Premier League, Tennis oder Basketball, aber auch Nischensport wie Fischen: Wem langweilig wird, der klickt bei Dazn einfach weiter. Foto: Blende 11 Fotografen

Musik oder Serien auf Abruf gibt es schon länger. Jetzt weitet eine Firma das Modell auf die Sportwelt aus – und hat gleich zum Einstieg den Platzhirsch Sky bei der Premier League ausgebootet.

Stuttgart - Serienliebhaber kennen es schon von Angeboten wie Netflix, Musikfans von Spotify oder Apple Music: Die Nutzer solcher Angebote richten sich nicht länger danach, wann ihr Lieblingssong im Radio oder eine Serie im Fernsehen läuft. Was ihnen gefällt, konsumieren sie auf Abruf über das Internet. Das geht mit dem Anbieter Dazn neuerdings auch für Live-Sport. „In da zone“ soll der Name ausgesprochen werden, auf Deutsch „in der Zone“, was im übertragenen Sinne bedeutet: sich so stark zu konzentrieren, dass man alles andere völlig vergisst. Eine Alternative zum Fernsehen? Die wichtigsten Fragen und Antworten zu dem neuen Angebot.

Welche Fußballspiele zeigt Dazn?
Der Dienst, der am 10. August in Deutschland startete, ist vor allem durch sein Premier League-Angebot bekannt geworden. Dazn zeigt nach eigenen Angaben mehr als 200 Saisonspiele der Premier League live und exklusiv, die restlichen Spiele zeitversetzt. Von der ersten und zweiten Bundesliga gibt es Highlight-Videos mit allen Toren. Die Tore der Freitags- und Samstagsspiele sind ab 0 Uhr in der Nacht zum Sonntag zu sehen, die der Sonntagsspiele in der Nacht zum Montag. In den vier Saisons ab 2017 werden diese Clips 40 Minuten nach Abpfiff online sein. Außerdem seien alle Spiele der spanischen Primera Division, der italienischen Serie A und der französischen Lige 1 live zu sehen, gibt das Unternehmen an.
Welche anderen Sportarten sind zu sehen?
Neben Fußball werden bislang neun weitere Sportarten gezeigt: Tennis (ausgewählte ATP- und WTA- Turniere, keine Grand Slams), Motorsport (ausgewählte Rennen der Formel 4 und Indycar), American Football (50 Saisonspiele plus die gesamten Playoffs live), Darts (World of Dart Series live), sowie bestimmte Wettbewerbe im Rugby, Pferderennen und Sportfischen.
Was kostet das Angebot?
Der Dienst kostet 9,99 Euro im Monat und ist über eine kurze Eingabe auf der Online-Plattform monatlich kündbar. Der erste Monat ist kostenlos, geht allerdings in eine kostenpflichtige Mitgliedschaft über, wenn man nicht rechtzeitig kündigt.
Welche technischen Voraussetzungen werden benötigt?
Anmelden können Nutzer sich im Internet unter www.dazn.com. Per Browser kann der Dienst prinzipiell auf den meisten internetfähigen Geräten genutzt werden – also auf dem Computer, Smartphones, Tablets und auf internetfähigen Fernsehgeräten, sogenannten SmartTVs. Allerdings gibt es Ausnahmen: Zum Beispiel läuft der Dienst nicht auf Windows Smartphones, auf Samsung-Handys der Sorte S4 oder dem Ipad 1. Auch die Liste der Receiver, über die Dazn auf dem Fernseher läuft, ist bislang begrenzt. Weitere Geräte und Apps zur einfacheren Bedienung sollen folgen. In Internetforen beklagen manche Nutzer , dass die Bildqualität auf alten Geräten schlecht sei und beim Laden der Videos teilweise Wartezeiten entstehen.
Ist das Angebot legal?
Ja, Dazn ist legal, weil das Unternehmen mit den Ligen Verträge abschließt.
Wer steckt hinter dem Angebot?
Dazn ist Teil der in London ansässigen Perform Gruppe. Diese wiederum gehört zum Unternehmenskonglomerat des US-amerikanischen Milliardärs Len Blavatnik. Das „Forbes“-Wirtschaftsmagazin schätzt sein Vermögen auf 15,7 Milliarden US-Dollar, etwa 13,9 Milliarden Euro. Wenn Blavatnik sein Geld nicht in Unternehmen investiert, spendet er es gerne an Universitäten. Zum Beispiel die „Blavatnik School of Government“, eine sozialwissenschaftliche Fakultät der weltbekannten University of Oxford ist nach ihm benannt, weil er umgerechnet etwa 86 Millionen Euro für ihre Errichtung spendete.
Was bedeutet das Angebot für Konkurrenten wie Sky?
Mit seinem Angebot macht Dazn dem Fußball-Flaggschiff Sky zwar ernst zu nehmenden Druck. Insgesamt aber dürften sich die Bauchschmerzen bei der Konkurrenz sowohl im Pay als auch Free TV aber in Grenzen halten. Denn die Königsklasse – die Bundesliga – fehlt dem Dienst. „Wenn Dazn doch nur Bundesliga zeigen würde, dann könnte ich endlich das teure Sky Abo kündigen, das sich eigentlich eh nicht rentiert“, kommentiert zum Beispiel eine Nutzerin auf Twitter. „Wer wirklich was werden will, braucht die Bundesliga“, sagt auch der Medienexperte und Sportjurist Dieter Frey aus Köln.
Welche Auswirkungen könnten Streaming-Anbieter langfristig auf den Markt für Sportrechte haben?
„Ich habe schon darauf gewartet, dass ein Unternehmen die Chance des Sport-Streamings in Deutschland erkennt“, sagt Eva Stadler, Professorin für TV-Management an der Hochschule der Medien in Stuttgart. Bei fiktiven Inhalten wie Serien dominieren laut Stadler derzeit Netflix und Amazon Video den Markt. Für diese Firmen sei Sport-Übertragung aber bislang uninteressant, weil in jedem Land andere Sportarten und Ligen gefragt sind und gerade Netflix eher auf ein weltweites Angebot abziele.
Insgesamt wird der Wettbewerb um die Sportvergaberechte durch neue Streaming-Akteure wie Dazn komplexer werden. Die Gewinner dürften dabei die Vereine sein: Steigt der Wettbewerb unter den Käufern, steigen in der Regel auch die Preise. Der neue Sport-Streamingdienst Dazn und seine Mutter Perform jedenfalls könnten bei der nächsten Bundesliga-Vergabeauktion für die Zeit ab 2022/23 zum großen Schlag ausholen, glaubt Medienexperte Frey: „Perform läuft sich gerade warm – und hat einen langen finanziellen Atem.“

