Real und auf dem Riesen-Buch: Denis Schecks Besuch war der letzte Höhepunkt der Literaturtage Albstadt 2024. Foto: Susanne Conzelmann

Insgesamt 4000 Besucher haben die Literaturtage Albstadt 2024 besucht. Zum Abschluss der 20-tägigen Veranstaltungsreihe kam kein geringerer als der Literaturpapst Denis Scheck selbst.

„Schecks Bestsellerbibel: Schätze und Schund aus 20 Jahren“ lautet der Titel von Denis Schecks neuester Veröffentlichung. Leider las er im Veranstaltungsraum der Volksbank Albstadt am Europaplatz kaum aus seiner Bibel.

 

Um im Bild zu bleiben: Nicht seine zehn Gebote des Lesens, nicht seine „Seligpreisungen“ über Lesenswertes noch seine Gerichtsworte über „schlechte“ Bücher. Nur einige seiner im Buch veröffentlichten Essays trug er vor, überschrieben mit Fragen wie „Warum Bücher?“ oder „Kann man mit Büchern reich werden?“

Letzteres überlegte sich Denis Scheck schon früh, als sein ungewöhnlicher Weg zum Übersetzer, Literaturagent und -kritiker begann. Als Kind verschrieb er sich ganz den Genres Science Fiction und Fantasy und gründete eine Fanzine, ein Magazin von Fans für Fans.

Der „Frühzünder“ hat Beachtliches geleistet

Was dieser „Frühzünder“ schon in jungen Jahren alles auf die Beine stellte, mit Verlagen verhandelte, Texte übersetzte und, ja, auch für sein Alter schon ordentlich Geld verdiente, ist schon beachtlich, seine Erzählungen dazu humorvoll und detailreich.

Freisprechend berichtet er über seine Mitgliedschaft als „Maskottchen“ beim literarischen Übersetzer-Stammtisch, der für ihn zur Ersatzfamilie wurde. Er weihte, noch minderjährig, die Stipendiatenwohnung des Stuttgarter Schriftstellerhauses ein und lernte Größen wie Günter Grass und Christa Wolf kennen.

Wobei – Wolfs Werke sieht er nicht als lesenswert an. Dafür ist „Franz Kafka für mich der Maßstab aller Literatur“ – damit ist er natürlich nicht allein, viele seiner Literatenfreunde sehen sich in der Tradition Kafkas oder auch Hölderlins: „Eines Tages werden wir berühmt!“ ist ihr Schibboleth.

„Machen uns Bücher zu besseren Menschen?“ heißt eines der Essays, in dem Scheck gekonnt auf einen seiner Lieblingsautoren Bezug nimmt: David Foster Wallace sprach einst von der Möglichkeit, die eigene „Standardeinstellung“ zu verändern.

Dies gelinge durch Literatur, sie vermittle nicht nur Bildung, sondern ermögliche auch, sich in andere Menschen hineinzuversetzen. Bücher forderten dazu heraus, die eigene intellektuelle Komfortzone zu verlassen. Wallace: „Es ist Ihre Entscheidung, wie Sie die Dinge sehen wollen!“.

Lesenswert? – Die Mischung ist bunt

Gefragt nach weiteren beachtenswerten Autoren – auf diese Leseempfehlungen hatte mancher wohl schon während des Hauptteils des Abends gewartet – zählte Scheck eine bunte Mischung auf: Roberto Bolaño, Margaret Atwood, Siri Hustvedt und die französische Literaturnobelpreisträgerin Anne Ernaux – dieser Name dürfte besonders einem Paar aus Chambéry gefallen haben, das gerade in der Partnerstadt Albstadt zu Besuch ist. „Ich entdecke gerade Autorinnen der 1920er-Jahre“, wohlgemerkt des letzten Jahrtausends, hier nannte er exemplarisch Vicki Baum.

Und er empfahl, ausdrücklich für jedes Alter, die Mäuseabenteuer von Torben Kuhlmann, der Illustrationen zu Schecks Bestsellerbibel beigetragen hat. Denn die sind Scheck wichtig, schwärmt er doch auch für Carl Barks, den Erfinder von Donald Duck. Obwohl Übersetzer, spricht Scheck die berühmteste Ente der Welt deutsch aus.

Wie ein Schauspieler in einer anderen Welt

Apropos Übersetzer: Was einen guten Übersetzer ausmache, lautet eine weitere Frage aus dem Publikum. „Sein Ego zurückstellen, sich wie ein guter Schauspieler in eine andere Welt hineinversetzen.“ Und er lässt die Berufsgruppe hochleben: „Übersetzer sind die unbesungenen Helden des Literaturwesens!“