Sie sprachen über den Lebenssinn: Eleonore Körner (von links), Barbara Fischer, Mario Gotterbarm, Jutta Benz Foto: Barbara Rennig

Das Team „Leben – bis zuletzt“ beschäftigte sich an den Nagolder Literaturtagen mit dem Lebenssinn. In fünf Büchern beschreiben die Autoren persönliche Erfahrungen.

Bereits zum dritten Mal befasste sich das Team des Arbeitskreises (AK) „Leben – bis zuletzt“ der Urschelstiftung im Rahmen der Literaturtage mit den existenziellen Fragen des Lebenssinns und der Endlichkeit des Lebens. Die von den fünf Mitwirkenden ausgewählten „Lebensbücher“ wurden in Zweiergesprächen vorgestellt.

 

Sie werfen, so Mario Gotterbarm in seiner Moderation, aus den individuellen Biografien und Lebenserfahrungen heraus einen Blick auf Lebenssituationen, Umgang mit Lebenskrisen und das Auseinandersetzen mit dem Lebensende. Dies geschieht durch ganz unterschiedliche Autoren – und das mit teils heiterer Note.

Blick auf eine der letzten Kriegs-Zeitzeuginnen

So auch in Joachim Meyerhoffs „Man kann auch in die Höhe fallen“, vorgestellt von Eleonore Körner. Nach einem Schlaganfall weilt der Protagonist eine ganze Weile bei seiner 86-jährigen Mutter, die ihn durch ihre „manische Vitalität“ einer ungewöhnlichen Beschäftigungstherapie unterzieht: Auf Obstbäume klettern, gegen Quallenströme schwimmen…., so dass er durch die aufgebrochene Rollenverteilung schließlich seine Schreibblockade vergisst.

Barbara Fischer, Vorsitzende des Förderverein Stationäres Hospiz Region Nagold, lenkte mit dem autobiografischen „Sieben Heringe“ (Jürgen Wiebicke) den Blick auf eine der letzten Zeitzeuginnen der Kriegs- und Nachkriegszeit. Sie öffnete sich mit 88 Jahren erstmals, um über damalige Erlebnisse zu erzählen, aber auch die blinden Flecken in der Familie zu beleuchten.

Arbeitskreis beschäftigt sich mit existenziellen Fragen

Ebenso spannend ist dann auch das Zwiegespräch zwischen Pastor Matthias Walter und Ulrich Mansfeld zu Arno Geigers „Die Reise nach Laredo“: Karl V., Kaiser eines unendlichen Weltreiches, hat abgedankt und begibt sich als greiser Mann mit seinem unehelichen Sohn auf einen Maultierritt durch Spanien an den Atlantik, in dessen Wellen er dann geradezu abgeklärt verstirbt.

Diese Reise, eine Parabel, zeigt: „Der Tod könnte schön ein, wenn man vorher gelebt hat“.

Bei der literarischen Lesung: Eleonore Körner (von vorne links), Barbara Fischer, Mario Gotterbarm; hinten von links: Ulrich Mansfeld, Jutta Benz, Matthias Walter Foto: Barbara Rennig

Stefan Weillers „Heitere Himmel – über Liebe, Trauer und das Paradies“, vorgestellt von Matthias Walter, beschreibt als Anti-Ratgeber das Thema Trauer auf eher humorvolle Weise. Nicht der Tod sei ein Tabuthema, sondern die Trauer.

Denn sie „ist wie ein dunkler Keller voller Fettnäpfchen“: Man kann für Trauernde kaum wirkliche Trostworte finden, und es gibt „acht Milliarden Arten“, Trauer zu bewältigen. Der Himmel, über den es viele Vorstellungen gibt, von der Bibel bis zu volkstümlichen Bildern, ist in diesem Buch Leitmotiv.

Jutta Benz, Leiterin des Stationären Hospiz Nagold, beschäftigte sich mit dem Buch von Gabriele von Arnims:„Das Leben ist ein vorübergehender Zustand“. Kurz nachdem sie der Handlung des Buches ihrem zweiten Mann eröffnete, dass sie sich von ihm trennen will, ereilen den Journalisten zwei Schlaganfälle.

Der stets beredte und belesene Mann wird zum „Bär ohne Wildnis“, eingeschlossen in sich selbst und sozial von allen abgeschnitten. Von Arnim bleibt nicht nur bei ihm, sondern pflegt ihn zehn Jahre lang unverbrüchlich bis zu seinem Tod. In dieser Zeit entstehen neue, andere Momente von Liebe und Nähe, die im Buch geschildert werden.

Violinistinnen umrahmten den Abend der Literaturtage musikalisch

In Anbetracht der fortgeschrittenen Zeit dankte Mario Gotterbarm, der für die erkrankte Susanne Lemke als Dialogpartner Jutta Benz‘ eingesprungen war, allen Beteiligten, vor allem auch den Violinistinnen Ciara Wassermann und Marlene Kohr, die den Abend musikalisch stimmig umrahmten. Die über 40 Zuhörenden des literarischen Abends waren ein Abbild dafür, dass das vielschichtige Thema „Leben – bis zuletzt“auch jüngere Menschen beschäftigt.