Hintergrund: Die Bundesliga im Free TV

Die TV-Erlöse in der Fußball-Bundesliga steigen auch in der 54. Saison, doch der Anstieg fällt moderat aus. 673 Millionen Euro kassieren die Proficlubs aus der Inlandsvermarktung, im Vorjahr waren es 663 Millionen. Erst 2017, wenn der neue TV-Deal mit jährlich 1,159 Milliarden Euro erstmals greift, stößt der Profifußball in eine ganz andere Dimension vor.

Dann müssen auch die Fans vor dem Bildschirm ihre Sehgewohnheiten ändern und sich auf neue Anbieter (Eurosport) einstellen. In der neuen Bundesliga-Spielzeit bleibt bei den Fernsehübertragungen alles mehr oder weniger beim Alten. Die vier Hauptsender Sky, ARD, ZDF und Sport 1, die den Liga-Fußball abbilden, haben ihre Sendekonzepte nicht wesentlich verändert.

Die „Sportschau“ als TV-Klassiker liefert samstags von 18.30 Uhr an die ersten Bilder der Bundesliga im Free-TV. Auch das Auftaktspiel zwischen Bayern München und Werder Bremen wird live im Ersten übertragen. Sonntags läuft die Bundesliga-„Sportschau“ als Mini-Ausgabe in den dritten Programmen. In der Regel wird sie nach dem „Tatort“ zwischen 21.45 und 22.05 Uhr ausgestrahlt.

Das „ZDF-Sportstudio“ als zweites TV-Urgestein fasst wie bisher das Bundesliga-Geschehen samstags von 23 Uhr an zusammen. Dann sind erstmals Bilder vom Top-Spiel am Abend im Free-TV zu sehen. (dpa)