Feine Kulisse: Liederabend im Foyer des Stuttgarter Opernhauses Foto: Hugo-Wolf-Akademie

Vier Ensemblemitglieder der Stuttgarter Oper begeistern mit einem feurigen italienischen Liederabend im Foyer des Großen Hauses.

Hinter dem Trubel liegt die Trauer. Es ist Karneval in Venedig. „Mit einem Do Re Mi Fa So La bitten wir um Almosen“, singen vier kleine Bettler. Gioachino Rossini hat diese Worte vier Stimmen und einem Klavier anvertraut, und er hat sie so vertont, als befänden wir uns am Ende eines Opernaktes: Die Koloraturwalze ist angeworfen, und mögliche Tränentropfen wirbeln als bunte Tonkaskaden durch die Lüfte. Das Finale des Liederabends im Opernhausfoyer ist so turbulent, dass das Publikum sich begeistert eine Wiederholung erklatscht. Im Karneval 1821 hat Rossini selbst das Quartett „Il Carnevale di Venezia“ maskiert in Rom gesungen – zusammen mit Nicolò Paganini, dem Schriftsteller Massimo d’Azeglio und der Sängerin Caterina Lipparini.

 

Die Schnellsing-Maschinerie

Am Mittwochabend werfen sich vier Stuttgarter Sängerinnen und Sänger mit Verve hinein in Rossinis rotierende Schnellsprech- und Schnellsing-Maschinerie. Zuvor haben sie mit Rossini vier Gondolieri gegeben; die Wasserkanäle und Lagunen, über die sie gleiten, bringt der Pianist Vlad Iftinca zum Glitzern. Vier Wege führen nach Venedig, und der Reiz dieser Kooperations-Veranstaltung mit der Hugo-Wolf-Akademie liegt auch darin, dass sie über ziemlich unbekanntes Terrain führen. Es liegt in Italien, und in vier Soloauftritten lernt man den Komponisten (und Dirigenten) Giuseppe Martucci kennen, der sich hörbar für Wagners Musik begeisterte, und man entdeckt herbe Petrarca-Vertonungen des vor allem mit Filmmusik bekannt gewordenen Nino Rota ebenso wie harmonisch und melodisch sehr freie Lieder des „Pini di Roma“-Komponisten Ottorino Respighi.

Claudia Muschio muss sich erst einfinden – in die Akustik ebenso wie in die präzise Intonation. Ihr Sopran hat wunderbar reiche Farben, auch eine erstaunliche Tiefe, doch manchen Zielton erreicht Muschio anfangs erst im Nachbessern. Am Ende aber wird Donizettis „La zingara“ zum packenden Charakterporträt, dem die Sängerin eine dunkle, fast verzweifelte Grundierung verleiht. Johannes Kammler versteht die emotional hochgespannten Lieder Martuccis als dramatische Szenen. Das ist durchdacht, edel ausgeformt, klingt allerdings zunächst ein bisschen zu laut für das Foyer. Wie subtil Kammler Details gestalten kann, hört man im „No svaniti non sono i sogni“, dem Martucci ein Funken sprühendes Klavier-Intermezzo eingebaut hat.

Tolle Klangfülle

Vier von Respighis „Sei Melodie“ bietet die Mezzosopranistin Itzeli Jáuregui i als Mini-Opern. Was für eine Klangfülle! Welche Präzision im Textverständnis! Und welche darstellerische Selbstverständlichkeit! Allein beim Steigerungsbogen in „La Mattinata“ verschlägt es einem schier den Atem. Klar, dass es Charles Sy danach schwerfällt, mit mehr als nur seinem schönen Tenor Eindruck zu machen. Francesco Tostis Sänger-Zuckerl „Ideale“ singt er immerhin mit sehr viel Schmelz und Hingabe. Und ergänzt danach organisch das Quartett, wenn es mit Rossini dem Publikum bittend die Hände entgegenstreckt. Do Re Mi Fa So La. Dann sind – wie schade! – der Karneval und das Konzert zu Ende.