Muskel weh: die gebückte Haltung, die ewig lange Strecke. „Irgendwann war ich wie in Trance.“ Dazu die Furcht, auf den letzten Kilometern noch einen Platten einzufangen. Dann der Marathon. „Ich habe drumherum nichts mehr wahrgenommen. Ich dachte nur: viel trinken und bloß nicht ins Gehen wechseln. Sonst ist es aus.“

Mit 11 Stunden und 58 Minuten hat sie es geschafft. Und bekam entsprechend ihrer Altersklasse tatsächlich das Ticket für Hawaii.

Im Ausnahmezustand

Beim Einlauf ins Ziel war sie überwältigt. „Die Stimmung ist einmalig. Du verstehst erst gar nicht, was du geleistet hast. Der Körper ist im totalen Ausnahmezustand. Du bist total aufgedreht, dir ist schlecht, und alles tut weh.“ Die Stufen zum Hotel schaffte sie nur noch rückwärts. „Erstmal hab ich gedacht: nie wieder.“ Aber nach kurzer Erholung ging es ans Feiern mit den anderen Sportlern – eine unglaubliche Erfahrung.

Ellen Rulf im schwedischen Kalmar Foto: zVg/Sportograf, Lars Schinkel

Dass sie nun tatsächlich für den Mythos Ironman qualifiziert ist, kann sie manchmal gar nicht glauben. Ihr Freund wird sie begleiten. Der Termin liegt glücklicherweise in den Herbstferien. Bei aller körperlicher Fitness sei die mentale Stärke beim Triathlon entscheidend. Auf die hofft sie auch in Hawaii. „Ich will das Ziel mit einem Lächeln im Gesicht erreichen.“

Ellen Rulf hat eine Crowdfunding-Aktion zur Finanzierung ihres (teuren) Traums gestartet: https://gofund.me/97077eaf