Diese beiden Tauben wurden hilflos und flugunfähig auf einer Wiese gefunden. Foto: Tierheim Löffingen

Verletzte Tauben in Löffingen entdeckt. Vorsitzende des Tierschutzvereins spricht von "grausamer Tradition".

Löffingen - Eine ungewöhnliche Entdeckung machten vergangene Woche Passanten in Löffingen: Ein Ehepaar, das mit seinem Hund spazieren ging, staunte nicht schlecht, als es auf einer Wiese zwei schneeweiße Tauben entdeckte. Beide sahen zerfleddert aus und waren flugunfähig, wie Carola Hannes, die Vorsitzende des Löffinger Tierschutzvereins, erklärt.

Solche Schützlinge bekomme das Tierheim selten. Es seien schon einmal 40 weiße Tauben in Löffingen ausgesetzt worden, erinnert sie sich, aber das sei schon Jahre her.

Vögel finden den Heimweg nicht mehr

"Inzwischen geht es den beiden Tauben wieder gut. Eine Kollegin, die selbst Tauben hat, hat die zwei in ihre Voliere mitgenommen und sie wieder aufgepäppelt." Dort haben die Tiere nun ein neues zu Hause gefunden. So viel Glück haben andere nicht, die ihr Schicksal teilen.

Tiere finden den Heimweg nicht mehr

"Vermutlich handelt es sich um Hochzeitstauben", überlegt Hannes. Das erkläre die schneeweiße Farbe. Wilde Tauben seien das jedenfalls nicht, weiß sie. Die sähen anders aus.

Hochzeitstauben sind ein hübsches Highlight auf der Party: Das Paar wirft die Vögel in die Luft und sie flattern über die Köpfe der klatschenden Gäste davon. Der Stress der Tiere stehe jedoch in keiner Relation zum Vergnügen der Menschen, heißt es in auf der Facebookseite des Löffinger Tierheims.

"Für viele Brautpaare ist es ein besonderes Highlight, während der Zeremonie Hochzeitstauben aufsteigen zu lassen", schreibt das Tierheim. "Was sie leider nicht wissen ist, dass diese Tauben oft nicht nach Hause zurückfinden, denn hier wird bei der Zucht hauptsächlich auf die weiße Farbe geachtet und nicht darauf, dass ihr Orientierungssinn gut ausgeprägt ist."

Immer weniger wilde Tiere zu sehen

So irren die Federtiere in der Gegend umher und werden nicht selten tot oder halb verhungert gefunden. Oftmals werden sie auch von Greifvögeln gerissen. Bis dahein seien die Vögel extremem Stress ausgesetzt, da sie vom Brautpaar in die Hand genommen und in die Luft geworfen werden. Angeblich soll dieser Brauch den frisch Verheirateten Glück bringen, den Tauben bringe er jedoch Elend.

"Das ist doch nur eine Momentaufnahme. Wir müssen aufhören, Tiere zu benutzen", sagt Hannes. Und es gebe genügend andere schöne Hochzeitsbräuche, für die kein Tier gequält werde. "Ich weiß nicht, wie häufig Tauben noch auf Hochzeiten fliegen gelassen werden", meint Hannes. "Aber es ist Unsinn. Zum Glück gibt es hier in Löffingen und auch in der Umgebung keine Züchter weißer Tauben. Die Tiere kamen also sehr wahrscheinlich nicht von hier, sondern haben sich verflogen."

Immer weniger wilde Tiere zu sehen

Ihr sei unbegreiflich, wie man Tiere einfach aussetzen oder fliegen lassen kann, wissend, dass sie den Rückweg nicht finden. "Viele scheinen sich zu denken: Der Fuchs wird die schon holen", sagt sie mit Bedauern. "Es ist bedenklich. Tiere haben allgemein noch nie so viel gelitten wie in diesem Jahrhundert. Sie leben in Massentierhaltung, werden überzüchtet oder verdrängt."

Mit Schrecken stellt die Vereinsleiterin fest, dass Vögel und Wildtiere ingesamt seltener werden. Tauben mögen nicht selten sein, aber "es gibt kaum noch Lerchen, Kiebitze oder Amseln. Das Artensterben ist sehr fortgeschritten." Die Ursache sei der Mensch, meint sie. "Wir annektieren alle Lebensräume der Tiere, deswegen nimmt die Vielfalt rapide ab."

Hannes erinnert sich, in der eigenen Kindheit Kreuzottern beobachtet und über Eidechsen fast gestolpert zu sein. Rehe im Wald und Hasen auf dem Feld habe sie andauern gesehen. "Wenn man so alt ist wie ich, hat man Vergleichsmöglichkeiten", sagt die 76-Jährige. Ihr Fazit: "Es wird Zeit für ein Umdenken." Und da müsse jeder bei sich anfangen, anstatt die anderen in der Pflicht zu sehen. "Ich will meinen Enkeln diese Welt nicht so hinterlassen", erklärt Hannes. "Deswegen betreibe ich seit vielen Jahren Tierschutz."

Oft sei sie gefragt worden, wieso sie nicht lieber etwas für Kinder tue. Dann sagt sie: "Das eine schließt das andere nicht aus." Auch für benachteiligte Kinder spende sie. "Aber hier in Löffingen habe ich noch keine wirklich armen Kinder gefunden, arme Tiere aber schon sehr viele. Da kann ich direkt vor der Haustür etwas tun."